Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit eines Teilurteils über einen mit einem Auflösungsantrag verbundenen Kündigungsschutzantrag
Leitsatz (amtlich)
1. Über einen Kündigungsschutzantrag und einen Auflösungsantrag kann nur einheitlich durch dasselbe Urteil entschieden werden.
2. Wird einem Kündigungsschutzantrag versehentlich ohne Berücksichtigung des Auflösungsantrages stattgegeben, ist das Urteil mit der Berufung angreifbar. Eine nachträgliche Entscheidung über den Auflösungsantrag durch Ergänzungsurteil kommt nicht in Betracht. § 321 ZPO ist nicht anwendbar.
3. Auf die Berufung ist das Urteil über den Kündigungsschutzantrag aufzuheben. Das Landesarbeitsgericht kann die Sache zur einheitlichen Entscheidung an das Arbeitsgericht zurückverweisen. Es kann aber auch den in der ersten Instanz verbliebenen Auflösungsantrag an sich ziehen und selbst einheitlich über den Kündigungsschutzantrag und den Auflösungsantrag entscheiden.
4. Dies gilt auch dann, wenn vor dem Erlass eines Anerkenntnisurteils über die Kündigung ein Auflösungsantrag zwar angekündigt, aber noch nicht begründet wurde.
Normenkette
KSchG §§ 9-10; ZPO §§ 301, 307, 321
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 16.12.2015; Aktenzeichen 12 Ca 14212/15) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Anerkenntnisurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Dezember 2015 - 12 Ca 14212/15 - aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird insoweit zur Verhandlung und erneuten Entscheidung - auch über den Auflösungsantrag des Klägers und die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Arbeitsgericht Berlin zurückverwiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über einen Auflösungsantrag des Klägers.
Der am ... 1970 geborene, verheiratete und für vier Kinder im Alter von zehn bis 23 Jahren unterhaltpflichtige Kläger wurde mit Wirkung ab dem 1. August 2003 von der C. S. Gerüstbau GmbH auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages von demselben Tag (Bl. 7 ff. d. A.) als Platzarbeiter eingestellt. Zuletzt war er bei der Beklagten als Platzarbeiter mit Schlossertätigkeit gegen eine monatliche Bruttovergütung von durchschnittlich 2.500,00 Euro beschäftigt. Ob die Beklagte den Kläger von seiner ursprünglichen Arbeitgeberin übernommen hatte - wie er behauptet - oder ob er vor seiner Beschäftigung bei der Beklagten bei der GSK Gerüstbau GmbH beschäftigt war - wie die Beklagte behauptet - ist zwischen den Parteien streitig.
Im Jahr 2014 zog sich der Geschäftsführer der Beklagten Herr R., mit dem sich der Kläger gut verstand, mehr und mehr aus dem Betrieb zurück und überließ das Tagesgeschäft dem weiteren Geschäftsführer der Beklagten Herrn Rs., der bis dahin nur wenig im Betrieb anwesend war. Im Oktober 2014 gerieten der Kläger und Herr Rs. in Streit. Der Streit endete mit einer vom Kläger als unberechtigt empfundenen "ersten Abmahnung". Ferner musste der Kläger fortan Tätigkeitsberichte schreiben und diese Herrn Rs. täglich vorlegen. Inwieweit es in der Folgezeit zu weiteren Angriffen oder Anfeindungen durch Herrn Rs. kam und dieser dem Kläger nur noch besonders schwere Arbeiten zuweisen ließ - wie der Kläger behauptet - ist unklar. Im September 2015 eröffnete Herr Rs. dem Kläger, dass die Schlosserei geschlossen werde und er, der Kläger, entlassen werden müsse, es sei denn, er unterschreibe einen neuen Arbeitsvertag als Lagerarbeiter. Dies lehnte der Kläger mit der Begründung ab, seine Tätigkeit sei die eines Schlossers.
Mit Schreiben vom 28. September 2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 30. November 2015 und bot ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als Lagerarbeiter an. Der Kläger nahm das Änderungsangebot nicht, auch nicht unter Vorbehalt an.
Mit der am 14. Oktober 2015 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger gegen die Kündigung vom 28. September 2015 Kündigungsschutzklage mit der Begründung erhoben, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, und sinngemäß folgende Anträge angekündigt:
1. festzustellen, dass Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 28. September 2015 nicht aufgelöst worden ist;
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
In der Güteverhandlung am 16. November 2015 bot der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dem Kläger an, ab sofort als Platzarbeiter mit Schlossertätigkeiten zu im Übrigen unveränderten Bedingungen weiterarbeiten zu können. Der Kläger nahm das Angebot nicht an, weil das Vertrauensverhältnis zu der Beklagten nachhaltig gestört sei. Ob der Geschäftsführer Herr Rs. den Kläger, als er nach der Güteverhandlung in den Betrieb kam, anwies, fortan als Hilfsarbeiter tätig zu sein, - wie der Kläger behauptet - ist zwischen den Parteien streitig. Ferner ist streitig, welche Tätigkeiten die Tätigkeitsbeschreibung "Platzarbeiter mit Schlossertätigkeit" umfasst.
Mit am 8. Dezember 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenem, der Beklagten am 17. Dezember 2...