Entscheidungsstichwort (Thema)
Abschluss einer Flugdienstuntauglichkeit-Versicherung für Piloten mit Leistungen bis zum fünfundsechzigsten Lebensjahr. Unbegründete Feststellungsklage des Arbeitnehmers bei Marktüblichkeit der Leistung bis zur Vollendung des sechzigsten Lebensjahres
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 32 Abs. 3 MTV-Nr. 2 des Tarifvertrages für das Cockpitpersonal A. Berlin schließt die Arbeitgeberin für den als Piloten beschäftigten Arbeitnehmer eine Loss-of-Licence-Versicherung ab einem Jahr Betriebszugehörigkeit mit im Einzelnen dort für den Todesfall und Berufsunfähigkeit (aus medizinischen Gründen) genannten Leistungen ab; wie lange diese Leistungen bei Berufsunfähigkeit durch die Versicherung zu erbringen sind, ist nicht ausdrücklich geregelt.
2. Die Auslegung des MTV-Nr. 2 des Tarifvertrages für das Cockpitpersonal A. Berlin ergibt nicht, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, für einen als Piloten beschäftigen Arbeitnehmer eine Loss-of-Licence-Versicherung abzuschließen, die bei Eintritt des Versicherungsfalles vor Vollendung des 60. Lebensjahres Leistungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erbringt.
3. Die Loss-of-Licence-Versicherung ist eine Übergangsversorgung, mit der das Cockpitpersonal gegen das Risiko der Flugdienstuntauglichkeit abgesichert werden soll; eine Übergangsversorgung kann (muss aber nicht zwingend) bis zu dem Zeitpunkt erbracht werden, zu dem das Arbeitsverhältnis geendet hätte, wenn der Versicherungsfall nicht eingetreten wäre.
4. Gemäß § 612 Abs. 2 BGB ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung und in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist; üblich im Sinne von § 612 Abs. 2 BGB ist die Vergütung, die am gleichen Ort in gleichen oder ähnlichen Gewerben oder Berufen für entsprechende Arbeit unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Dienstleistenden bezahlt zu werden pflegt, wobei für Arbeitnehmer häufig die tarifliche Vergütung die übliche Vergütung ist.
5. Die Marktüblichkeit der Leistung von monatlichen Renten bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres bei Flugdienstuntauglichkeit ist durch den Auszug von Versicherungsbedingungen für Loss-of-Licence-Versicherungen belegt.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1, § 612 Abs. 2; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 20.08.2014; Aktenzeichen 29 Ca 8096/14) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. August 2014 - 29 Ca 8096/14 - abgeändert und die Klage hinsichtlich des Antrages zu 1) abgewiesen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. August 2014 - 29 Ca 8096/14 - ist hinsichtlich des Tenors zu II. wirkungslos.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, in welchem Umfang die Beklagte dem Kläger eine sogenannte Loss of Licence-Versicherung (im Folgenden: LoL-Versicherung) zu verschaffen hat.
Die Beklagte ist ein Luftfahrtunternehmen, das im Cockpitbereich ca. 900 Mitarbeiter beschäftigt. Bei der Beklagten besteht eine Personalvertretung gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG in Verbindung mit dem Tarifvertrag Personalvertretung.
Der 1974 geborene Kläger ist von der Beklagten mit Rahmenvertrag für Piloten vom 20. März 2003 als Pilot für den Flugdienst eingestellt worden.
Die Beklagte hat mit der A. Lebensversicherungs-AG den Gruppenversicherungsvertrag Nr. 6/727276 am 23. März 2001 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001 abgeschlossen. Dieser sieht für die Berufsunfähigkeitsrente unter anderem vor, dass die Versicherungsdauer im rechnungsmäßigen Alter von 60 Jahren endet und das vereinbarte Endalter der Berufsunfähigkeitsrente 60 Jahre beträgt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Gruppenversicherung wird auf die Ablichtung des Gruppenvertrages (Anlage B 3, Bl. 188 ff. d. A.) Bezug genommen.
Die Beklagte schließt für Piloten ab dem Erreichen des 60. Lebensjahres, sofern der Pilot dann noch bei ihr beschäftigt ist, die sogenannte A. Berlin LoL 65-Versicherung ab. Die A. Berlin LoL 65-Versicherung wird jeweils für ein Jahr geschlossen. Voraussetzung ist, dass der Versicherung für jeden Verlängerungszeitpunkt der A. Berlin LoL 65-Versicherung das aktuelle Medical vorgelegt wird und die A. Berlin bescheinigt, dass der Pilot weiter für die A. Berlin fliegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung der Präsentation des Versicherers (Anlage K 3, Bl. 59 ff. d. A.) Bezug genommen.
Die Beklagte hat für den Kläger als Maßnahme der betrieblichen Altersversorgung eine Direktversicherung mit Wirkung ab dem 1. September 2006 abgeschlossen und dem Kläger eine Versicherungszusage vom 11. April 2007 erteilt, die auch eine Berufsunfähigkeitsvorsorge beinhaltet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung der Versicherungszusage vom 11. April 2007 und den Versicherungsschein vom 30. April 2007 (Anlage K 4, Bl. 60 ff. d. A.) Bezug genommen.
Die besonderen Versicherungsbedingungen für die Berufsunf...