Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvergütung. ERA-Strukturkomponente
Leitsatz (redaktionell)
Bei Nichteinführung des ERA TV ist die sog. ERA-Strukturkomponente nicht als dauerhafte lineare Gehaltserhöhung an die Mitarbeiter weiterzugeben.
Normenkette
TVG § 1; BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 20.06.2007; Aktenzeichen 76 Ca 3178/07) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20.06.2007 – 76 Ca 3178/07 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Arbeitsentgeltansprüche des Klägers und in diesem Zusammenhang insbesondere über die Auslegung des ERA-Tarifwerks.
Der Kläger ist seit 1990 als Angestellter zunächst bei der D. AG, die dem Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e. V. angehört und auf alle Arbeitnehmer die einschlägigen Tarifverträge anwendet, sodann ab 01.01.2005 nach Betriebsübergang bei der Beklagten, die einer Tarifbindung nicht unterliegt, gegen ein Arbeitsentgelt von zuletzt 3.318,42 EUR brutto (3.206,– EUR Grundgehalt zzgl. 112,42 EUR brutto Leistungszulage) beschäftigt.
In den Gehaltstarifverträgen für die Angestellten der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Tarifgebiet I vom 18. Mai 2002 und 20. Februar 2004 wurden die Erhöhungen des Tarifvolumens um insgesamt 4 % ab 1. Juni 2002, mit Wirkung ab 1. Juni 2003 um weitere 3,1 %, ab 1. März 2004 um 2,2 % und ab 1. März 2005 um weitere 2,7 % auf zwei Komponenten verteilt. Die erste Komponente dient der dauerhaften Erhöhung der Tabellenwerte der jeweiligen Entgelte „lineares Volumen”). Die zweite Komponente „restliches Erhöhungsvolumen”) floss in ERA-Strukturkomponenten, denen die damals von den Tarifvertragsparteien erst beabsichtigte Einführung eines neuen Entgeltrahmentarifvertrages (ERA) mit gemeinsamen Entgeltgruppen für Arbeiter und Angestellte zugrunde lag. Ermittlung und Verwendung der in den Entgeltabkommen vom 18. Mai 2002 und 20. Februar 2004 vereinbarten ERA-Strukturkomponenten sind in dem am 19.12.2003 abgeschlossenen Tarifvertrag ERA-Anpassungsfonds, derzeit in der Fassung vom 15. September 2004 geregelt. Nach dessen Präambel sollen durch die vorübergehende Einbehaltung nicht ausgezahlter ERA-Strukturkomponenten und deren spätere Verwendung entweder zum Ausgleich von betrieblichen Kosten, die eine bestimmte Schwelle überschreiten oder zur unmittelbaren Auszahlung an die Beschäftigten nach der betrieblichen ERA-Einführung spätere Verwerfungen bei der Umstellung vermieden werden. Seit dem Tarifabschluss vom 18. Mai 2002 bis Februar 2006, dem Ende der Ansparphase, sind insgesamt 2,8 % der Tariferhöhungsvolumina in den ERA-Anpassungsfonds geflossen. Der Entgeltrahmentarifvertrag (ERA TV) für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg (Tarifgebiete I und II) wurde erst am 14. April 2005 abgeschlossen und von der nicht tarifgebundenen Beklagten nicht eingeführt. Diese zahlte aufgrund einer Betriebsvereinbarung im Februar 2007 die im Anpassungsfonds befindlichen Beträge an ihre Arbeitnehmer aus.
Erstmals mit der am 05.03.2007 zugestellten Klage verlangt der Kläger für die Monate September 2006 bis Februar 2007 eine Auszahlung der (aufsummierten) Tariferhöhungsbeträge aus den Jahren 2002 bis 2006 in Höhe von insgesamt 2,8 % der monatlichen Grundvergütung mit jeweils 89,77 EUR brutto monatlich sowie im Wege der Feststellung darüber hinaus, mit der Begründung, wegen Nichteinführung des ERA TV sei die zweite Strukturkomponente des vereinbarten Tarifvolumens in eine lineare Erhöhung des Entgelts umzuwandeln, die monatlich an ihn auszuzahlen sei. Dies habe dem Willen der Tarifvertragsparteien, wie er in den Verhandlungsergebnissen vom 20.02.2004 und 18.05.2002 zum Ausdruck gekommen sei, entsprochen. Spätere, nach dem Betriebsübergang auf die nicht tarifgebundene Beklagte erfolgte tarifliche Regelungen seien auf sein Arbeitsverhältnis nicht mehr anwendbar, so dass auch aus der am 06.04.2006 erfolgten Ergänzungsvereinbarung zum ERA-Tarifvertrag Ziffer 4 für sein Arbeitsverhältnis sich Auswirkungen nicht ergäben. Dort heißt es:
Die Tarifvertragsparteien stimmen darin überein, dass eine Auszahlung des ERA-Anpassungsfonds zu erfolgen hat, sobald feststeht, dass der ERA TV betrieblich nicht eingeführt wird. Die Betriebsparteien können für den Fall einer tief greifenden Strukturänderung, z. B. Teilschließung/Ausgliederung, eine Teilauszahlung für die betroffenen Beschäftigten regeln.
Dem gegenüber hat die Beklagte geltend gemacht, für den Anspruch des Klägers fehle es an einer Anspruchsgrundlage. Mit der Auflösung und Auszahlung des Anpassungsfonds seien die tariflichen Ansprüche der Arbeitnehmer erfüllt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Tatbestand de...