Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Jahresfrist bei Verzicht der Arbeitgeberin auf vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot während der Kündigungsfrist
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 75a HGB kann der Prinzipal gegenüber dem Handlungsgehilfen vor der Beendigung des Dienstverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot mit der Wirkung verzichten, dass er mit dem Ablauf eines Jahres seit der Erklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Karenzentschädigung frei wird.
2. Aus dem Wortlaut des § 75a HGB ergibt sich zweifelsfrei, dass die Jahresfrist, nach deren Ablauf die Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung erlischt, mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung Prinzipals beginnt, in welcher dieser auf das Wettbewerbsverbot verzichtet.
3. Der Zweck der in § 75a HGB vorgesehenen Jahresfrist liegt darin, dem Handlungsgehilfen einen ausreichenden Zeitraum zu gewähren, in dem er sich im Hinblick auf Erwerbstätigkeiten nach Ablauf des Dienstverhältnisses auf die mit Wegfall des ursprünglich vereinbarten Wettbewerbsverbots eingetretene Änderung der Rechtslage einstellen kann. Für diesen Regelungszweck ist es unerheblich, ob innerhalb der Jahresfrist das Dienstverhältnis mit dem Prinzipal noch besteht.
4. § 75a HGB geht davon aus, dass nach Ablauf eines Jahres seit der Verzichtserklärung keine entschädigungswürdigen Nachwirkungen des entfallenen Wettbewerbsverbots mehr anzunehmen sind. Das gilt auch dann, wenn das Dienstverhältnis mit dem Prinzipal während dieser Frist noch bestanden hat.
Normenkette
HGB § 75a
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 31.08.2016; Aktenzeichen 55 Ca 3431/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 31.08.2016 - 55 Ca 3431/16 - abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 41,41 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2016 zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Die Klägerin, die seit dem 01.07.2016 eine Altersrente bezieht, war bei der Beklagten aufgrund des Arbeitsvertrages vom 01.09.1997 bei einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt 2.375,00 EUR und einem zusätzlichen Urlaubsgeld von 1.315,38 EUR brutto, insgesamt 29.815,38 EUR brutto im Jahr, beschäftigt. Gem. § 7 des Arbeitsvertrages war ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot von drei Jahren vereinbart. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 21.07.2015 zum 31.01.2016 (Bl. 7 d. A.) und erklärte mit Schreiben vom 07.09.2015 (Bl. 9 d. A.) gegenüber der Klägerin, dass sie auf das Wettbewerbsverbot verzichte.
Mit Schreiben vom 11.12.2015 machte die Klägerin gegenüber der Klägerin geltend, dass ihr eine Karenzentschädigung in Höhe von 1.242,31 EUR monatlich für den Zeitraum von einem Jahr seit dem 01.02.2016 zustehe (Bl. 10 f. d. A.).
Mit Schreiben vom 22.02.2016 erklärte die Beklagte, dass der Klägerin Karenzentschädigung nur bis zum 07.09.2016 zustehe (Bl. 13 d. A.). Sie zahlte sodann Karenzentschädigung an die Klägerin für den Zeitraum vom 01.02.2016 bis zum 06.09.2016.
Mit der Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass ihr über den 07.09.2016 hinaus bis zum 31.01.2017 Karenzentschädigung zustehe. Sie hat vorgetragen, es ergebe sich aus der Rechtsprechung des BAG, dass im Falle des Verzichtes auf das Wettbewerbsverbot die vereinbarte Karenzentschädigung für die Dauer eines Jahres ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen sei. Ferner hat die Klägerin die Zahlung der Karenzentschädigung für Februar und März 2016 geltend gemacht. Nach Zahlung durch die Beklagte haben die Parteien den Rechtsstreit diesbezüglich für erledigt erklärt.
Die Klägerin hat im Übrigen beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, über den 07.09.2016 hinaus bis zum Ablauf des Monats Januar 2017 an die Klägerin eine Karenzentschädigung jeweils zum Ende eines Kalendermonats zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, es bestehe kein Feststellungsinteresse für die Klage. Aus § 75 a HBG ergebe sich im Übrigen, dass Karenzentschädigung nach einem Verzicht auf das Wettbewerbsverbot nur für die eines Jahres seit der Verzichtserklärung zu zahlen sei. Widerklagend hat die Beklagte die Erteilung einer Auskunft über die monatlichen Einkünfte der Klägerin geltend gemacht. Die Klägerin hat die Widerklage anerkannt.
Das Arbeitsgericht hat mit Anerkenntnisteilurteil vom 28.04.2016 der Widerklage stattgegeben und die Klage im Übrigen mit Urteil vom 31.08.2016 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Feststellungsklage mangels einer Möglichkeit der Bezifferung zwar zulässig, jedoch unbegründet sei. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Karenzentschädigung erlösche gem. § 75 a HGB mit Ablauf eines Jahres nach der Abgabe der Erklärung des Verzichts auf das Wettb...