Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Verfügung. Weiterbeschäftigung
Leitsatz (amtlich)
Macht ein Arbeitnehmer im Rahmen einer einstweiligen Verfügung seinen Beschäftigungsanspruch geltend, so bedarf es für das Vorliegen eines Verfügungsgrundes der Glaubhaftmachung eines gesteigerten Beschäftigungsinteresses. Der sukzessive Untergang des Beschäftigungsanspruchs durch Zeitablauf reicht allein nicht aus.
Normenkette
ZPO § 940
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 08.12.2010; Aktenzeichen 31 Ga 18142/10) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 08. Dezember 2010 – 31 Ga 18142/10 – abgeändert:
Die Anträge werden zurückgewiesen.
II. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um vertragsgerechte Beschäftigung per Eilrechtsschutz.
Die Verfügungsklägerin ist seit 11 Jahren bei der Verfügungsbeklagten als Altenpflegerin beschäftigt. Die Verfügungsbeklagte betreibt ein Krankenhaus für Altersmedizin mit einem Pflegewohnheim, eine Tagesklinik (Tagespflege) sowie eine Klinik für Akutgeriatrie mit mehreren Stationen.
Gemäß Änderungsvertrag vom 10.09.2003 (Bl. 42 d.A.) war die Verfügungsklägerin ab dem 01.09.2003 als Altenpflegerin und als Altenpflegerin in der Tätigkeit einer rehabilitativen Beschäftigungstherapeutin beschäftigt, wobei der Einsatz zu 50 % RWA im Pflegewohnheim und zu 25 % RWA in der Tagespflege erfolgen sollte.
Am 04.11.2010 wurde die Verfügungsklägerin durch den Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten gebeten, in der Stationsassistenz der Klinik für Akutgeriatrie auszuhelfen, weil viele der dort beschäftigten Mitarbeiterinnen erkrankt waren. Die Verfügungsklägerin erklärte sich dazu bereit. Der Einsatz sollte für einen Zeitraum von 4 Wochen erfolgen, was der Verfügungsklägerin am 05.11.2010 durch die stellvertretende Koordinatorin der Verfügungsbeklagten bestätigt wurde.
Mit Schreiben vom 19.11.2010, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf Bl. 59 – 60 d. A. verwiesen wird, forderte die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte auf, sie nach Ablauf der 4 Wochen, gerechnet ab dem 05.11.2010, wieder auf ihrem alten Arbeitsplatz im Pflegewohnheim zu beschäftigen. Mit Schreiben vom 24.11.2010 lehnte die Verfügungsbeklagte dies unter Verweis auf ihr Direktionsrecht ab.
Die Verfügungsbeklagte plante die Verfügungsklägerin auch über den zunächst vorgesehenen vierwöchigen Zeitraum hinaus aufgrund der andauernden Personalunterdeckung in der Stationsassistenz der Klinik für Akutgeriatrie einzusetzen.
Die Verfügungsklägerin hat die Ansicht vertreten, eine Beschäftigung in der Stationsassistenz sei nicht vom Direktionsrecht der Verfügungsbeklagten gedeckt, da es sich um eine einseitige Zuweisung einer völlig anderen Tätigkeit handele, die zudem zwei Lohngruppen niedriger als die ihre arbeitsvertragliche eingestuft sei (EG 5 statt EG 7). Einer Versetzung von mehr als 4 Wochen stimme sie nicht zu. Die Tätigkeit stimme nicht mit ihrer Ausbildung überein. Für Teilbereiche der zugewiesenen Aufgabe sei sie nicht ausgebildet, wie z.B. die Aufnahme und Entlassung von Patienten, was den Großteil der Arbeitsaufgabe ausmache. Normalerweise seien in der Stationsassistenz ausgebildete Sprechstundenhilfen und Kommunikationsassistenten eingesetzt, welche ein zur Altenpflege unterschiedliches Berufsbild aufweisen würden.
Die Verfügungsklägerin hat beantragt,
der Verfügungsbeklagten wird aufgegeben, es bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens zu unterlassen, die Verfügungsklägerin auf einem anderen Arbeitsplatz als dem einer Altenpflegerin und Altenpflegerin in der Tätigkeit einer rehabilitativen Beschäftigungstherapeutin mit einem Einsatz mit 50 % RWA im Pflegewohnheim und mit 25 % RWA in der Tagespflege zu beschäftigen.
für den Fall der Zuwiderhandlung der Verfügungsbeklagten ein Ordnungsgeld anzudrohen, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollstrecken an den Geschäftsführer der Beklagten Herrn Dr. K..
Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Versetzung der Verfügungsklägerin von dem arbeitgeberischen Direktionsrecht gedeckt sei. Die Versetzung der Verfügungsklägerin sei wegen einer Personalunterdeckung aufgrund von Krankheit und Erholungsurlaub erforderlich gewesen. Die Verfügungsbeklagte hat weiterhin darauf verwiesen, dass es für die Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes der Glaubhaftmachung bedürfe, dass dem Arbeitnehmer durch die vertragsgemäße Beschäftigung besondere Nachteile drohen. Insoweit fehle es auch an der Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes durch die Verfügungsklägerin.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 8. Dezember 2010 den Anträgen stattgegeben. Zur Begründung hat es – kurz gefasst – ausgeführt, die Versetzung der Verfügungsklägerin sei unwirksam. Zwar sei die Versetzung der Verfügungsklägerin im Grundsatz von dem Direktionsrecht der Verfügungsbeklagten gedeckt gewesen. Die Verfügungsbeklagte habe aber nic...