Entscheidungsstichwort (Thema)

Weiterbeschäftigungsanspruch. Verfügungsgrund

 

Leitsatz (amtlich)

Auch im Rahmen einer einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG bedarf es eines Verfügungsgrundes.

 

Normenkette

BetrVG § 102 Abs. 5; ZPO § 940

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 24.01.2011; Aktenzeichen 8 Ga 3/11)

 

Tenor

Die Berufung des Verfügungsklägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. Januar 2011 – 8 Ga 3/11 – wird auf Kosten des Verfügungsklägers zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren über die Verpflichtung der Verfügungsbeklagten zur Weiterbeschäftigung des Verfügungsklägers als Kraftfahrer, hilfsweise als Kommissionierer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens.

Der Verfügungskläger war seit dem 17. September 2001 bei der Verfügungsbeklagten als Kraftfahrer bei einem monatlichen Bruttoverdienst von ca. 2.300,00 Euro beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 10. September 2001 erhält der Verfügungskläger Tariflohn nach der Stufe L 5. Nach Ziffer 12. des Arbeitsvertrages gehören zu den Aufgaben des Verfügungsklägers neben dem Transport auch das ordnungsgemäße Be- und Entladen des Fahrzeugs, die Rückführung von Transportmitteln, Leergut, Transportverpackungen und Retouren sowie alle weiteren mit der Tätigkeit als Kraftfahrer verbundenen Arbeiten. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2010 und 26. Oktober 2010 kündigte die Verfügungsbeklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien betriebsbedingt zum 31. Januar 2011.

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2010 widersprach der bei der Verfügungsbeklagten gebildete Betriebsrat der Kündigungsabsicht der Verfügungsbeklagten und führte hierzu folgendes aus:

„…

Begründung:

1.

Herr K. kann in den Kommissionierbereichen TS/FD/OG bzw. C+C Plattform weiterbeschäftigt werden. In diesen Bereichen sind freie Arbeitsplätze (Kommissionierung) vorhanden, diese freien Arbeitsplätze werden durchgängig seit Januar 2010 bis zum heutigen Tage von 28 Leiharbeitnehmern besetzt.

…”.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Widerspruchsschreibens wird auf Bl. 10 d. A. verwiesen.

Der Anhörung des Betriebsrats zur beabsichtigten Kündigung des Verfügungsklägers gingen Interessenausgleichsverhandlungen zwischen den Betriebsparteien voraus. Unter dem 05. Juli 2010 beschlossen der Betriebsrat und die Verfügungsbeklagte in einem Interessenausgleich den Abbau von 12,5 Kommissionierer/innen/stellen und den Abbau von 26 Kraftfahrerstellen, wobei die Kündigungen der Kraftfahrer im Oktober 2010 und die Kündigungen der Kommissionierer frühestens im Januar 2011 erfolgen sollten.

Kraftfahrer sind nach dem im Betrieb der Verfügungsbeklagten geltenden Tarifvertrag in der Lohngruppe L 5 eingruppiert. Die Lagerarbeiter sind drei Tarifgruppen niedriger in der Lohngruppe 2 eingruppiert. Die Vergütungsdifferenz zwischen beiden Tarifgruppen liegt über 450,00 Euro. In § 4 des zwischen dem Betriebsrat und der Verfügungsbeklagten abgeschlossenen Sozialplans vom 5. Juli 2010, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf Bl. 138 – 143 d. A. verwiesen wird, war vereinbart:

„Die Vergleichsgruppen, die bei der Sozialauswahl zugrunde zu legen sind, sind die Folgenden:

• Lagerarbeiter

• Kraftfahrer”

Mit Schriftsatz vom 2. November 2010, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf Bl. 11 – 13 d. A. verwiesen wird, erhob der Verfügungskläger gegen die Kündigungen vom 22. und 26. Oktober 2010 Klage. Neben dem Kündigungsschutzantrag machte der Verfügungskläger als uneigentlichen Hilfsantrag den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend. Den vorliegend streitgegenständlichen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG hat der Verfügungskläger zu keinem Zeitpunkt in einem Hauptsachverfahren geltend gemacht.

Die Kammerverhandlung im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht fand am 23. Februar 2011 statt. Die Kündigungsschutzklage wurde mit am 23. März 2011 verkündeten Urteil abgewiesen.

Nachdem der Verfügungskläger mit Schreiben vom 10. November 2010 (vgl. Blatt 14 der Akte) erfolglos von der Verfügungsbeklagten seine Weiterbeschäftigung verlangt hatte, hat er mit Antragsschrift vom 05. Januar 2011 – beim Arbeitsgericht eingegangen am 10. Januar 2011 – im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens einen Beschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG geltend gemacht.

Der Verfügungskläger hat die Auffassung vertreten, der Betriebsrat habe der beabsichtigten Kündigung ordnungsgemäß widersprochen. Der Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes bedürfte es im Rahmen des Anspruchs nach § 102 Abs. 5 BetrVG nicht.

Der Verfügungskläger hat beantragt

der Verfügungsbeklagten aufzugeben, den Verfügungskläger als Kraftfahrer, hilfsweise als Kommissionierer, bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim hiesigen Gericht zum Aktenzeichen: 2 Ca 1448/10 eingeleiteten Kündigungsschutzverfahrens weiterzubeschäftigen.

Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen

sowie hilfsweise

die Verfügungs...

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