Entscheidungsstichwort (Thema)
außerordentliche Kündigung. Vermögensdelikt. Unterschlagung von 50,00 EUR aus der Kasse
Leitsatz (amtlich)
Zeugnisverweigerung, Verwertung schriftlicher Äußerungen Interessenabwägung
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1; StPO § 252; ZPO § 286
Verfahrensgang
ArbG Neuruppin (Urteil vom 02.03.2010; Aktenzeichen 4 Ca 1424/09) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 02. März 2010 – 4 Ca 1424/09 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen sowie um die Wirksamkeit einer hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung.
Die Klägerin ist seit dem 01. November 1996 bei der Beklagten, die ein Möbelhaus betreibt, als Verkäuferin beschäftigt. Sie erhielt neben einem monatlichen Fixum eine vom persönlich geschriebenen Umsatz abhängige Provision, woraus sich eine durchschnittliche monatliche Vergütung in Höhe von 1.500,– EUR ergibt.
Am 26. September 2009 verkaufte die Klägerin an einen Kunden einen Computertisch zu einem Preis in Höhe von 58,– EUR. Sie ging daraufhin mit dem Kunden zur Kasse und bat ihre Kollegin M. den Kaufpreis abzukassieren. Während die Ehefrau des Kunden den Kaufpreis in voller Höhe beglich, verlud die Klägerin zusammen mit dem Kunden den Computertisch in das Auto des Kunden. Nachdem die Kunden das Geschäftslokal verlassen hatten und die Klägerin in das Ladenlokal zurückgekehrt war, kam es zwischen der Klägerin und ihrer Kollegin M. zu einem kurzen Gespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Ein – ansonsten üblicher – Kaufvertrag über den Verkauf dieses Computertisches wurde nicht geschrieben und dem Kunden nur eine handschriftliche Quittung (Bl. 125 d. A.) über einen Betrag in Höhe von 58,– EUR ausgehändigt. Am 28. September 2009 wurde der Verkauf dieses Computertisches als Barverkauf in der Kasse erfasst und anstelle des vereinnahmten Betrages in Höhe von 58,– EUR wurde lediglich ein Betrag in Höhe von 8,– EUR eingebucht (Bl. 126 d. A.). Der Restbetrag in Höhe von 50,– EUR wurde in einem Briefumschlag mit der Aufschrift „Weihnachtsfeier” zunächst in der Kasse aufbewahrt.
Bei einer Kontrolle fiel der Beklagten auf, dass für den Verkauf des Computertisches ein falscher Betrag eingebucht worden war. Die Beklagte führte mit der Klägerin und ihrer Kollegin M. diesbezüglich ein Gespräch, in dessen Folge die Klägerin folgende schriftliche Erklärung abgab:
„Habe an Kundin einen Schreibtisch verkauft. Gab den Zettel Frau M. zum Abkassieren. Half dem Kunden die Ware einzuladen. Brachte die Rollis weg. Frau M. erzählte mir dann nebenbei, das sei ein abgewerteter Schreibtisch und ob wir den für 8 EUR kassieren soll und das andere Geld für die Weihnachtsfeier nehmen wollen. Ich stimmte zu. Außer Frau M. wusste niemand was.”
Die Kollegin M. gab folgende schriftliche Erklärungen ab:
„Am 26.09.09 kam Kunde und wollte Computertisch kaufen. Fr. B. kam an Kasse und legte PS hin und bat darum den Kunden abzukassieren. Fr. B. ging dann mit Mann der Kundin zum CT zurück und lud ihn auf Rollies und brachte ihn mit Ihm raus zum Auto. Kundin zahlte in der Zeit 58,– EUR, ich stellte Ihr eine Handquittung aus. Als Kunden weg waren fragte ich Frau B. ob wir, da Tisch abgewertet war, für 8,– EUR einbuchen und 50,– EUR zur Seite legen für Weihnachtsfeier. Habe dann 58,– EUR im Umschlag mit Handquittung in Kasse gelegt, da ich Frühschicht hatte. Am 28.09.09 Montag habe ich dann am Nachmittag die 8,– EUR gebucht für Computertisch und 50,– EUR in Umschlag für Weihnachtsfeier in Schubkasten an der Kasse gelegt.”
Eine weitere Erklärung der Zeugin M. hat folgenden Wortlaut:
„Frau B. kam mit PS vom Schreibtisch zum abkassieren der Kundin. Hat mit Mann Schreibtisch rausgefahren und Kundin stand am Tresen und bezahlte. Habe ihr Handquittung ausgestellt und Kundin ging. Als Kunden weg waren Frau B. gefragt zwecks Provision. Habe dann Computertisch am nächsten Tag für 8,– EUR gebucht und 50,– EUR in Umschlag für Weihnachtsfeier in Schubkasten (Kasse) gelegt.”
Daraufhin sprach die Beklagte mit Schreiben vom 01. Oktober 2009, der Klägerin am selben Tag zugegangen, aus verhaltensbedingten Gründen die streitgegenständliche außerordentliche fristlose, hilfweise ordentliche Kündigung zum 28. Februar 2010 aus.
Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 21. Oktober 2009 beim Arbeitsgericht Neuruppin eingegangenen Kündigungsschutzklage gewehrt und die Unwirksamkeit dieser Kündigung geltend gemacht. Sie hat gemeint, es lägen weder Gründe für eine außerordentliche noch eine ordentliche Kündigung vor. Sie habe kein Eigentumsdelikt zum Nachteil der Beklagten begangen und sei am Kassiervorgang auch nicht beteiligt gewesen. Die Kollegin M. habe ihr zugerufen, dass es sich bei dem Computertisch um sog. abgeschriebene Ware handele. Dies habe sie lediglich zur Kenntnis genommen und sich keine weiteren Gedanken darüber gemacht...