Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlende charakterliche Eignung eines Bewerbers für die Tätigkeit im Zentralen Objektschutz bei Jugendstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung. Zulässige Klage auf rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses. Zulässiger Antrag auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung
Leitsatz (amtlich)
1) Eine Klage auf rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses ist zulässig.
2) Ein Antrag auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ist zulässig.
3) Ein Bewerber für die Tätigkeit als Wachpolizist darf von der Einstellungsbehörde als charakterlich nicht geeignet angesehen werden, wenn er 9 Jahre vor der Bewerbung wegen einer gefährlichen Körperverletzung zu einer Jugendstrafe verurteilt worden ist und er das Tatgeschehen nach wie vor relativiert.
Normenkette
GG Art. 33, 33 Abs. 2; BGB § 275 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 894; VwGO § 113 Abs. 5 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 09.01.2018; Aktenzeichen 16 Ca 14386/17) |
Tenor
I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 9. Januar 2018 - 16 Ca 14386/17 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
III. Der Gebührenwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.200,00 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land verpflichtet ist, mit dem Kläger ein Arbeitsverhältnis als Polizeiangestellter im Objektschutz abzuschließen, hilfsweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag des Klägers auf Einstellung erneut zu entscheiden.
Der Kläger ist 29 Jahre alt (geboren .... 1988) und bewarb sich beim beklagten Land im am 24. Juli 2017 für eine Stelle im Zentralen Objektschutz. Die Mitarbeiter/-innen des Zentralen Objektschutzes schützen gefährdete Objekte Berlins durch einen Posten- und Streifendienst. Dazu gehören diplomatische Einrichtungen, wie Botschaften und Residenzen, jüdische Einrichtungen, wie Synagogen, Schulen und Kindergärten oder Einrichtungen des Bundes und des Landes Berlin. Nach dem entsprechenden Bewerberprofil gehört zu den Aufgaben u.a. "Nutzung aller rechtmäßigen Möglichkeit zur Verhinderung von Straftaten bzw. zur Festnahme des/der Täter (ggf. körperliche Gewalt, Waffengebrauch)".
Sowohl die Bewerbung wie auch die Einstellungstests des Klägers erfolgten zunächst online. Am 11. September 2017 fand ein erfolgreich verlaufenes persönliches Vorstellungsgespräch des Klägers mit zwei Mitarbeitern des Beklagten statt. Im Rahmen des Bewerbungsprozesses hatte sich der Kläger damit einverstanden erklärt, dass dem Beklagten über seine Person angelegte polizeiliche, staatsanwaltschaftliche oder gerichtliche Unterlagen durch Erteilung von Auskünften oder zur Einsichtgewährung zugänglich gemacht werden.
Zuvor und auch noch während des Bewerbungsverfahrens war der Kläger für eine private Sicherheitsfirma im A. A. der Bundesrepublik Deutschland in den Bereichen Sicherheit und Hausordnungsdienst als Objektleiter tätig. Ausweislich eines dreiseitigen Empfehlungsschreibens des A. A. vom 4. Oktober 2016 erledigte der Kläger die dort anfallenden Arbeiten stets zur vollsten Zufriedenheit des A. A..
Am 20. September 2017 sandte eine Mitarbeiterin des beklagten Landes aus dem Bereich der zuständigen Serviceeinheit Personal eine E-Mail an den Kläger. In dieser war u.a. ausgeführt:
Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie für den Einstellungstermin 1. November 2017 in der auf der Grundlage der Prüfungsergebnisse erstellten Rangliste einen der zur Einstellung vorgesehenen Plätze belegen.
Das Auswahlverfahren für die 90 Einstellungsplätze als Polizeiangestellter/-r im Objektschutz ist hinsichtlich der Ranglistenbildung abgeschlossen, so dass für Sie nur noch ein Aufrücken auf einen weiter vorne liegenden Platz möglich ist.
...
Aufgrund Ihres positiven Ergebnisses beabsichtige ich daher, Sie vorbehaltlich
- Ihrer noch durch eine polizeiärztliche Untersuchung festzustellenden gesundheitlichen Eignung,
- des Ergebnisses der Leumundsprüfung,
- der Zustimmung durch die Beschäftigtenvertretungen
- sowie des vollständigen Vorliegens der von Ihnen noch zu übersenden Vordrucke
zum 1. November 2017 als Tarifbeschäftigte/-r im Objektschutz einzustellen.
Bitte laden Sie die ... zum Download bereitgestellte ZIP-Datei (Vordrucke Objektschutz) herunter, drucken Sie alle enthaltenen Dokumente aus und senden Sie diese umgehend - spätestens aber 14 Tage nach Zustellung dieses Schreibens - ausgefüllt und unterschrieben auf dem Postweg an mich zurück. ...
Sobald alle oben genannten Vorbehalte ausgeräumt sind und Ihre Unterlagen vollständig vorliegen und abschließend geprüft wurden, erhalten Sie, sollten sich keine entgegenstehenden Erkenntnisse ergeben haben, eine Einstellungszusage und weitere Informationen von mir.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2017 teilte der Beklagte durch einen zuständigen Mitarbeiter der Serviceeinheit Personal dem Kläger mit:
...