Entscheidungsstichwort (Thema)
Lenkzeitunterbrechungen. Ruhepausen
Leitsatz (amtlich)
Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 ArbZG auf Grund eines Tarifvertrages zulässige Kurzpausen sind keine Arbeitszeit.
Normenkette
ArbZG §§ 4, 7 Abs. 1 Nr. 2; TV-N § 9 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 03.05.2007; Aktenzeichen 96 Ca 21589/06) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 03.05.2007 – 96 Ca 21589/06 – teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Bewertung von Lenkzeitunterbrechungen als Ruhe- pausen bzw. Arbeitszeit.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit März 1989 als Straßenbahnfahrer beschäftigt. Er wird im Linienverkehr mit einer Linienlänge von nicht mehr als 50 KM eingesetzt. Sein Arbeitseinsatz wird durch Dienstpläne geregelt, die Lenkzeiten und Lenkzeitunterbrechungen ausweisen. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen bei den Nahverkehrsbetrieben im Land Berlin (TV-N Berlin) Anwendung. In seinem § 9 sind u.a. folgende, „besondere Arbeitsbedingungen bei Einsatz als Omnibusfahrer, U-Bahnfahrer, Straßenbahnfahrer und Triebfahrzeugführer” geregelt:
„(1) Die Dienstschicht umfasst die Arbeitszeit, die Pausen und Unterbrechungen bei Dienstteilungen. Sie kann bis zu 12 Stunden, bei Dienstteilungen bis zu 14 Stunden betragen und darf 5 Stunden nicht unterschreiten. Die dienstplanmäßige tägliche Arbeitszeit darf 8 ½ Stunden, bei maximal 20 % der Dienste je Turnusart 9 Stunden in der Dienstschicht nicht übersteigen.
Protokollnotiz zu Abs. 1:
Zur Arbeitszeit zählen insbesondere Lenkzeiten, Vorbereitungs- und Abschlusszeiten sowie betrieblich veranlasste Wegezeiten.
(2) Es sind folgende Pausenregelungen anzuwenden:
1. Blockpausenregelung
….
2. Sechstel-Regelung
Die nach dem Arbeitszeitgesetz oder nach der Fahrpersonalverordnung zu gewährende Pause kann durch Lenkzeitunterbrechungen abgegolten werden, wenn deren Gesamtdauer mindestens ein Sechstel der im Dienst- und Fahrplan vorgesehenen Lenkzeit beträgt. Im Fahrplan vorgesehene Haltezeiten zur Anschlusssicherung gelten nicht als Lenkzeitunterbrechung. Lenkzeitunterbrechungen unter acht Minuten werden bei der Berechnung
der Gesamtdauer nicht berücksichtigt, wobei die Gesamtdauer mindestens die Dauer der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen erreichen muss.
….
Lenkzeitunterbrechungen werden bis zur Dauer von 10 Minuten in die Arbeitszeit eingerechnet. Die Summe der Anteile der Lenkzeitunterbrechungen, die größer als 10 Minuten sind, zusammen jedoch höchstens 50 Minuten, werden nicht in die Arbeitszeit eingerechnet. Die hiernach unbezahlt bleibenden Lenkzeitunterbrechungsanteile werden grundsätzlich vor der Abfahrt von der Endstelle gewährt.
Innerhalb eines Dienstes darf nur eine der genannten Pausenregelungen zur Anwendung kommen.
…
(5) Für Vorbereitungs- und Abschlusszeiten wird die notwendige Zeit in die Arbeitszeit eingerechnet und im Dienstplan ausgewiesen.
…”
Bei dem Kläger kommt die Sechstel – Regelung des § 9 Abs. 2 Nummer 2 TV-N zur Anwendung. Weiterhin besteht eine Dienstanweisung vom 4.11.2005 zu Gewährung von unbezahlten Anteilen der Lenkzeitunterbrechung laut TV-N, die unter anderem folgendes regelt:
„Ergibt sich aus mehrfachen Verspätungen die generelle Nichtgewährung der Pause lt. Arbeitszeitgesetz, so ist der Mitarbeiter verpflichtet, über die BLS die zuständige Einsatzleitung davon in Kenntnis zu setzten, welche dann für die Gewährung einer Pausenablösung verantwortlich zeichnet.
…”
Den Straßenbahnführern werden mit einer weiteren Dienstanweisung (DF-STRAB) über die Fahrtätigkeit hinausgehende Aufgaben zugewiesen, so z.B. hinsichtlich der Reinhaltung des Zuges (§ 3 Ziffer 6), des Umgangs mit Fundsachen (§ 5), der Verkehrssicherheit des Zuges (§ 16), Unterrichtung der BLS über besondere Vorkommnisse (§ 25) und Meldungen an den ablösenden Fahrer (§ 28).
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass seine in den Dienstplänen ausgewiesenen Lenkzeitunterbrechungen als Arbeitszeit zu bewerten sind.
Nach seiner Auffassung können die Lenkzeitunterbrechungen nicht als Pausen gelten. Gemäß den Bestimmungen der DF-STRAB seien sie nicht frei von jeder Tätigkeit. Soweit keine Tätigkeiten anfielen, würden sie stets weniger als 15 Minuten betragen. Derartige Kurzpausen seien als Arbeitszeit anzusehen. Zudem stehe es wegen unvorhersehbarer Verspätungen und Arbeitstätigkeiten nicht im Voraus fest, wann er Lenkzeitunterbrechungen in Anspruch nehmen könne.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass Lenkzeitunterbrechungen des Klägers von mehr als 8 Minuten pro Arbeitstag / Schicht, zusammengerechnet jedoch höchstens 50 Minuten, Arbeitszeiten sind;
- hilfsweise, festzustellen, dass Lenkzeitunterbrechungen des Klägers von mehr als 10 Minuten pro Arbeitstag / Schicht, zusammengerechnet jedoch höchstens ...