Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausbildung zum operationstechnischen Assistenten. Anwendbarkeit des BBiG

 

Leitsatz (amtlich)

Ausbildung zum operationstechnischen Assistenten

Anwendbarkeit des BBiG

 

Normenkette

BBiG §§ 20, 22; KrpflG § 22; BBiG §§ 1, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 01.08.2006; Aktenzeichen 96 Ca 6845/06)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 01. August 2006 – 96 Ca 6845/06 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, das mit dem Kläger bestehenden Ausbildungsverhältnis noch nach Ablauf von vier Monaten ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne Angabe von Gründen zu kündigen.

Der am … 1983 geborene Kläger schloss mit der Beklagten einen Ausbildungsvertrag (Bl. 6 – 9 d. A.) über die Ausbildung für den Beruf eines Operationstechnischen Assistenten für die Dauer von drei Jahren beginnend mit dem 01. Oktober 2005. Diese Ausbildung ist weder bundesweit noch im Land Berlin landesweit geregelt und richtet sich nach den Empfehlungen der Deutschen Krankenhaus Gesellschaft (DKG) vom 26. Juni 1996 (Bl. 28 – 33 d. A.) sowie nach einem bei der Beklagten hierfür bestehenden Rahmenplan, § 1 des Ausbildungsvertrages.

In § 2 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Ausbildungsvertrages ist geregelt, dass die ersten sechs Monate der Ausbildung Probezeit sind. In § 7 des Ausbildungsvertrages ist u.a. geregelt, dass der Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Schülerinnen/Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes oder des Hebammengesetzes ausgebildet werden (TV Rechtsverh.-Lernpfl.pers.) Anwendung findet.

Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 10. März 2006 (Bl. 25 d. A.) den bei ihr gebildeten Personalrat und die Jugendvertretung zu der von ihr beabsichtigten Kündigung des Klägers innerhalb der Probezeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist angehört und der Personalrat am 16. März 2006 zugestimmt hatte, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 20. März 2006 (Bl. 5 d. A.) die Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Ausbildungsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne Angabe des Kündigungsgrundes.

Mit seiner bei Gericht am 04. April 2006 eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewendet.

Er hat die Auffassung vertreten, die Vereinbarung einer Probezeit von sechs Monaten und damit die ausgesprochene Kündigung sei unzulässig.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 20. März 2006 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Meinung vertreten, die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes würden für den staatlich bislang nicht anerkannten Beruf des Operationstechnischen Assistenten nicht gelten. Infolge des Verweisung in den Empfehlungen der DKG auf das Krankenpflegegesetz sowie die Vereinbarung der Anwendung des TV Rechtsverh.-Lernpfl.pers. sei die Vereinbarung einer sechsmonatigen Probezeit und damit die Kündigung ohne Angabe des Kündigungsgrundes innerhalb der Probezeit wirksam.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in Eingangsinstanz wird auf die dort gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Durch Urteil vom 01. August 2006 hat das Arbeitsgericht Berlin der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die ausgesprochene Kündigung sei unwirksam, da das Berufsbildungsgesetz anwendbar sei und danach lediglich innerhalb einer Probezeit von vier Monaten eine Kündigung ohne Angabe von Gründen ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zulässig sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf die dortigen Gründe (Bl. 50 – 53 d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 29. August 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 06. September 2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 27. Oktober 2006 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte ist weiter der Auffassung, die ausgesprochene Kündigung sei wirksam.

Nach § 4 des auf das Ausbildungsverhältnis anwendbaren Tarifvertrages betrage die Probezeit sechs Monate. Auch nach den §§ 13, 15, 22 Krankenpflegegesetz sei das Berufsbildungsgesetz nicht anwendbar und eine Probezeitkündigung innerhalb der ersten sechs Monate des Ausbildungsverhältnisses zulässig. Das Krankenpflegegesetz sei auf die Ausbildung zum Operationstechnischen Assistenten mindestens analog anwendbar, da sich diese Ausbildung nach § 20 der Empfehlungen der DKG nach dem dritten Abschnitt des Krankenpflegegesetzes richte und die Ausbildung in wesentlichen Teilen mit der Ausbildung zum Krankenpfleger vergleichbar sei. Auch sei eine planwidrige Regelungslücke gegeben, denn bei dem Beruf des Operationstechnischen Assistenten handele es sich nicht um einen althergebrachten Beruf, sondern eine Ausbildung, die erst geschaffen worden sei, um den Mangel an weitergebil...

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