Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung Oberärztin nach TV-Ärzte/EvB. Funktions-Teilbereich einer Klinik. medizinische Verantwortung. Nennoberarzt
Leitsatz (redaktionell)
Die Einstellung als „Oberärztin” sowie die Bezeichnung als solche in der Folgezeit durch den Arbeitgeber, auf der Visitenkarte und im Internetauftritt des Arbeitgebers ist für die Eingruppierung nach dem TV-Ärzte/EvB unerheblich.
Normenkette
TVG § 4 Abs. 1; TV-Ärzte/EvB § 15c
Verfahrensgang
ArbG Potsdam (Urteil vom 16.03.2010; Aktenzeichen 7 Ca 994/09) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 16. März 2010 – 7 Ca 994/09 – abgeändert und die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin nach dem Tarifvertrag für die Ärztinnen und Ärzte im Ernst von Bergmann Klinikum Potsdam und daraus resultierende Vergütungsdifferenzansprüche für den Zeitraum vom 01. Mai 2007 bis zum 31. Dezember 2008 in rechnerisch unstreitiger Höhe.
Die Beklagte betreibt ein Klinikum der Schwerpunktversorgung mit 1.073 Planbetten mit 25 Fachabteilungen, die in sog. Zentren zusammengefasst sind. U. a. ist bei der Beklagten ein Kopf- und Hautzentrum gebildet, in dem auch die Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde untergebracht ist. Die HNO-Abteilung besteht aus Gründen der Geschlechtertrennung aus zwei Stationen mit ca. 50 Betten. Dabei werden die männlichen Patienten der einen Station (C 8), die weiblichen der anderen Station (C 7) zugeordnet. Der HNO-Abteilung steht ein Chefarzt vor. Daneben waren dort ab 01. Mai 2007 drei und ab November 2007 zwei Oberärzte sowie sechs bis acht Assistenzärzte beschäftigt.
Die am … 1963 geborene Klägerin ist promovierte Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde und verfügt über eine Weiterbildungsbefugnis der Landesärztekammer Brandenburg für Plastische Operationen. Sie war vom 15. April 1996 bis 31. Dezember 2008 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern beschäftigt. Die Klägerin ist Mitglied des Marburger Bundes.
Ursprünglich hatten die Parteien arbeitsvertraglich die Geltung des BAT-Ost und den diesen ergänzenden, abändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich des kommunalen Arbeitgeberverbandes in der jeweils geltenden Fassung vereinbart. Mit Inkrafttreten des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) wurde die Klägerin zunächst in das neue Tarifrecht nach dem TVöD übergeleitet und in die Entgeltgruppe 14 TVöD eingruppiert.
Am 28. April 2007 schloss die Beklagte mit dem Marburger Bund einen Haustarifvertrag, den Tarifvertrag für die Ärztinnen und Ärzte im Ernst von Bergmann Klinikum Potsdam (TV Ärzte/EvB). Daraufhin schlossen die Klägerin und die Beklagte einen Änderungsvertrag vom 16. Juli 2007, wonach sich ab dem 01. Mai 2007 das zwischen Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ausschließlich nach dem TV Ärzte/EvB und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte im Klinikum E. v. B. in den TV Ärzte/EvB und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Ärzte/EvB) richten sollte. Die Klägerin wurde in die Entgeltgruppe II eingruppiert.
Mit Schreiben vom 13. August 2007 monierte die Klägerin die vorgenommene Eingruppierung in die Entgeltgruppe II und verlangte eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe IV, hilfsweise in die Entgeltgruppe III. Im Zuge außergerichtlicher Verhandlungen bot die Beklagte der Klägerin einen Änderungsvertrag an, der eine Beschäftigung der Klägerin ab dem 01. Dezember 2007 als Oberärztin der Otologie der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde mit einer Vergütung nach der Entgeltgruppe III vorsah. Dieses Angebot lehnte die Klägerin ab. Nachdem eine Einigung nicht zustande kam und eine weitere außergerichtliche Geltendmachung ihrer Prozessbevollmächtigten vom 09. März 2009 erfolglos blieb, hat die Klägerin die Beklagte mit ihrer am 11. Mai 2009 beim Arbeitsgericht Potsdam eingegangenen und der Beklagten am 19. Mai 2009 zugestellten Klage auf Zahlung der Vergütungsdifferenzen zwischen den Entgeltgruppen II und III für den Zeitraum vom 01. Mai 2007 bis 31. Dezember 2008 in Anspruch genommen.
Sie hat vorgetragen, von Anfang an als Oberärztin beschäftigt worden zu sein. Vor ihrer Tätigkeit bei der Beklagten sei sie als Oberärztin an der F. U. Berlin beschäftigt worden. Sie habe sich dann auf eine Stelle als Oberärztin bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beworben und sei nach der Einstellung durchgängig als Oberärztin eingesetzt worden. Dies würde auch durch sämtliche Zeugnisse belegt. In den Dienstplänen sei immer ein Fach- oder Assistenzarzt unter der Verantwortung des Chefarztes oder unter ihrer Verantwortung eingeteilt gewesen. Im Jahr 2001 habe sie – nach Ausscheiden des damaligen Chefarztes – kommissarisch die Leitung der Klinik übernommen und auch die Erlaubnis der Beklagten erhalten, eine kassenärztliche Zulassung zu beantragen und privat zu liquidieren. Diese Befugnisse...