Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfall von Ansprüchen wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung. Anforderungen an ein Anspruchsschreiben
Leitsatz (redaktionell)
Aus einem Anspruchsschreiben, das die tarifliche Ausschlussfrist des § 37 TVöD wahren soll, muss hervorgehen, welche konkreten Forderungen geltend gemacht werden sowie den Umfang, die Höhe und den Zeitraum, für den die Forderungen verfolgt werden.
Normenkette
TVöD § 37; TVG § 4 Abs. 1, 4 S. 3; TVöD-V § 37
Verfahrensgang
ArbG Potsdam (Entscheidung vom 28.03.2017; Aktenzeichen 7 Ca 2151/16) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
III. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf finanziellen Ausgleich für in den Jahren 2013 bis 2015 über 48 Stunden pro Woche hinaus geleistete Arbeitszeit und in diesem Zusammenhang über die zulässige wöchentliche Arbeitszeit.
Der Kläger ist bei der beklagten Stadt seit 1991 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 05.06.1991 als Beschäftigter im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst beschäftigt. Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für die Verwaltung im Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) - Tarifgebiet Ost - in der jeweils geltenden Fassung (im Folgenden: TVöD-V) Anwendung. Gem. § 2 des Arbeitsvertrages haben die Parteien den BAT-O in Bezug genommen und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen (vgl. Bl. 12 d.A). Der TVöD verweist in D.2 Nr. 2 Abs. 1 der Anlage D bezüglich der Arbeitszeit der Beschäftigten im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst auf die entsprechenden beamtenrechtlichen Bestimmungen.
Die beklagte Stadt organisierte die Dienste des feuerwehrtechnischen Einsatzdienstes in den Jahren 2013, 2014 und 2015 in Form von 24-Stunden-Diensten an die sich in der Regel zwei freie Tage anschlossen. Der Kläger (vgl. Bl. 40 d.A.) und die übrigen bei der beklagten Stadt als Arbeitnehmer tätigen Feuerwehrleute hatten einen Antrag i. S. d. § 21 Abs. 4 der Verordnung über die Arbeitszeit für die Beamten des Polizeidienstes, des feuerwehrtechnischen Dienstes und des Justizvollzugsdienstes des Landes Brandenburg (BbgAZVPFJ vom 16. September 2009, GVBl. II/09, S. 686) gestellt, im 24-Stunden-Dienst mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 56 Stunden wöchentlich eingesetzt zu werden. Ein bei der Stadt Cottbus beschäftigter beamteter Feuerwehrmann nahm die Beklagte vor dem Verwaltungsgericht Cottbus wegen unzulässig zuviel abverlangter Arbeit auf Freizeitausgleich, hilfsweise auf Zahlung von 967,5 Mehrarbeitsstunde in Anspruch. Auf die Klage vertrat das Verwaltungsgericht Cottbus mit Urteil vom 28. Februar 2013 (- VG 5 K 914/11 -, juris) die Auffassung, § 21 Abs. 4 BbgAZVPFJ verstoße gegen das Unionsrecht, da entgegen Art. 22 Abs. 1 Buchst. b der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG vom 4. November 2003 (ABl. Nr. L 299, S. 9 EG) weder in der Verordnung noch im übrigen Dienstrecht des Landes Brandenburg geregelt sei, dass die fehlende Bereitschaft, wöchentlich durchschnittlich über 48 Stunden hinaus zu arbeiten, für den Beschäftigten keine Nachteile nach sich ziehen dürfe. Die beklagte Kommune könne sich daher nicht auf die Öffnungsklausel des Art. 22 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie berufen. Der klagende Feuerwehrmann habe einen unionsrechtlichen Haftungsanspruch in Form einer Geldentschädigung für die über eine regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden hinausgehenden Stunden, da Freizeitausgleich aus zwingenden dienstlichen Gründen innerhalb eines Jahres nicht gewährt werden könne. Die Entschädigung bemesse sich nach den zum jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Mehrarbeitsvergütungssätzen. Mit Urteil vom 18. Juni 2015 (- OVG 6 B 32.15 - juris) teilte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Auffassung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Unionsrechtswidrigkeit der BbgAZVPFJ, stützte die Unionsrechtswidrigkeit des § 21 Abs. 4 BbgAZVPFJ aber darauf, dass der nach Art. 22 Abs. 1 Buchst. a i. V. m. Art. 16 Abs. 3 Buchst. c Buchst. iii und Art. 19 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie höchstzulässige Bezugszeitraum von vier bzw. sechs Monaten nicht eingehalten sei. Auf die vom Bundesverwaltungsgericht gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts zugelassene Revision wies das Bundesverwaltungsgericht die Klage mit Urteil von 20. Juli 2017 (- 6 B 32.16 -, juris) für die Zeit vor der erstmaligen Geltendmachung der Ansprüche ab, da es eine solche für notwendig erachtete. Im Übrigen schloss es sich - ebenso wie in zahlreichen Parallelverfahren - der Begründung des Verwaltungsgerichts an und verwies den Rechtsstreit wegen der konkreten Berechnung des Entschädigungsanspruchs an das Oberverwaltungsgericht zurück.
§ 21 BbgAZVPFJ in der Ursprungsfassung vom 16. Septemb...