Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit von Befristungsabreden bei Verletzung des Diskriminierungsverbots (hier verneinend). Wirksame Befristung wegen Vertretungsbedarf
Leitsatz (amtlich)
Die Verbote wegen des Geschlechts zu diskriminieren oder wegen der Inanspruchnahme von Elternurlaub die oder den Beschäftigten zu maßregeln können durch den Abschluss einer Befristungsabrede zu einem Arbeitsvertrag verletzt werden.
Eine Benachteiligung als weniger günstige Behandlung, wie sie bei Verletzung von Diskriminierungs- oder Maßregelungsverbot in Anwendung von § 7 Abs. 2 AGG oder §§ 612a, 134 BGB die Unwirksamkeit einer Befristungsabrede begründen kann, liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber einer Person den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags vorenthält, indem ihr lediglich der Abschluss eines befristeten Vertrags angeboten wird, während der Vergleichsperson ein unbefristeter Arbeitsvertrag angeboten wird.
In einer solchen Situation steht die Annahme der Unwirksamkeit der Befristungsabrede nicht im Widerspruch zu § 15 Abs. 6 AGG bzw. einer dort zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung, wonach Diskriminierung oder Maßregelung nicht zur Verpflichtung des Arbeitgebers führen könnten, ein Arbeitsverhältnis zu begründen.
Die Situation einer benachteiligend abgeschlossenen Befristungsabrede unterscheidet sich von der Situation der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses.
Es ist wertungsmäßig ein Unterschied, ob ein Arbeitgeber verpflichtet ist, einen von ihm abgelehnten Arbeitnehmer einzustellen oder auf einer anderen (Beförderungs-) Position zu beschäftigen, oder ob er verpflichtet ist, einen Arbeitnehmer, den er aus eigener Willensentscheidung auf einer bestimmten Position eingestellt hat, weiter zu beschäftigen (BAG, 6. April 2011 - 7 AZR 524/09, Rn 34).
Normenkette
BEEG § 21; AGG § 7 Abs. 2; BGB §§ 612a, 134; AGG § 15 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 07.09.2020; Aktenzeichen 60 Ca 165/20) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 07. September 2020 - 60 Ca 165/20 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristung.
Die Beklagte beschäftigte die Klägerin, die beide juristische Staatsexamina absolviert hat, seit dem 1. April 2017 als Referentin in dem im Rubrum bezeichneten Bundesministerium. Die Parteien vereinbarten die Anwendbarkeit des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der für den Bereich des Bundes jeweils geltenden Fassung.
Auf der Grundlage eines zunächst bis Ende März 2018 befristeten Arbeitsvertrags setzte die Beklagte die Klägerin in dem Referat 213 ein, wo sie mit Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss betraut war.
Im Nov. 2017 vereinbarten die Parteien die befristete Weiterbeschäftigung bis 31. März 2019.
Von Januar 2018 bis September 2018 war die Klägerin in Mutterschutz und Elternzeit.
Im Rahmen der Bewährungsfeststellung zur unbefristeten Weiterbeschäftigung teilte die damalige Fachvorgesetzte der Klägerin mit Schreiben vom 28. August 2018 mit, sie habe sich nicht bewährt.
Am 17. September 2018 vereinbarten die Parteien - beginnend ab 28. September 2018 - eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 75% einer Vollzeitbeschäftigung. Dies sind durchschnittlich 29,25 Wochenstunden.
Die Regelbeurteilung der Klägerin zum 1. Oktober 2018 endet auf eine Gesamtbewertung mit 3 auf einer aufsteigenden Skala von eins bis fünf. Die mitgeteilten Einzelbewertungen betragen im Durchschnitt 2,75.
Die damals im Referat 513 tätige Mitarbeiterin Frau A. war seit dem 9. November 2018 im Mutterschutz und anschließend ab dem 17. Februar 2019 bis zum 21. Dezember 2019 in Elternzeit ohne Teilzeitbeschäftigung.
Im Schreiben eines Abteilungsleiters bei der Beklagten an die Klägerin vom 10. Januar 2019 heißt es: "Ich biete Ihnen ... im Anschluss an Ihr sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis einen mit Sachgrund befristeten Vertrag (Abwesenheitsvertretung) im Referat 515 'Innovationsfonds' an. Der Vertretungsbedarf wird dort voraussichtlich bis Ende des Jahres bestehen. Dies gibt Ihnen und uns die Möglichkeit, Ihre Bewährung für die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis festzustellen. Die erneute Bewährungsfeststellung ist nach den von mir heute eingeholten Informationen erforderlich."
Am 14./28. März 2019 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag "befristet für die Dauer eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz/der Elternzeit/der Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes von Frau A. längstens bis zum 31.12.2019."
Seit dem 1. April 2019 setzte die Beklagte die Klägerin im Referat 513 ein.
Mit Änderungsverträgen vom 15./16. April 2019 und 12./26. Juni 2019 vereinbarten Parteien erneut die befristete Herabsetzung der Arbeitszeit auf 75% der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer entsprechenden Vollzeitbeschäftigen zuletzt bis zum 31. Dezember 2019.
Mit der am 7. Januar 2020 bei G...