Entscheidungsstichwort (Thema)

Weitergeltung einer Gesamtbetriebsvereinbarung bei Teilbetriebsübergang unter Wahrung der bisherigen Betriebsidentität

 

Leitsatz (amtlich)

§ 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB stellt einen Auffangtatbestand dar. Sofern ein Betrieb oder Betriebsteil identitätswahrend beim Erwerber als eigenständiger Betrieb fortbesteht, gelten Betriebsvereinbarungen für den Erwerber als Kollektivnorm weiter. Dies gilt auch für Gesamtbetriebsvereinbarungen.

 

Normenkette

BGB § 613 a Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 04.10.2017; Aktenzeichen 20 Ca 6595/16)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 04.10.2017 - 20 Ca 6595/16 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe einer Altersversorgungsleistung.

Der am ....1961 geborene Kläger war seit dem 01.04.1994 bei der G. AG beschäftigt. Bei der G. AG war ein Gesamtbetriebsrat gebildet, mit dem sie am 13.02.1992 die "Betriebsvereinbarung Nummer 15" (Bl. 7 ff. d. A.; im Folgenden: BV 15) vereinbarte, welche eine Versorgungsordnung zum Inhalt hatte. Am 17.02.1992 vereinbarte die G. AG mit dem Gesamtbetriebsrat hierzu eine Zusatzvereinbarung, wonach die BV 15 mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres kündbar sei. In einer "Protokollnotiz als Anhang zur Betriebsvereinbarung Nr. 15 vom 13.02.1992" (Bl. 43 d. A.) vereinbarten die Betriebsparteien sodann, dass das auf der BV 15 beruhende Altersversorgungswerk zum 31.12.2000 für neu eintretende Mitarbeiter geschlossen werde und die Ansprüche der zu diesem Zeitpunkt bereits beschäftigten Mitarbeiter unverändert bleibe.

In der Folgezeit wurde die G. AG in eine GmbH umgewandelt. Diese spaltete den Betriebsteil "Drittverwaltung", in dem der hierüber mit Schreiben vom 04.10.2007 (Bl. 14 ff. d. A.) unterrichtete Kläger beschäftigt war, ab und übertrug ihn zum 01.11.2007 auf die G. Wohnungsverwaltungs- und Vertriebs GmbH (im Folgenden: G. WuV). Diese führte diesen Betriebsteil als eigenständigen Betrieb fort, in dem Anfang 2008 ein Betriebsrat gebildet wurde. In der Folgezeit firmierte das Unternehmen sodann als "V. Service GmbH" (im Folgenden: V. GmbH). Ein einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der V. GmbH kündigte die BV 15 gegenüber dem Betriebsrat des Unternehmens mit am 10.07.2009 zugegangenem Schreiben vom 06.07.2009 (Bl. 47 d. A.) zum 31.12.2009. Am 01.04.2010 kam es zum Übergang eines Betriebsteils der V. GmbH, in welchem der hierüber mit Schreiben vom 16.12.2009 (Bl. 20 ff. d. A.) nebst Anlage 1 (Bl. 54 d. A.) unterrichtete Kläger beschäftigt war, auf die Va. R. E. 3 Verwaltungs-GmbH, die nunmehr unter der Firma der Beklagten auftritt. Zuletzt war der Kläger bei dieser als Leiter der Hausverwaltung bei einem monatlichen Grundgehalt von 4.806,00 EUR brutto beschäftigt.

Der Kläger forderte die Beklagte zur Auskunft über die Höhe der zu erwartenden Altersversorgung auf, welche mit Schreiben vom 15.03.2016 (Bl. 25 f. d. A.) mitteilte, diese werde sich unter Berücksichtigung eines Endes der versorgungsfähigen Dienstzeit zum 31.12.2009 mit Vollendung des 65. Lebensjahres auf 471,97 EUR brutto monatlich belaufen.

Mit der am 19.05.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung geltend gemacht, dass die Höhe der Altersversorgung mit Vollendung des 65. Lebensjahres 588,34 EUR betrage. Er hat vorgetragen, die Rechtsnormen seien mit Übergang des Betriebsteils Drittverwaltung auf die G. WuV Inhalt seines Arbeitsvertrages geworden. Somit sei die Kündigung der BV 15 zum 31.12.2009 unerheblich und es müsse eine versorgungsfähige Dienstzeit bis zu seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis am 29.02.2016 berücksichtigt werden. Unabhängig davon sei mit der Protokollnotiz zur BV 15 vom 11.12.2000 die Kündbarkeit der BV 15 für die am 31.12.2000 beschäftigten Arbeitnehmer ausgeschlossen worden.

Der Kläger hat beantragt,

es wird festgestellt, dass die Höhe der Altersversorgung des Klägers mit Vollendung des 65. Lebensjahres 588,34 EUR brutto beträgt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Rechtsnormen der BV 15 hätten nach Übergang des Betriebsteils "Drittverwaltung" auf die G. WuV in deren Betrieb als Einzelbetriebsvereinbarung weitergegolten, welche sodann aufgrund einer ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklung wirksam zum 31.12.2009 gekündigt worden sei. Im Rumpfgeschäftsjahr 2008 (01.01.2008 bis 31.05.2008) und im Geschäftsjahr 01.06.2008 bis 31.05.2009 sei es zu finanziellen Unterdeckungen und daraus resultierend zu negativem Eigenkapital gekommen. Eine Steigerung der Umsatzerlöse, von denen 92,9 % auf Personalkosten entfallen seien, sei mit dem vorhandenen Personal nicht möglich gewesen. Diese Entwicklung habe sich auch im nächsten Geschäftsjahr fortgesetzt. Aufgrund der Kündigung habe der Kläger nach dem 31.12.2009 deshalb keine weiteren Pensionszuwächse mehr erzielen können.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urte...

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