Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahrung tariflicher Ausschlussfrist durch Klageerhebung und demnächst erfolgende Zustellung

 

Leitsatz (amtlich)

Die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen (1. Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist) kann auch durch Klageerhebung erfolgen. § 167 ZPO ist anwendbar.

 

Normenkette

ZPO § 167; TV-L § 37 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 17.12.2014; Aktenzeichen 56 Ca 18628/13)

 

Tenor

I.

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Dezember 2014 - 56 Ca 18628/13 - wird auf Kosten des beklagten Landes zurückgewiesen. Der Tenor des Urteils zu I. und zu II. wird zur Klarstellung wie folgt gefasst:

I. Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger für Juni 2013 nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4+ des TV-L in der für das Land Berlin jeweils gültigen Fassung zu vergüten und an den Kläger den sich aus der für Juni 2013 zu bezahlenden Vergütung und der für Juni 2013 bezahlten Vergütung ergebenden Differenzbetrag nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2014 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat das beklagte Land bei einem Gesamtstreitwert von 10.800,00 EUR zu tragen.

II.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch um Differenzentgelt für den Monat Juni 2013 vor dem Hintergrund der Frage, ob § 167 ZPO auf eine einstufige tarifliche Ausschlussfrist zur schriftlichen Geltendmachung von Ansprüchen Anwendung findet.

Der Kläger war aufgrund Arbeitsvertrages vom 01.07.1991 seit dem 01.01.1991 bei dem beklagten Land beschäftigt, zuletzt seit Januar 2008 als Angestellter im Außendienst mit Aufgaben im Allgemeinen Ordnungsdienst (AOD). Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand zuletzt der TV-L in der für das Land Berlin jeweils gültigen Fassung Anwendung, in dem hinsichtlich der tariflichen Ausschlussfrist das Folgende geregelt ist:

§ 37 Ausschlussfrist

(1) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit von den Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.

Nach den für das Arbeitsverhältnis des Klägers maßgeblichen Regelungen des TV-L war der Kläger, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, ab November 2010 entsprechend der Entgeltgruppe 9 einzugruppieren und zu vergüten. Tatsächlich wurde der Kläger zum 01.11.2010 vom beklagten Land in die Entgeltgruppe 6 eingruppiert.

Der Kläger machte zunächst mit außergerichtlichem Geltendmachungsschreiben seine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 des Tabellenentgelts nach TV-L geltend. Mit Klageschrift vom 18.12.2013, beim Arbeitsgericht im hiesigen Verfahren am 18.12.2013 eingegangen und dem beklagten Land am 07.01.2014 zugestellt, erhob er eine Eingruppierungsklage, mit der er unter anderem seine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 ab dem 01.11.2010 begehrte.

Das beklagte Land leistete, nachdem in mehreren Parallelverfahren entsprechende arbeitsgerichtliche Entscheidungen ergangen waren, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Verjährungsfristen und der Verfallfristen des § 37 TV-L Differenzentgelt an den Kläger nach Maßgabe seines Schreibens vom 25.09.2014 (Bl. 31 d. A.). Danach zahlte das Land an den Kläger für den Zeitraum vom 01.11.2010 bis zum 30.06.2013 Entgelt nach der Entgeltgruppe 8 Stufe 6+ und ab dem 01.07.2013 Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 4+. Für den Monat Juni 2013 verweigerte das beklagte Land eine Zahlung nach der Entgeltgruppe 9 unter Hinweis auf die tarifliche Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L und auf ihre Auffassung, dass die schriftliche Geltendmachung einer Eingruppierung nach Entgeltgruppe 9 erst mit Zustellung der Klageschrift an das beklagte Land am 07.01.2014 wirksam erfolgt sei. Der Anspruch auf das am 30.06.2013 fällige Differenzentgelt für den Monat Juni 2013 sei jedoch bereits am 31.12.2013 verfallen.

Der Kläger hat nach überwiegender Hauptsacheerledigung durch Zahlung des mit dem Schreiben des beklagten Landes vom 25.09.2014 angekündigten Differenzbetrags zuletzt noch die Zahlung von Differenzentgelt für den Monat Juni 2013 verlangt. Er meint, für die Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L genüge der rechtzeitige Eingang der Klage beim Arbeitsgericht noch im Dezember 2013, da bei der erfolgten "demnächstigen" Zustellung die Frist für die schriftliche Geltendmachung gemäß § 167 ZPO bereits mit Eingang der Klage bei Gericht gewahrt werde. Dabei hat sich der Kläger auf die Entscheidungen des BGH vom 17.07.2008 - I ZR 109/05 - und des Bundesarbeitsgerichts vom 22.05.2014 - 8 AZR 662/13 - gestützt.

Der Kläger hat zunächst beantragt,

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin/den Kläger für die Zeit ab dem Eingang des erstmaligen ordnungsgemäßen Geltendmachungsschreibens bei der Beklagten bis zum 31. Oktober 2010 nach d...

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