Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsabgeltung. langandauernde Erkrankung. Urlaubskasse. Urlaubsabgeltung bei langandauernde Erkrankung im Baugewerbe. Passivlegitimation der Urlaubskasse
Leitsatz (amtlich)
1. Anspruchsgegner des Urlaubvergütungsanspruchs ist nach BRTV-Bau die - jeweils zuständige - Urlaubskasse, nicht der Arbeitgeber.
2. Selbst wenn das System den Urlaubskostenverfahren in Bezug auf Abgeltungsansprüche für die Bezüge wegen Wegfall der Entgeltzahlungspflicht nicht (in vollem Umfang) geleistet wurde, so dass diese nur einen Bruchteil der Urlaubsvergütung für einen entsprechenden Zeitraum beträgt, mit der Arbeitszeitrichtlinie nicht zu vereinbaren wäre, würde dies einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs nicht begründet.
3. Einer Vorlage der Frage der Vereinbarkeit mit der jetzt geltenden europarechtlichen Regelungen, insbesondere der Grundrechtecharta bedürfte es nicht, weil das Arbeitsverhältnis der hiesigen Parteien zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des EU-Reformvertrages (01.12.2009) bereits beendet war (anders im Fall LAG Berlin-Brandenburg, Vorlagenbeschluss vom 16.06.2011 - 2 Sa 3/11 - "Reimann").
Normenkette
BUrlG § 13 Abs. 2; BRTV-Bau § 8; BUrlG § 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1; BRTV-Bau § 8 Nr. 6.2
Verfahrensgang
ArbG Cottbus (Entscheidung vom 28.09.2011; Aktenzeichen 2 Ca 795/11) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 28.09.2011 - 2 Ca 795/11 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien über Urlaubsabgeltungsansprüche für die Jahre 2007 und anteilig 2008, zuletzt beschränkt auf den gesetzlichen Mindesturlaub.
Der Kläger war bei der Beklagten, die dem Bauhauptgewerbe angehört, seit 1994 als Gasrohrnetzwerker, zuletzt als Vorarbeiter, gegen eine monatliche Durchschnittsvergütung von 2.458,90 EUR. Ab dem 25.09.2006 war er arbeitsunfähig krank und nicht mehr in der Lage, die bisherige Tätigkeit auszuüben. Bei einem Personalgespräch am 16.03.2007 verlangte er vergeblich die Beschäftigung auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz und machte Urlaubsansprüche geltend; letztere zu gewähren lehnte die Beklagte aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ab. Der Kläger bezog weiter Krankengeld und danach Anschlussarbeitslosengeld.
Das Arbeitsverhältnis endete nach einem am 10.03.2011 vor dem Landesarbeitsgericht, an das das Bundesarbeitsgericht den Kündigungsrechtsstreit zurückverwiesen hatte (2 AZR 88/09) abgeschlossenen (Abfindungs-)Vergleich aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung vom 15.10.2007 zum 31.03.2008.
Auf eine entsprechende Geltendmachung und Klage, die nachfolgend zurückgenommen wurde, rechnete die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (im Folgenden ULAK) mit dem Schreiben vom 05.05.2010 für das Jahr 2007 einen Entschädigungsanspruch für 30 Urlaubstage in Höhe von 78,02 EUR und für das Jahr 2008 - bis 31.03.2008 - für 8 Urlaubstage eine verfügbare Urlaubsvergütung von 94,20 EUR ab; die Beträge zahlte sie zu einem späteren Zeitpunkt an den Kläger aus.
Die Auszahlung erfolgte auf der Grundlage des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren allgemeinverbindlich erklärten Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV) vom 04.07.2002 i. d. F. vom 20.08.2007, der zum Urlaub Folgendes regelt:
"§ 8 Urlaub
1. Urlaubsanspruch und Urlaubsdauer
1.1 Der Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr (Urlaubsjahr) Anspruch auf 30 Arbeitstage bezahlten Erholungsurlaub.
1.2 Für Schwerbehinderte im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen erhöht sich der Urlaub um fünf Arbeitstage.
1.3 Samstage gelten nicht als Arbeitstage.
1.4 Die Urlaubsdauer richtet sich nach den in Betrieben des Baugewerbes zurückgelegten Beschäftigungstagen.
1.5 Erkrankt der Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Urlaub nicht angerechnet. Der Arbeitnehmer hat sich jedoch nach terminmäßigem Ablauf seines Urlaubs oder, falls die Krankheit länger dauert, nach deren Beendigung dem Betrieb zur Arbeitsleistung zur Verfügung zu stellen. Der Antritt des restlichen Urlaubs ist gemäß Nr. 3.1 festzulegen.
2. Ermittlung der Urlaubsdauer
2.1 Bei Urlaubsantritt sind die dem Arbeitnehmer zustehenden vollen Urlaubstage nach Maßgabe der Beschäftigungstage zu ermitteln.
2.2 Der Arbeitnehmer erwirbt nach jeweils 12 - als Schwerbehinderter nach jeweils 10,3 - Beschäftigungstagen Anspruch auf einen Tag Urlaub.
2.3 Beschäftigungstage sind alle Kalendertage des Bestehens von Arbeitsverhältnissen in Betrieben des Baugewerbes während des Urlaubsjahres. Ausgenommen hiervon sind Tage
- an denen der Arbeitnehmer der Arbeit unentschuldigt ferngeblieben ist,
- unbezahlten Urlaubs, wenn dieser länger als 14 Kalendertage gedauert hat,
- für die der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer weder Arbeitsentgelt noch Krankengeld oder Verletztengeld erhalten hat.
2.4 Volle Beschäftigungsmonate sind zu 30 Beschäftigungstagen zu zählen; die Beschäftigungstage eines angefa...