Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsausschluss im Leiharbeitsverhältnis. Unbegründete Klage eines Leiharbeitnehmers auf Schadensersatz und Schmerzensgeld bei unschlüssigen Darlegungen zur vorsätzlichen Herbeiführung des Arbeitsunfalls durch die Unternehmerin
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Anwendbarkeit der §§ 104 ff. SGB VII zur Haftung bei Arbeitsunfällen setzt nicht voraus, dass geschädigte Versicherte in einem Arbeitsverhältnis stehen; der Haftungsausschluss gemäß § 104 SGB VII erstreckt sich auch auf diejenigen Beschäftigten, die nicht zur Stammbelegschaft des Unternehmens gehören, sondern dort "wie" Beschäftigte (§ 2 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) tätig werden, wozu insbesondere auch solche in einem Leiharbeitsverhältnis gehören.
2. Der Haftungsausschluss gem. § 104 SGB VII setzt voraus, dass Beschäftigte in dem Betrieb vorübergehend eingegliedert sind; dafür kommt es entscheidend darauf an, ob die Geschädigten Aufgaben des anderen Unternehmens wahrgenommen und die Förderung der Belange dieses Unternehmens ihrer Tätigkeit auch im Übrigen das Gepräge gegeben haben, so dass sie wie Beschäftigte dieses Unternehmens i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII tätig geworden sind.
3. Bei einer echten Leiharbeit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Tätigkeit der leihweise Beschäftigten dazu bestimmt ist, die Zwecke des fremden Betriebs zu fördern, und sie dem Weisungsrecht des entleihenden Unternehmens unterliegen.
4. Allein der Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften indiziert kein vorsätzliches Verhalten; ein Arbeitsunfall wird nur dann vorsätzlich herbeigeführt, wenn er gewollt ist und für den Fall seines Eintritts gebilligt wird.
5. Auch wenn Unfallverhütungsvorschriften missachtet werden, kann daraus nicht geschlossen werden, dass der Arbeitsunfall gewollt und für den Fall seines Eintritts gebilligt wird; wer vorsätzlich eine zugunsten der Beschäftigen bestehende Schutzvorschrift missachtet, will meistens nicht die Schädigung und den Arbeitsunfall der Beschäftigten selbst sondern hofft, dass diesen kein Unfall widerfahren wird.
Normenkette
SGB VII §§ 104, 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 12.03.2013; Aktenzeichen 34 Ca 19877/12) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. März 2013 - 34 Ca 19877/12 - wird im Übrigen zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem Arbeitsunfall, den der Kläger auf einer Baustelle der Beklagten am 27.02.2009 erlitten hat. Die Beklagte hatte den Kläger, der auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 24.02.2009 (Bl. 11 ff. d. A.) bei der L. Personalleasing e.K. beschäftigt war, die die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung betreibt, für ihr Bauvorhaben am Tempelhofer H. entliehen.
Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 12.03.2013, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien Bezug genommen wird, die Klage auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes und auf Feststellung des Anspruchs auf Ersatz aller materiellen und immateriellen Schäden abgewiesen. Zur Begründung hat es - soweit für das Berufungsverfahren noch relevant - ausgeführt, der Kläger habe schon deshalb keinen Anspruch darauf, von der Beklagten als Entleiherin Ersatz für seine Personenschäden zu erhalten, da entsprechende Schadensersatzansprüche nach den Regelungen der §§ 104 ff. SGB VII, die auf den vorliegenden Arbeitsunfall auch im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten Anwendung finden würden, ausgeschlossen seien. Eine vorsätzliche Unfallverursachung durch die Beklagte sei angesichts des unstreitigen Unfallhergangs abwegig.
Gegen dieses, dem Kläger am 21.03.2013 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung, die er mit einem beim Landesarbeitsgericht am 12.04.2013 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 19.04.2013 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Der Kläger vertritt auch in der Berufungsinstanz die Auffassung, die Regelungen der §§ 104 ff. SGB VII seien nach ihrem Sinn und Zweck nicht auf die vorliegende Vertragskonstellation anzuwenden. Denn nicht die Beklagte, sondern sein Vertragsarbeitgeber, der nach dem Arbeitsvertrag auch den Lohn zu zahlen gehabt habe, habe die Beiträge in die Unfallversicherung eingezahlt. Weiterhin trägt er vor, aufgrund der arbeitsvertraglichen Regelungen sei er nicht in den Betrieb der Beklagten eingegliedert gewesen. Vielmehr sei sein Vertragsarbeitgeber berechtigt gewesen, ihn jederzeit von der Baustelle abzuberufen. An dem Unfall treffe den Kläger kein Selbstverschulden. Vielmehr habe die Beklagte die entsprechenden DIN-Normen über fahrbare Arbeitsbühnen nicht eingehalten und ihn auch nicht ordnungsgemäß vor Aufnahme der Tätigkeit in der Baustelle eingewiesen.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt zuletzt,
unter Abänderung des...