Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung eines Arbeitsverhältnisses. Modifikation einer unzulässig kurzer in eine zulässige längere Befristung. Hochschulrechtlicher Typenzwang

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es erscheint denkbar, die unzulässig kurze Befristung des Arbeitsvertrages eines wissenschaftlichen Mitarbeiters einer Hochschule (3 Jahre) im Wege der richterlichen Billigkeitskontrolle bzw. gemäß § 140 BGB in eine zulässige längere Befristung (5 Jahre) zu modifizieren.

2. Auf eine solche, Modifikation kann sich die Hochschule jedoch angesichts des hochschulrechtlichen Typenzwanges dann nicht berufen, wenn der als wissenschaftlicher Angestellter beschäftigte Wissenschaftler in Wahrheit dem Typus des Hochschulassistenten entspricht.

 

Normenkette

BGB § 620; HRG § 42; BerlHG §§ 139, 144

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 10.04.1986; Aktenzeichen 20 Ca 152/85)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.01.1988; Aktenzeichen 7 AZR 53/87)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. April 1986 – 20 Ca 152/85 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen, wobei der Urteilsausspruch wie folgt neu gefaßt wird:

Es wird festgestellt, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten, ob der zwischen ihnen bestehende Arbeitsvertrag wirksam befristet worden oder als unbefristet anzusehen ist. Diesem Streit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger, der die britische Staatsangehörigkeit besitzt und im Jahre 1980 in Großbritannien eine der Promotion entsprechende wissenschaftliche Qualifikation erworben hat, bewarb sich mit einem Schreiben vom 6. Februar 1982 auf eine von der Beklagten im Januar 1982 ausgeschriebene Stelle für einen wissenschaftlichen Mitarbeiter im Institut für englische Philologie des Fachbereichs „Neuere Fremdsprachliche Philologien”. Als Einstellungsvoraussetzung war in der Stellenausschreibung die Promotion im Fach englische Philologie angegeben. Weiterhin enthielt die Stellenausschreibung den Hinweis, daß die Stelle auf 5 Jahre befristet sei und dem Mitarbeiter Gelegenheit zur wissenschaftlichen Weiterqualifikation gegeben werde. In seinem Bewerbungsschreiben wies der Kläger darauf hin, daß er auch an wissenschaftlicher Weiterqualifikation (z.B. Habilitation) interessiert sei. Wegen des Textes der Ausschreibung und des Bewerbungsschreibens des Klägers wird auf die eingereichten Kopien Bezug genommen (vgl. Bl. 18, 19 d.A.). Nach einem Gespräch mit Prof. … dem der wissenschaftliche Mitarbeiter zugeordnet werden sollte, fiel die Wahl auf den Kläger. Prof. … ging seinerzeit von der Prognose aus, daß der Kläger für die von ihm beabsichtigte Habilitation 5 Jahre benötigen werde.

Noch vor dem Abschluß des Arbeitsvertrages teilte die Beklagte dem Kläger unter Hinweis auf § 15 Abs. 3 WissMAVO mit, daß mit ihm lediglich ein auf 3 Jahre befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen werden könne, da seine in der Zeit vom l. Oktober 1974 bis 30. September 1976 an der Universität Erlangen zurückgelegte Tätigkeit auf die Höchstdauer der Beschäftigung eines wissenschaftlichen Mitarbeiters anzurechnen sei. Darauf erwiderte der Kläger mit einem Schreiben vom 21. März 1983, in dem er darauf hinwies, daß seine Tätigkeit an der Universität Erlangen lange zurückliege und mit der eines wissenschaftlichen Mitarbeiters im Sinne des neuen Hochschulrechtes überhaupt nicht vergleichbar gewesen sei. Die Beklagte verblieb jedoch bei ihrem Standpunkt, so daß die Parteien unter dem 31. März 1983 einen Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. April 1983 bis zum 31. März 1986 schlossen. Auf den Inhalt dieses Arbeitsvertrages wird Bezug genommen (vgl. Bl. 5 d.A.).

In Ausführung dieses Arbeitsvertrages hat der Kläger für Prof. … an zahlreichen Forschungsaufträgen mitgearbeitet und Übersetzungsarbeiten geleistet, pro Semester eine 2-stündige Lehrveranstaltung abgehalten und außerdem eigene Forschungstätigkeit entfaltet. Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger die Hälfte seiner Dienstzeit für die eigene Forschung zur Verfügung gestellt worden ist. Übereinstimmend gehen die Parteien davon aus, daß die vom Kläger beabsichtigte Habilitation in 3 Jahren nicht zu bewältigen ist.

Nachdem der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages auf den 31. März 1986 geltend gemacht hatte, bot die Beklagte dem Kläger im Laufe des Rechtsstreits den Abschluß eines weiteren Vertrages an, der bei gleichen Arbeitsbedingungen bis zum 31. März. 1988 befristet ist. Dieses Angebot hat der Kläger unter dem Vorbehalt der Wirksamkeit der Befristung des ursprünglichen Arbeitsvertrages angenommen.

Der Kläger hat behauptet, er hätte die Habilitation möglicherweise in 5 Jahren bewältigen können, wenn er bei Aufnahme seiner Tätigkeit im April 1983 von vornherein für 5 Jahre hätte planen können. Im Hinblick auf seine durch die Mitarbeit an Forschungsprojekten von Prof. … bedingte Arbeitsbelastung habe er erst Ende 1985 einen Plan fertigstellen können, w...

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