Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung von Arbeitsverträgen bei Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Arbeit
Leitsatz (amtlich)
Der Sozialhilfeträger kann unter den Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 BSHG mit dem Hilfesuchenden auch befristete Arbeitsverträge rechtswirksam abschließen.
Normenkette
BGB § 620; BSHG § 19
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 04.07.1997; Aktenzeichen 94 Ca 10272/97) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 04. Juli 1997 – 94 Ca 10272/97 – wie folgt abgeändert:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die 1958 geborene Klägerin, die vor ihrer Einstellung bei dem beklagten Land ergänzende Sozialhilfe bezog, war zunächst aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18. August 1995 in der Zeit vom 1. September 1995 bis zum 31. August 1996 beim Bezirksamt … von Berlin, Abteilung Soziales und Gesundheit, als Verwaltungsangestellte tätig und in die Vergütungsgruppe IX der Anlage 1a zum BAT eingruppiert. In § 1 des genannten Vertrages heißt es u.a.:
„Die Angestellte wird aufgrund des § 19 Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) für zusätzliche gemeinnützige Arbeiten als vollbeschäftigte Angestellte eingestellt.”
Die Klägerin erhielt eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 3.400,– DM. Am 14. August 1996 schlössen die Parteien unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. September 1996 bis zum 28. Februar 1997, der am 11. September 1996 (Bl. 19 d.A.) durch eine Nebenabrede ergänzt worden ist, die folgenden Inhalt hat:
„Das Bezirksamt gibt seine Zustimmung zur Teilnahme an einer berufsbegleitenden Weiterbildung im Bereich „Büro und Verwaltung” bei dem Träger „Eingliederungshilfe e.V.” für den Zeitraum vom 10. September 1996 bis 28. Februar 1997.
Hierfür wird der Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Bezüge von seiner regulären Arbeit freigestellt.
Der Unterricht wird an bestimmten Tagen, die dem Stundenplan zu entnehmen sind, ganztägig in der Zeit von 8.00 Uhr bis 16.12 Uhr/16.30 Uhr durchgeführt.
Die regelmäßige Teilnahme ist Pflicht und wird als Arbeitszeit gewertet.
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich im Falle einer Erkrankung oder eines Fernbleibens aus anderen Gründen bis 9.00 Uhr des ersten Fehltages bei dem Bezirksamt als auch bei „Eingliederungshilfe e.V.” zu melden.
Wird dieses vom Arbeitnehmer versäumt, gilt dies als unentschuldigtes Fehlen.
Bei Fehlzeiten mit einem Anteil von mehr als 20 % muß eine weitere Teilnahme durch das Bezirksamt abgelehnt werden.
- Dem Arbeitnehmer kann Urlaub nur außerhalb der für die Weiterbildung vorgesehenen Tage gewährt werden.
- Der Arbeitnehmer ist gehalten, sich an die bestehende Betriebsordnung und an das Hinweisblatt zur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach § 19 BSHG zu halten. Sollte es, zu Verstößen oder zu unangemessenem Verhalten kommen, wird das Bezirksamt durch „Eingliederungshilfe e.V.” informiert.”
In der Zeit vom 1. September bis 30. November 1995 war die Klägerin in der Poststelle der Abteilung Sozialwesen beschäftigt und hatte dort Mappen und Briefe zu sortieren sowie das Schriftgut mit dem Aktenwagen auszufahren. In der vom 1. Dezember 1995 bis zum 31. Januar 1996 wurde die Klägerin in der Büroleitung der Abteilung Sozialwesen mit Büroleiterhilfsarbeiten und Registraturarbeiten beauftragt. Vom 1. Februar bis zum 31. August 1996 war die Klägerin in der Sozialdatei (SODA) mit dem Eingeben von Datensätzen in das PC-System beschäftigt.
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 14. März 1997 eingegangenen und dem Beklagten am 8. April 1997 zugestellten Klage hat sich die Klägerin gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gewandt und die Auffassung vertreten, daß ein sachlicher Grund für die Befristung ihres Arbeitsvertrages nicht vorgelegen habe. Bei den von ihr ausgeübten Tätigkeiten habe es sich um allgemeine Arbeiten im Bürobetrieb gehandelt, die auch als Daueraufgaben weiterhin zu erledigen seien, zumal ihr Arbeitsplatz seit dem 1. März 1997 durch eine andere Kraft wieder besetzt worden sei. Beim Abschluß des zweiten befristeten Arbeitsvertrages sei auch von der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen keine Rede gewesen. Es treffe auch nicht zu, daß die Beschäftigung in der Sozialdatei (SODA) nicht mehr weitergeführt werde.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß ihr Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 28. Februar 1997 hinaus unbefristet fortbesteht.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß sich der Befristungsgrund bereits aus § 19 Abs. 2 Satz 2 BSHG ergebe. Der zweite Arbeitsvertrag sei nur zum Zwecke der Weiterbildung der Klägerin im Bereich „Büro und Verwaltung” bei dem Träger „Eingliederungshilfe e.V.” abgeschlossen worden. Damit habe die Eingliederung der Klägerin in das normale Arbeitsleben sinnvoll gefördert werden sollen. Nach der Einführung der Standardsoftware Prosoz sei...