Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB bei Grundstückserwerb
Leitsatz (amtlich)
1. Findet eine Eigentumsübertragung an einem Grundstück, das mit vermieteten Gebäuden bebaut ist, aufgrund einer Vereinbarung der Beteiligten und aufgrund eines Zuordnungsbescheides nach § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG statt, so geht das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers, der beim bisherigen Eigentümer im Rahmen der Verwaltung und Instandhaltung beschäftigt ist, auf den neuen Eigentümer gem. § 613 a BGB dann nicht über, wenn der bisherige Eigentümer mit Duldung des Erwerbers die wirtschaftliche Einheit Verwaltung in dessen Namen mit dem vorhandenen Personal weiter ausführt.
2. Wird die Verwaltung und Instandhaltung in der Folgezeit mit Zustimmung aller Beteiligten einem Drittunternehmen übertragen, so geht das Arbeitsverhältnis dadurch nicht allein deswegen auf den Grundstückseigentümer über, weil der Dritte die Verwaltung in dessen Auftrag und in dessen Namen, aber mit Hilfe einer eigenen Betriebsorganisation und eigenen Personals ausführt. Ob in diesem Falle ein Betriebsübergang auf den Dritten vorliegt, bleibt unentschieden.
Normenkette
BGB § 613a; EWGRL 187/77; ArbGG § 64 Abs. 2; ZPO § 62 Abs. 1, § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 21.01.1997; Aktenzeichen 54 Ca 6341/96) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. Januar 1997 – 54 Ca 6342/96 – teilweise abgeändert:
Im Umfang der gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Klage auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zu ihr wird diese in vollem Umfang abgewiesen.
II. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten erster Instanz tragen die Klägerin zu 3/4 und die Beklagte zu 1) zu 1/4; die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
IV. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten – soweit noch im Berufungsverfahren von Interesse – darüber, ob das mit der ehemaligen Beklagten zu 1) (im folgenden: Beklagte zu 1]) begründete Arbeitsverhältnis der Klägerin im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.
Seit dem 06. Januar 1993 war die Klägerin als kaufmännische Angestellte auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom selben Tag bei der Beklagten zu 1) beschäftigt. Diese hatte sich ursprünglich im wesentlichen mit dem Handel von Kraftfahrzeugen und entsprechenden Dienstleistungen im Kfz-Gewerbe befaßt. Sie verfügte dazu unter der Adresse Sewanstraße 2 in Berlin-Lichtenberg über ein größeres Grundstück (nach Angaben der Klägerin von ca. 5 ha), das mit mehreren Gebäuden bebaut ist.
Ende April 1993 beschloß die Beklagte zu 1) ihre Auflösung und die Einleitung der Liquidation. Ihren bisherigen Geschäftsbetrieb gab sie auf und befaßte sich im Rahmen der Abwicklung nunmehr mit der Verwaltung und der Instandhaltung ihres Grundbesitzes, was insbesondere die Betreuung der zahlreichen Mietverträge (nach Angaben der Klägerin ca. 80), die sie hinsichtlich ihrer Immobilien geschlossen hatte, mit einschloß. Die Beklagte zu 1) beschäftigte dazu neben der Klägerin zuletzt noch vier weitere Arbeitnehmer.
Am 03. November 1995 kam zwischen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) unter Mitwirkung der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (im folgenden abgekürzt: BvS) eine Vereinbarung zur Übertragung von Liegenschaften aus BvS-Unternehmen in das Eigentum der TLG auf der Grundlage der §§ 2 Abs. 1 Satz 6, 7 Abs. 4 Satz 2 VZOG zustande, die die Eigentumsübertragung der in der Anlage 1 bezeichneten Flurstücke der Objektadresse Sewanstraße 2 zum Gegenstand hat; darin wurde unter anderem folgendes geregelt:
§ 1
Vermögenszuordnungsgegenstand
(1)
Die Gesellschaft und die TLG sind sich darüber einig, daß das Eigentum an dem in der Anlage 1) bezeichneten Grundbesitz und/oder der Gebäude per Vermögenszuordnungsbescheid auf die TLG Treuhand Liegenschaftsgesellschaft mbH übertragen wird. Ausgenommen von dem Vermögenszuordnungsverfahren ist nicht zuordnungsfähiges Vermögen, z.B. Aufbauten ohne Grund und Boden, soweit nicht Gebäudeeigentum vorliegt, das ohne Vermögenszuordnungsbescheid in das Eigentum der TLG übergeht (bereits jetzt bekannte Objekte sind in der Anlage 1 mit *), gekennzeichnet).
(2)
Die Parteien beantragen unwiderruflich bei dem Präsidenten
der Bundesanstalt für Vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, Direktor Vermögenszuordnung/Kommunalisierung, die Vermögenszuordnung des in der Anlage 1) bezeichneten Grundbesitzes und/oder der Gebäude auf die TLG. Die Vorlage des Antrages bei der BvS obliegt der TLG.
§ 3
Besitzübergang/Arbeitsverhältnisse
(1)
Der Besitz an jedem einzelnen Gegenstand der Vermögensübertragungsvereinbarung geht am 1. des dritten Monats nach Stellung des Antrages auf Vermögenszuordnung auf die TLG über, unabhängig davon, ob der Vermögenszuordnungsbescheid erlassen wurde („Stichtag”). Der BvS-Direktor Vermögenszuordnung/Kommunalisierung wird die Gesellschaft und die TLG, Abt. Z LA, mittels Übersendung...