Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung des Arbeitsverhältnisses einer Lehrerin. „Gesamtvertretungsbedarf”
Leitsatz (amtlich)
1) Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses mit einer Lehrerin unter Hinweis auf den sog. Gesamtvertretungsbedarf läßt sich sachlich nur unter eingeschränkten Voraussetzungen und insbesondere dann nicht sachlich rechtfertigen, wenn der „Gesamtvertretungsbedarf” schultypübergreifend, d.h. für sämtliche Lehrer(innen) des Landes Berlin ermittelt wird und darüber hinaus deutlich wird, daß der Befristung in Wahrheit weniger ein Vertretungsbedarf als vielmehr stellenwirtschaftliche Gründe zugrunde liegen.
2) Schließt eine Lehrerin eines unwirksam befristeten Vollzeitarbeitsvertrages unter dem Vorbehalt der Überprüfung jener Befristung einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag auf der Basis von 2/3 einer Vollzeitbeschäftigung, dann kann ihr nicht entgegengehalten werden, sie hätte den Vorbehalt auch ausdrücklich auf die Wahrung der Vollzeitbeschäftigung ausdehnen müssen.
Normenkette
BGB § 620
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 13.12.1996; Aktenzeichen 90 Ca 23831/96) |
Tenor
I. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 13.12.1996 – 90 Ca 23831/96 – Wird auf seine Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Entscheidungsausspruch wie folgt lautet:
Es wird festgestellt, daß das zwischen der Klägerin und dem beklagten Land begründete Arbeitsverhältnis mit einer Vollzeitbeschäftigung, das heißt einer Pflichtstundenzahl von zur Zeit 23 pro Woche, unbefristet fortbesteht.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin auf den 3. August 1996. Diesem Streit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin ist aufgrund von mehreren befristeten Arbeitsverträgen seit dem 11. Oktober 1993 bei dem beklagten Land als Lehrkraft für Deutsch und Kunst beschäftigt. Nachdem die Parteien unter dem 4. November 1993 einen auf den 13. Juli 1994 befristeten Arbeitsvertrag (vgl. Bl. 6 d.A.) und unter dem 11. Juli 1994 einen auf den 12. August 1995 befristeten „Zusatzvertrag” zu dem vorangegangenen Arbeitsvertrag (vgl. Bl. 7 d.A.) geschlossen hatten, schlossen sie unter dem 11. August 1995 einen auf den 3. August 1996 befristeten Arbeitsvertrag, der unter § 7 die Bestimmung enthält, die Klägerin werde vom 13. August 1995 bis 3. August 1996 als Vertretung für die im Erziehungsurlaub befindliche Frau Uta Streubel mit voller Stundenzahl weiterbeschäftigt. Auf den sonstigen Inhalt dieses Arbeitsvertrages wird Bezug genommen (vgl. Bl. 8 d.A.).
Nachdem das Landesschulamt des beklagten Landes der Klägerin mit Schreiben vom 29. Mai 1996 (vgl. Bl. 9 d.A) mitgeteilt hatte, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin nach Ablauf des Erziehungsurlaubs von Frau S. am 2. Juni 1996 ende, schlossen die Parteien unter dem 31. Mai/17. Juni 1996 einen „Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag vom 11. August 1996”, wonach die Klägerin „für die Dauer des Mutterschutzes von Frau K. über den 1. Juni 1996 bis längstens 3. August 1996 weiterbeschäftigt” wird und das Arbeitsverhältnis am 3. August 1996 endet, ohne daß es einer Kündigung bedarf (vgl. Bl. 15 d.A.).
Die Lehrerin S. war zwar am … Gymnasium des Bezirks … beschäftigt, hatte jedoch nie die Fächer Deutsch und Kunst unterrichtet. Demgegenüber war die Lehrerin K. am … Gymnasium des im Westteil von Berlin gelegenen Bezirkes … beschäftigt, wo sie unter anderem das Fach „Leibesübungen” unterrichtete.
In den mit der Klägerin abgeschlossenen Arbeitsverträgen war jeweils die Geltung des BAT-O vereinbart und die Klägerin war in die Vergütungsgruppe III BAT-O eingruppiert.
Mit ihrer am 24. Juni 1996 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und dem beklagten Land am 21. August 1996 zugestellten Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses auf den 3. August 1996 geltend gemacht.
Unter dem 2. August 1996 schlossen die Parteien einen für die Zeit vom 4. August 1996 bis zum 2. August 1997 befristeten Arbeitsvertrag, wonach die Klägerin nicht mehr vollbeschäftigt, sondern mit 15 von 23 Pflichtwochenstunden teilzeitbeschäftigt wird. In diesem Arbeitsvertrag, auf dessen Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird (vgl. Bl. 19/20 d.A.), ist bestimmt, daß die Klägerin als „Aushilfsangestellte” für die Dauer der Beurlaubung der an der 2. OG beschäftigten Lehrerin S. beschäftigt wird. Nach den weiteren Bestimmungen des Arbeitsvertrages soll der „Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT, BAT-O) mit den diesen ergänzenden ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung” Anwendung finden. Gleichzeitig ist festgelegt, daß die Klägerin eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IIa BAT-O erhält.
Gleichzeitig mit der Unterzeichnung dieses Arbeitsvertrages unterzeichneten die Klägerin und ein Vertreter des beklagten Landes einen Vorbehalt, der wie folgt lautet:
„Die Unterzeichnung des vorliegenden Arbeitsvertrages bedeutet nicht, daß ich die...