Zulassung: keine
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhaltensbedingte Tat- und Verdachtskündigung. Beweiswürdigung
Leitsatz (redaktionell)
Steht der vom Arbeitgeber für eine Verdachtskündigung behauptete tatsächliche Geschehensablauf nicht zur Überzeugung der Kammer fest, so kann ein hierauf gestützter Verdacht die Kündigung nicht sozial rechtfertigen.
Normenkette
KSchG § 1; ZPO § 286
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Teilurteil vom 08.11.2000; Aktenzeichen 36 Ca 18918/00) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 08. November 2000 – 36 Ca 18918/00 – wird unter Einschluss des Auflösungsantrags der Beklagten zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat 20 von Hundert und die Beklagte 80 von Hundert der Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens zu tragen.
Die Entscheidung über die Kosten des ersten Rechtszugs bleibt dem Schlussurteil des Arbeitsgerichts vorbehalten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in dem Berufungsverfahren über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses sowie über einen Aufhebungsantrag der Beklagten.
Die Beklagte betreibt eine Spielbank. Sie beschäftigte den am 30. Dezember 1951 geborenen Kläger, der verheiratet ist und für ein Kind zu sorgen hat, seit dem 1. Januar 1977 zuletzt als Sous-Chef gegen eine monatliche Bruttovergütung von durchschnittlich umgerechnet 5.113,–EUR.
Der Zeuge Sch., ein Mitarbeiter der Beklagten, teilte dem Saalchef der Beklagten L. am 18. Dezember 1998 mit, er habe beobachtet, wie der als Croupier eingesetzte Kläger einem Gast Jetons verdeckt zugeschoben habe. Herr L. unterrichtete die damalige Geschäftsleitung von dieser Mitteilung, die daraufhin entschied, den Kläger beobachten zu lassen. Die Überwachung des Klägers führt zu keinem Ergebnis. Die Beklagte erstattete daraufhin anlässlich des von dem Zeugen Sch. angeblich beobachteten Geschehens Strafanzeige gegen unbekannt; eine Anhörung des Zeugen Sch. durch die Beklagte erfolgte nicht. Das Ermittlungsverfahren wurde zunächst eingestellt, nachdem der Zeuge Sch. dem ermittelnden Beamten in einem ungefähr sechs Monate nach dem Vorfall geführten Telefongespräch mitteilte, er wolle sich nicht einmischen und nicht aussagen. Die Beklage verfolgte die Angelegenheit daraufhin zunächst nicht weiter und setzte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger unverändert fort. Der Kläger wurde von den angeblichen Beobachtungen des Zeugen Sch. nicht unterrichtet.
Der Kläger vertrat am 29. Mai 2000 zwischen 21.15 Uhr und 21.30 Uhr den Tisch-Chef. Während dieser Zeit soll ein Croupier einem Gast Jetons zugesteckt haben, wobei die Beklagte den Kläger verdächtigt, er sei an diesem Vorgang beteiligt gewesen. Eine zunächst erfolgte Suspendierung des Klägers wurde nach dessen Anhörung zunächst aufgehoben. Der Zeuge Sch. erklärte sich im Anschluss daran bereit, nunmehr zu dem angeblichen Vorfall vom 18. Dezember 1998 auszusagen.
Die Beklagte hörte den in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat mit am 22. Juni 2000 überreichten Anhörungsschreiben (Kopie Bl. 23 ff. d.A.) zu einer beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers an. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Betriebsrat sich hierzu ausdrücklich geäußert hat.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis durch Schreiben vom 27. Juni 2000 fristlos sowie durch Schreiben vom 29. Juni 2000, das der Kläger am gleichen Tage erhielt, hilfsweise fristgemäß zum 31. Oktober 2000.
Mit seiner der Beklagten am 20. Juli 2000 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen die ausgesprochenen Kündigungen gewandt und Vergütungsansprüche geltend gemacht; die zunächst erhobene Klage auf vorläufige Weiterbeschäftigung hat der Kläger in dem hiesigen Berufungsverfahren zurückgenommen. Der Kläger hat die Berechtigung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestritten und in Abrede gestellt, dass die Beklagte den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigungen ordnungsgemäß angehört habe.
Die Beklagte hat demgegenüber die Kündigungen für wirksam gehalten. Sie hat behauptet, der Kläger habe am 18. Dezember 1998 einem Gast bei einem Wechselvorgang pflichtwidrig Jetons zugesteckt; jedenfalls bestehe der dringende Verdacht einer derartigen Tat. Diesen Vorgang habe sie erst zum Anlass für eine Kündigung nehmen können, nachdem der Zeuge Sch. zu einer Aussage bereit gewesen sei. Anlässlich des Vorfalls vom 29. Mai 2000 bestehe der dringende Verdacht gegen den Kläger, an der Manipulation des Croupiers beteiligt gewesen zu sein. Der Kläger habe genau während des Vorfalls seinen Tisch-Chefstuhl verlassen und einer Mitarbeiterin eine Arbeitsanweisung erteilt, für die es keine Veranlassung gegeben habe. Nachdem der Kläger abgelöst worden sei, habe auch der Gast, dem die Jetons zugesteckt worden seien, den Tisch verlassen.
Das Arbeitsgericht hat durch ein am 8. November 2000 verkündetes Teilurteil festgestellt, dass das Ar...