Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsgeld bei Erziehungsurlaub. Ausschluss von Mutterschutzfristen im Rahmen der Bestimmung der Anspruchsvoraussetzungen
Leitsatz (amtlich)
Befindet sich die Angestellte zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Zahlung des tariflichen Urlaubsgeldes im Erziehungsurlaub und kehrt sie davon im Kalenderjahr nicht mehr zurück, so verstößt es gegen Art. 141 EGV, bei der Festlegung der Anspruchsvoraussetzungen, wonach es ausreichend ist, dass für einen bestimmten, vorherigen Zeitraum ein Anspruch auf Bezüge bestanden hat, Zeiten des Bezugs des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte-O (TV-UrlGeld Ang-O) § 1; MuSchG §§ 13-14; EGVtr Art. 141
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 03.07.2000; Aktenzeichen 60 Ca 4470/00) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. Juli 2000 – 60 Ca 4470/00 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Zahlung eines tariflichen Urlaubsgeldes.
Seit dem 1. August 1998 steht die Klägerin als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis in den Diensten des beklagten Landes. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Bestimmungen des Tarifvertrags zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) sowie die diesen ergänzenden Tarifverträge Anwendung.
In der Zeit ihrer Tätigkeit gegen Zahlung der vollen Bezüge bis zum 15. März 1999/17. März 1999 folgte seit dem 16. März 1999/18. März 1999 die des Beschäftigungsverbots nach §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG. In dieser Zeit zahlte das beklagte Land der Klägerin den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld gemäß § 14 MuSchG. Nach Beendigung der Mutterschutzfristen am 27. Juni 1999 nahm die Klägerin seit dem 28. Juni 1999 Erziehungsurlaub in Anspruch, der bis zum 31. Januar 2000 andauerte.
Mit Schreiben vom 4. November 1999 machte die Klägerin gegenüber dem beklagten Land einen Anspruch auf Zahlung des tariflichen Urlaubsgeldes geltend. Dazu heißt es in dem im Streitfall maßgeblichen Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 10. Dezember 1990 (TV UrlGeld Ang-O) in § 1 Abs. 1 wie folgt:
§ 1 Abs. 1 TV Urlaubsgeld Ang-O lautet:
„Der Angestellte erhält in jedem Kalenderjahr ein Urlaubsgeld, wenn er
- am 1. Juli im Arbeitsverhältnis steht und
- seit dem 1. Januar ununterbrochen als Angestellter … im öffentlichen Dienst gestanden hat und
- mindestens für einen Teil des Monats Juli Anspruch auf Vergütung, Urlaubsvergütung oder Krankenbezüge hat.
Ist die Voraussetzung des Unterabsatzes 1 Nr. 3 wegen Ablaufs der Bezugsfristen für die Krankenbezüge, wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld, oder wegen der Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz nicht erfüllt, genügt es, wenn ein Anspruch auf Bezüge für mindestens drei volle Kalendermonate des ersten Kalenderhalbjahres bestanden hat.
Ist nur wegen des Bezugs von Mutterschaftsgeld oder wegen der Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs nach dem Bundeserziehungsgeldgesetzt auch die Voraussetzung des Unterabsatzes 2 nicht erfüllt, ist dies unschädlich, wenn die Arbeit in unmittelbarem Anschluss an den Ablauf der Schutzfristen bzw. an den Erziehungsurlaub – oder lediglich wegen Arbeitsunfähigkeit oder Erholungsurlaub später als am ersten Arbeitstag nach Ablauf der Schutzfristen bzw. des Erziehungsurlaubs – in diesem Kalenderjahr wieder aufgenommen wird.”
Da das beklagte Land die Zahlung mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 ablehnte, verfolgt die Klägerin diesen Anspruch mit der vorliegenden Klage weiter. Sie hat die Auffassung vertreten, sie erfülle die Voraussetzungen der tariflichen Regelung, da der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld auch unter dem Begriff Bezüge im Sinne des § 1 Abs. 1 UAbs. 2 TV UrlGeld Ang-O falle, ansonsten wäre die Regelung wegen Diskriminierung der weiblichen Angestellten nichtig.
Das beklagte Land ist dem entgegengetreten.
Durch ein am 3. Juli 2000 verkündetes Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage mit dem Antrag,
das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 500,– DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 15. Januar 2000 zu zahlen
stattgegeben. Der Anspruch sei gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ein Anspruch mit Lohnersatzcharakter. Dementsprechend sei er als Entgelt im Sinne des Art. 119 EGV anzusehen. Dies rechtfertige es, den Begriff der Bezüge im Sinne des § 1 Abs. 1 UAbs. 2 TV-UrlGeld Ang-O so auszulegen, dass darunter auch der Zuschuss nach § 14 MuSchG falle. Wegen der werteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das dem beklagten Land am 15. September 2000 zugestellte Urteil richtet sich seine beim Landesarbeitsgericht am Montag, dem 16. Oktober 2000, eingegangene Berufung, die es ...