Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellungsanspruch im Falle eines gegen den Bewerber gerichteten, laufenden Strafverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Es ist einer Hochschule des öffentlichen Rechts nicht verwehrt, die Einstellung eines Bewerbers für eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter allein im Hinblick auf ein laufendes Strafverfahren wegen des gegen ihn gerichteten Vorwurfs der vorsätzlichen falschen eidesstattlichen Versicherung abzulehnen, auch wenn die sonstigen Einstellungsvoraussetzungen gegeben sind.
In diesem Fall ist die Hochschule im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums berechtigt, die Einstellung davon abhängig zu machen, dass das Strafverfahren zugunsten des Bewerbers beendet wird.
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 2
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. März 2004 – 96 Ca 435/04 – wird unter Abweisung ihres Hilfsantrags auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, mit der Klägerin einen Arbeitsvertrag abzuschließen.
Die Klägerin befindet sich in ihrem juristischen Vorbereitungsdienst als Referendarin.
Nachdem die Klägerin an der juristischen Fakultät der Beklagten schon als Lehrbeauftragte und Korrekturassistentin tätig gewesen war, bewarb sie sich aufgrund einer Ausschreibung der Beklagten, wonach eine Viertel-Stelle zur wissenschaftlichen Mitarbeit an der juristischen Fakultät, Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Urheberrecht, am Institut für Kriminalwissenschaften zum 1. November 2003 zu besetzen war. Es fand dazu am 28. Oktober 2003 mit dem Lehrstuhlinhaber, Prof. Dr. H., ein Bewerbungsgespräch statt, aufgrund dessen dieser der Klägerin unter dem 30. Oktober 2003 mitteilte, dass er an ihrer Einstellung interessiert sei.
Am 5. November 2003 wurde der Klägerin ein Strafbefehl des Amtsgerichts T. zugestellt; und zwar wegen des Vorwurfs der vorsätzlichen falschen eidesstattlichen Versicherung vom 6. Juli 2002 im Rahmen des durch den Ehemann der Klägerin vor dem Landgericht Berlin eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen einen ehemaligen Kollegen, worauf dieser in der Folgezeit Strafanzeige gegen die Klägerin erstattet hatte. Gegen die Klägerin wurde eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40,– EUR festgesetzt, wogegen sie Einspruch einlegte. Termin zur Hauptverhandlung wurde auf den 13. August 2004 anberaumt.
Nach Eingang des Einstellungsantrags bei der Personalstelle der Beklagten erhielt die Klägerin zusammen mit dem Schreiben vom 17. November 2003 zwecks Vorbereitung ihrer Einstellung unter anderem einen Fragebogen über die Erklärung anhängiger Verfahren und Verurteilungen. Da das Merkblatt keine Belehrung darüber enthielt, in welchen Fällen dazu Angaben zu machen sind, fragte die Klägerin in der Personalstelle der Beklagten nach, worauf ihr von der dortigen Mitarbeiterin geantwortet wurde, alle mit der im öffentlichen Dienst angestrebten Tätigkeit im Zusammenhang stehende Verfahren müssten angegeben werden.
Im Übrigen enthält das Schreiben der Beklagten vom 17. November 2003 folgenden Hinweis:
„Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Einstellung unter dem Vorbehalt
- der Zustimmung des Personalrates,
- der Vorlage der Nebentätigkeitsgenehmigung
steht und
durch dieses Schreiben keine Beschäftigungszusage ausgesprochen und dementsprechend kein Anspruch auf Vergütung begründet wird. Die Erbringung von Arbeitsleistungen bedarf in jedem Fall der vorherigen, ausschließlich von der zuständigen Sachbearbeiterin der Personalstelle III A 2 auszusprechenden Gestattung der Arbeitsaufnahme.
Das Arbeitsverhältnis wird erst nach Abschluss des Arbeitsvertrages zustande kommen!
Die Klägerin gab daraufhin im Fragenbogen das gegen sie laufende Strafverfahren bekannt. Die Beklagte teilte daraufhin der Klägerin am 27. November 2003 telefonisch und sodann mit Schreiben vom 9. Dezember 2003 mit, dass sie das Einstellungsverfahren – es ging unstreitig um eine Einstellung zum 1. Dezember 2003 – wegen des Strafverfahrens zunächst nicht weiter betreiben und es erst wieder bearbeiten würde, wenn die Klägerin durch eine Entscheidung im Strafverfahren entlastet sein würde. Infolge dessen wurde der Arbeitsvertrag eines anderweitigen wissenschaftlichen Mitarbeiters, der bei der Beklagten ebenfalls zu einem Viertel der Arbeitszeit beschäftigt ist, im Umfang eines weiteren Viertels heraufgesetzt; und zwar ausdrücklich mit der Maßgabe, dass diese Aufstockung auflösend bedingt durch die tatsächliche Einstellung der Klägerin ist.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe einen Rechtsanspruch auf Abschluss eines entsprechenden Arbeitsvertrags. Da alle sonstigen Einstellungsvoraussetzungen vorgelegen hätten, hätte die Beklagte sie nicht wegen des anhängigen Strafverfahrens ablehnen dürfen. Die Frage sei unzulässig. Es sei kei...