Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit der Befristung einzelner Vertragsbedingungen sind die zur Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge aufgestellten Grundsätze modifiziert – unter Beachtung der Zielsetzung des kündigungsschutzrechtlichen Vertragsinhaltsschutzes – anzuwenden (vgl. BAG vom 13.06.86 – 7 AZR 650/94 – EzA Nr. 85 zu § 620 BGB).
2. Die befristete Aufstockung des Lehrdeputats einer Lehrerin von eine 2/3 Stelle auf eine Vollzeitstelle ist wegen der Bedeutung des Deputatsumfanges der Erhöhung für den Inhalt des Vertragsverhältnisses auf ihre sachliche Rechtfertigung im wesentlichen unmittelbar nach den Grundsätzen zu überprüfen, die an die Befristung eines Arbeitsverhältnisses insgesamt anzulegen sind.
3. Bei der so vorgenommenen Befristungskontrolle sind im Geltungsbereich des BAT die Regelungen der SR 2 y über die Angabe der Befristungsgrundform zu beachten.
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 14.03.1997; Aktenzeichen 90 Ca 21318/96) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. März 1997 – 90 Ca 21318/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die als Lehrerin bei dem beklagten Land beschäftigte Klägerin begehrt die Feststellung, daß ihr Arbeitsverhältnis als Vollzeitarbeitsverhältnis unbefristet fortbesteht.
Sie ist seit dem 29. September 1993 als Grundschullehrerin unter Vereinbarung einer Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT beschäftigt; die Pflichtstundenzahl ist mit 18/26,5 Wochenstunden vereinbart (= 2/3 Stelle).
In der Folgezeit kam es mehrfach zu Vollbeschäftigungen der Klägerin. So wurde sie vom 21. Februar 1994 befristet bis zum 13. Juli 1994 vollzeitbeschäftigt; in dem Schreiben des beklagten Landes vom 7. März 1994 (Bl. 10 d.A.) heißt es, die Änderung des Arbeitsvertrages sei befristet bis zur Dienstaufnahme von Herrn Henseleit, längstens jedoch bis zum 13. Juli 1994. In einem Schreiben vom 19. Oktober 1995 (Bl. 12 d.A.) teilte das beklagte Land der Klägerin mit, daß der Arbeitsvertrag „im gegenseitigen Einvernehmen” dahin abgeändert werde, daß sie vom 4. September 1995 an mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 26,5 Stunden (= Vollzeit) beschäftigt werde. Es heißt weiter, daß die Änderung des Arbeitsvertrages befristet bis zur Dienstaufnahme von Frau P., längstens jedoch bis zum 31. Januar 1996, sei. Mit weiterem Schreiben vom 9. Februar 1996 (Bl. 13 d.A.) teilte das beklagte Land der Klägerin mit daß auf ihren Antrag hin „im gegenseitigen Einvernehmen” der am 11. Oktober 1993 geschlossene Arbeitsvertrag dahin geändert werde, daß sie vom 1. Februar 1996 an mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 26,5 Stunden beschäftigt werde. Die Änderung des Arbeitsvertrages sei befristet bis zum 19. Juni 1996. In dem Schreiben heißt es weiter, daß die Klägerin zur Dienstleistung der XIV, 11. Grundschule zugewiesen bleibe und gleichzeitig mit 8,5 Stunden an die XIV, 32. Grundschule abgeordnet werde.
Mit der vorliegenden, bei Gericht am 17. Juni 1996 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin Feststellung, daß sie in einem unbefristeten Vollzeitarbeitsverhältnis zu ansonsten unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 11. Oktober 1993 stehe; zur Begründung hat sie angeführt, daß sie einen sachlichen Grund für die Befristung der Aufstockung nicht für gegeben erachte.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 14. März 1997 dem Antrag der Klägerin entsprochen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, ein sachlicher Grund für die Befristung der Vollzeitbeschäftigung vom 1. Februar 1996 bis zum 19. Juni 1996 sei nicht erkennbar gewesen; der erste Anschein spreche dagegen und die Beklagte habe den Beweis des ersten Anscheins nicht erschüttern können, da sie auf die Klage nicht erwidert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 26 ff d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses am 14. Mai 1997 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des beklagten Landes, die es mit einem am 13. Juni 1997 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 11. Juli 1997 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Das beklagte Land trägt in der Berufungsinstanz vor, die befristete Übertragung weiterer 8,5 Wochenstunden vom 9. Februar 1996 sei durch die Vertretung des erkrankten Lehrers … R. sachlich gerechtfertigt gewesen. Dieser sei seit dem 4. September 1995 (erneut) arbeitsunfähig krank gewesen. Nachdem das beklagte Land eine amtsärztliche Untersuchung über die weitere Dienstfähigkeit des Herrn R. beantragt habe, habe sich aus einem abschließenden Befund vom 28. Oktober 1996 ergeben, daß Dienstfähigkeit auf absehbare Zeit nicht gegeben sei. Die Klägerin mit den Fächerkombinationen Sport/Erdkunde habe im maßgeblichen Zeitraum der befristeten Aufstockung die Vertretung von Herrn R. übernommen, der als Sportlehrer an der 32. G in Neukölln tätig gewesen sei; sie habe...