Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 07.04.1997; Aktenzeichen 86 Ca 29.516/96)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. April 1997 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 86 Ca 29.516/96 – abgeändert:

Die Klage wird hinsichtlich der Hilfsanträge zu 1) und 2) abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Vergütungsanspruch des Klägers ab 1. Juni 1995 nach der Anlage 2 des Entgelttarifvertrages für Arbeitnehmer der Deutschen Bahn AG – West-Tarif – (nachfolgend: ETV).

Der 1939 geborene Kläger war vor Herstellung der Deutschen Einheit bei der Deutschen Reichsbahn als Triebfahrzeugführer beschäftigt. Seit etwa 1969 war er dem Betriebshof – damals Bahnbetriebswerk – Berlin Hauptbahnhof zugeordnet und führte von dort aus Schnellzüge in sämtliche Bezirkshauptstädte der ehemaligen DDR, teilweise grenzüberschreitend bis in die Tschechoslowakei. Der damalige Arbeitsvertrag wurde zuletzt durch den Änderungsvertrag vom 19. September 1990 hinsichtlich der Änderung der Arbeitsaufgabe und des Arbeitsortes geändert; insbesondere ist in diesem Änderungsvertrag vereinbart, daß als neuer Arbeitsort das Bahnbetriebswerk Berlin Hauptbahnhof gilt.

Eine weitere Änderung des Arbeitsvertrages wurde am 10. März 1992 zwischen der Deutschen Reichsbahn, vertreten durch das Bahnbetriebswerk Berlin Hauptbahnhof (Dienststelle), und dem Kläger vereinbart. In § 2 dieses Änderungsvertrages ist die Anwendung des Tarifwerks für die Angestellten der Deutschen Reichsbahn vereinbart. § 7 bestimmt, daß alle vordem 1. Juli 1991 abgeschlossenen arbeitsrechtlichen Vereinbarungen mit der Deutschen Reichsbahn durch den Änderungsvertrag ersetzt werden.

Mit Schreiben vom 25. August 1994 teilte die Beklagte als Rechtsnachfolgerin dem Kläger u.a. folgendes mit:

„…

in Anwendung des § 2 Abs. 1 und 2 des Tarifvertrages über die Ersteingruppierung für die zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer (ErsteingruppierungsTV) sind Sie aufgrund der Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V b

ab 01. Januar 1994 als Triebfahrzeugführer in der Entgeltgruppe E 9

bei der Regionalbereichsleitung Berlin Betriebshof Berlin Hauptbahnhof eingruppiert.

Dieses Schreiben ergänzt Ihren weiterhin gültigen, zuletzt mit Wirkung vom 01.01.94 geänderten Arbeitsvertrag. …”

Beide Parteien sind im übrigen tarifgebunden.

Seit dem 28. Mai 1994 führt der Kläger überwiegend einen Zug, der vom Bahnhof Zoo im Westteil Berlins entweder nach Hannover oder Braunschweig und zurück fährt. Dabei beginnt und endet die Arbeit des Klägers dienstplanmäßig im Bahnhof Zoo. Während der Fahrt mit dem Zug verbringt der Kläger mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit nicht im Beitrittsgebiet. Unstreitig ist er seit Juni 1995 überwiegend im räumlichen Geltungsbereich der Anlage 2 des ETV tätig.

Mit Schreiben vom 31. August 1995 forderte der Kläger von der Beklagten rückwirkend und für die Zukunft die Bezahlung seiner Arbeitsleistung nach der Anlage 2 des ETV. Die Beklagte lehnte die Forderung mit Schreiben vom 20. Oktober 1995 ab mit der Begründung, daß für Arbeitnehmer, deren Arbeitsort im ehemaligen Beitrittsgebiet liege, die Anlage 2 a des ETV Anwendung finde.

Zuvor hatte die Beklagte dem Kläger einen Arbeitsvertrag vom 4. Oktober 1995 vorgelegt, in dessen § 1 es heißt:

„Herr … wird am 01.01.1994 als Streckenlokomotivführer in der Entgeltgruppe E 9 beim Regionalbereich Berlin auf unbestimmt Zeit weiterbeschäftigt.”

Der Kläger hat diesen Vertrag nicht unterzeichnet.

Die Beklagte vergütet den Kläger weiterhin nach der Anlage 2 a des ETV, während der Kläger an seiner Forderung auf Vergütung nach der Anlage 2 festhält.

In § 2 des ETV für die bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer heißt es:

§ 2

Entgeltgrundlagen

(1) Der Arbeitnehmer erhält ein Monatstabellenentgelt, das nach Entgeltgruppen (Anlage 1) bemessen wird. Der Betrag ergibt sich aus der Tabelle nach Anlage 2. …

(1a) Abweichend von Abs. 1 Satz 2 gilt für den Arbeitnehmer, dessen Arbeitsort in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet liegt, die Tabelle nach Anlage 2 a.

Ausführungsbestimmung

Für den Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit mit einer ständigen Ortsveränderung verbunden ist (z.B. Lokomotivführer/in, ICE-Betreuer/in), gilt als Arbeitsort der im Arbeitsvertrag vereinbarte Betrieb.

Während § 2 Abs. 1 unverändert blieb ist, erhielt § 2 Abs. 1 a ETV die oben wiedergegebene Fassung durch den 1. Änderungstarifvertrag vom 7. April 1994 mit Wirkung zum 1. Januar 1994. Mit diesem Änderungs-TV wurde auch die oben wiedergegebene Ausführungsbestimmung neu in den Tarifvertrag aufgenommen.

Zeitgleich wurde durch den 1. Änderungs-TV der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Beklagten (nachfolgend: MTV) geändert. Die Anlage 1 zum MTV, die den tarifvertraglich vorgeschriebenen Arbeitsvertrag als Muster enthält, wurde dahin abgeändert, daß § 1 der künftigen Arbeitsverträge lauten sollte:

„Frau/Herr … wird ab … als … der Entgeltgruppe … b...

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