Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang im Gesamtvollstreckungsverfahren

 

Normenkette

EGBGB Art. 232 § 5 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Teilurteil vom 12.09.1995; Aktenzeichen 23 Ca 17 355/95)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten zu 1) wird das am 12. September 1995 verkündete Teilurteil des Arbeitsgerichts Berlin – 23 Ca 17 355/95 – abgeändert:

Die Klage wird hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des arbeitsgerichtlichen Teilurteils und die des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer Kündigung vom 29.03.1995, die der Beklagte zu 1) und die Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin unterzeichnet haben und die der Klägerin am Mittag des 31.03.1995 zugegangen ist.

Nachdem die Gemeinschuldnerin am 17.03.1995 Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt und der Beklagte zu 1) durch Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg vom 21.03.1995 als Sequester bestellt worden war, eröffnete das Amtsgericht Charlottenburg durch Beschluß vom 31. März 1995 um 18.00 Uhr das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Gleichzeitig setzte es den Beklagten zu 1) als Gesamtvollstreckungsverwalter ein.

Die 1964 geborene ledige Klägerin, die einem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist, war seit September 1980 bei der Gemeinschuldnerin bzw. deren Rechtsvorgängerin gegen eine Bruttomonatsvergütung von zuletzt 3.000,– DM beschäftigt. Die Klägerin ist Mitglied des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats.

Nach Einleitung des Anhörungsverfahrens beim Betriebsrat am 24.03.1995, bei dem diesem mitgeteilt worden war, daß alle Beschäftigten entlassen würden und der Betrieb aufgelöst werde, daß aber Aussicht auf Weiterbeschäftigung bei einer neuen Gesellschaft mit identischer Geschäftsführung bestehe, fand am 29.03.1995 eine Betriebsversammlung statt, bei der der Beauftragte des Beklagten zu 1) bekannt gab, daß der Betrieb der Gemeinschuldnerin ab 31.03.1995 geschlossen werde. Gleichzeitig sprach die Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin am Rande der Versammlung einzelne Mitarbeiter mit der Bitte an, sich für eine Weiterbeschäftigung bereitzuhalten.

Mit Schreiben vom 30.03.1995 widersprach der Betriebsrat u.a. der beabsichtigten Kündigung gegenüber der Klägerin mit der Begründung, der Widerspruch erfolge, da lediglich das Gesamtvollstreckungsverfahren beantragt sei. Am folgenden Tag erhielt die Klägerin das Kündigungsschreiben unter gleichzeitiger Freistellung von der Arbeitsleistung.

Am 01.04.1995 wurden etwa 20 Arbeitnehmer von der Gemeinschuldnerin zu Hause angerufen mit der Aufforderung, sich am Montag, den 03.04.1995 zum Arbeitsantritt zu melden. Am 03.04.1995 wurde in den Betriebsräumen der Gemeinschuldnerin mit etwa 27 ehemaligen Arbeitnehmern produziert. Am gleichen Tag erhielten die Klägerin und zwei weitere Betriebsratsmitglieder durch die Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin Hausverbot mit der Begründung, daß die Gemeinschuldnerin ihren Betrieb eingestellt habe und der nunmehr laufende Betrieb von einer anderen Gesellschaft betrieben werde.

Mit Kaufvertrag vom 05.04.1995 verkaufte der Beklagte zu 1) an die Abwicklungsgesellschaft … GmbH i.L. die „im Eigentum der Gemeinschuldnerin stehende Büro- und Geschäftsausstattung, wie sie sich aus der als Anlage 1 diesem Vertrag beigefügten Aufstellung ergibt, mit dem Recht der Firmenfortführung”. In § 3 des Vertrages heißt es:

„Der Käufer verpflichtet sich, 30 Arbeitnehmer des Verkäufers ab dem 01.04.1995 zu beschäftigen. Diese 30 Arbeitnehmer sind den Parteien bekannt und in der Anlage 2 namentlich genannt. Von Ansprüchen, die diese Arbeitnehmer für den Zeitraum ab dem 01.04.1995 gegenüber dem Verkäufer geltend machen, stellt der Käufer den Verkäufer frei.”

Mit Vertrag vom gleichen Tage verkaufte der Beklagte zu 1) u.a. das im Eigentum der Gemeinschuldnerin stehende Anlagevermögen an die Firma … Vermögensverwaltung GmbH. In § 4 des Vertrages heißt es:

„Die Übergabe der verkauften Gegenstände ist zum 01.04.1995 erfolgt. Die Mietverträge über die Geschäftsräume in der Str. 13, Nr. 16, 12681 Berlin, werden vom Verkäufer gekündigt. Es ist Sache des Käufers, mit dem Vermieter einen neuen Mietvertrag abzuschließen.

Verkäufer und Käufer sind sich einig, daß das Eigentum an dem verkauften Anlagevermögen auf den Käufer aufschiebend bedingt mit vollständiger Zahlung des Kaufpreises übergeht.

Die Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin, Frau … ist neben einem weiteren Geschäftsführer Geschäftsführerin der Abwicklungsgesellschaft, die jetzt als … GmbH firmiert, sowie alleinige Geschäftsführerin der … Vermögensverwaltung GmbH.

Mit der am 13. April 1995 bei dem Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung gewandt und im Wege der Klageerweiterung verschiedene Feststellungen gegenüber der Firma … GmbH und der Firma … Vermögensverwaltung GmbH ...

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