Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendiger Vortrag zum Wegfall von Arbeitsplätzen bei der Zusammenlegung von Aufgaben (Buchhaltung) aus mehreren Betrieben an einem Standort, Berücksichtigung sozialer Belange gemäß § 315 BGB bei der Besetzung der Arbeitsplätze an dem zentralen Standort
Normenkette
BGB § 626; KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 30.01.2001; Aktenzeichen 25 Ca 25389/00) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.01.2001 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 25 Ca 25389/00 – wird auf ihre Kosten hinsichtlich der angegriffenen Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 05.09.2000 als unzulässig verworfen, im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen und hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung.
Die 44-jährige Klägerin ist seit dem 01.04.1985 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin zuletzt in der Kreditorenbuchhaltung gegen ein monatliches Bruttoentgelt von 4.169,35 DM tätig. Sie ist einer Schwerbehinderten gleichgestellt.
Im Zusammenhang mit der Einführung einer neuen Organisationsstruktur bot die Beklagte der Klägerin in einem Gespräch am 05.06.2000 an, das mit ihr bestehende Arbeitsverhältnis aufzuheben und ein neues Arbeitsverhältnis unter Anerkennung der bisherigen Betriebszugehörigkeit mit der D. GmbH einzugehen, einer Einrichtung der konzernweiten Arbeitsvermittlung. Die Klägerin nahm dieses Angebot nicht an.
Auf Antrag der Beklagten stimmte die Hauptfürsorgestelle einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit Schreiben vom 31.08.2000 zu, bei der Beklagten am 04.09.2000 eingegangen, und der beabsichtigten hilfsweisen ordentlichen Kündigung mit Bescheid vom 14.09.2000, bei der Beklagten am 17.09.2000 eingegangen. Auf den Widerspruch der Klägerin sind beide Bescheide inzwischen aufgehoben.
Mit Schreiben vom 21.08.2000 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zur außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung an.
Mit Schreiben vom 05.09.2000 sprach die Beklagte dann die streitbefangene außerordentliche Kündigung und mit Schreiben vom 21.09.2000 die streitbefangene ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses hilfsweise zum 31.03.2001 aus.
Mit ihrer am 08.09.2000 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin sich gegen die außerordentliche Kündigung gewandt und mit ihrer am 27. September bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung gegen die ordentliche Kündigung. Sie hat sich für berechtigt gehalten, einen Auflösungsvertrag und Neuabschluss eines Arbeitsvertrags mit der D. GmbH abzulehnen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb ein Arbeitsplatz ihrer Entgeltgruppe, der E 8, wegfallen solle. Die Sozialauswahl sei unzutreffend, da die Mitarbeiterin Frau T. aus M. nicht in die Sozialauswahl hätte einbezogen werden dürfen, zumal sie sozial weniger schutzwürdig als die Klägerin sei. Außerdem hat die Klägerin die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bestritten.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder aufgrund der außerordentlichen Kündigung vom 05.09.2000 zum 30.09.2000 noch aufgrund der ordentlichen Kündigung vom 21.09.2000 zum 31.03.2001 beendet ist,
- die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin als Kreditorenbuchhalterin zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass im Zuge einer Veränderung der Organisationsstruktur die bisher dezentral geführten Buchhaltungen aufgelöst seien und eine zentrale Buchhaltung am Standort Berlin Ostbahnhof eingerichtet worden sei. An diesem Standort seien die Buchhaltungen aus Berlin-Brandenburg, in der die Klägerin bisher gearbeitet hat, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen zusammengelegt, wobei für die beiden letztgenannten Bundesländer nur die Debitorenbuchhaltung übernommen worden sei. In der neuen zentralen Buchhaltung seien aber nur noch neun Arbeitsplätze vorhanden. Da allein in der Buchhaltung Berlin-Brandenburg bisher zehn Arbeitskräfte beschäftigt gewesen sei, sei dort ein Arbeitsplatz abzubauen gewesen. Die neue Struktur habe nur zwei Arbeitsplätze in der Buchhaltung mit der Bewertung E 8 vorgesehen. In Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat seien für die Sozialauswahl folgende Sozialdaten erhoben worden:
„Lebensalter, Dienstalter, derzeitiger Arbeitsplatz, Eingruppierung, bisher ausgeübte Tätigkeit, Qualifikationen, besondere Kenntnisse, Familienstand, Kinder mit Altersangabe, sonstige im Haushalt lebenden pflegebedürftige Personen, und weitere Angaben, wie z. B. Besonderheiten (arbeitsloser Partner, Mobilitätseinschränkungen, zu berücksichtigende Krankheiten u.ä.).”
Der Besetzungsvorschlag für die Buchhaltung sei dem Betriebsrat am 11.04.2000 übergeben worden. Am 15.05.2000 sei dem Betriebsrat noch einmal die von ihr getroffene Sozialauswahl und die beabsichtigte Verga...