Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufschiebend bedingte Versorgungszusage. Probezeit als Vorschaltzeit
Leitsatz (amtlich)
Eine im Arbeitsvertrag enthaltene Versorgungszusage kann aufschiebend bedingt für die Zeit nach Ablauf einer sechsmonatigen Probezeit erteilt werden.
Die zehnjährige Wartefrist nach § 1 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative BetrAVG beginnt in diesem Fall erst mit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit.
Leitsatz (redaktionell)
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in 7facher Ausfertigung bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.
Normenkette
BetrAVG § 1 Abs. 1 S. 1, §§ 1, 17 Abs. 3 Sätze 1, 3
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 19.03.2002; Aktenzeichen 40 Ca 26662/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19. März 2002 – 40 Ca 26662/01 – geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreites werden dem Kläger auferlegt.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Versorgungsanwartschaft.
Der am … 1958 geborene Kläger war bei der Beklagten seit 18. November 1991 als Sachbearbeiter/Bauleiter beschäftigt und schied nach einer betriebsbedingten Kündigung mit Datum vom 24. September 2001 zum Ablauf des 31. Dezember 2001 aus – entsprechend einem im vorliegenden Rechtsstreit in erster Instanz geschlossenen Teilvergleich, in dem die Beklagte sich zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 6.000,– EUR verpflichtet hat.
Im schriftlichen Arbeitsvertrag heißt es u.a.:
„§ 3
Die ersten 6 Monate des Anstellungsverhältnisses gelten als Probezeit. Während dieser Zeit kann der Anstellungsvertrag beiderseits mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden.
Danach beträgt die Kündigungsfrist 3 Monate zum Quartalsende. …
§ 8
Nach Ablauf der Probezeit erteilt Sch. R. Partner Herrn K. eine freiwillige Pensionszusage gemäß den Richtlinien der betrieblichen Sozialordnung. …”
Die ab 01. Januar 1990 geltende betriebliche Sozialordnung, die von der Beklagten einseitig aufgestellt worden war (ein Betriebsrat existiert nicht), wurde dem Kläger mit dem Arbeitsvertrag ausgehändigt und enthielt, ebenso wie die nachfolgende betriebliche Sozialordnung, die mit Wirkung ab 01. April 1994 an ihre Stelle getreten ist, u.a. folgende Regelungen:
„1. …
2. Betriebszugehörigkeit
Für die Gewährung verschiedener Sozialleistungen ist die Dauer der Betriebszugehörigkeit von Bedeutung.
Als Betriebszugehörigkeit wird der Zeitraum ab Eintritt ins Unternehmen gerechnet. …
4.3. Betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung
Als Beitrag zur Versorgung im Alter … erhält der Mitarbeiter nach Beendigung der Probezeit eine freiwillige Pensionszusage.
Voraussetzung für die Erteilung der Pensionszusage ist ein Dauerarbeitsverhältnis mit einer Arbeitszeit von mindestens 20 Stunden pro Woche sowie ein Eintrittsalter von unter 50 Jahren.
Die Pensionszusage beinhaltet folgende Leistungen:
…
Die Altersrentenleistung setzt eine ununterbrochene Mindestbebetriebszugehörigkeit von 10 Jahren voraus …
Nach dem „Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung” behält ein Arbeitnehmer seine Anwartschaft auf Leistungen aus der Pensionszusage auch, wenn sein Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versicherungsfalles endet, sofern er
- • zu diesem Zeitpunkt mindestens das 35. Lebensjahr vollendet hat und
- • entweder die Pensionszusage für ihn mindestens 10 Jahre bestanden hat
- • oder der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens 12 Jahre zurückliegt und die Pensionszusage für ihn mindestens 3 Jahre bestanden hat.
Nach Erreichen der vorstehend genannten Wartezeiten hat jeder Mitarbeiter Teilansprüche aus der Versorgungszusage, wenn er vor der Altersgrenze (65. Lebensjahr) aus dem Unternehmen ausscheidet. …”
Durch Urteil vom 19. März 2002 hat das Arbeitsgericht Berlin antragsgemäß festgestellt, dass der Kläger bei der Beklagten eine unverfallbare Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung gemäß der betrieblichen Sozialordnung der Beklagten erworben hat.
Der Kläger habe die zehnjährige Wartezeit nach Ziffer 4.3 der Sozialordnung am 18. November 2001 erfüllt, zumal nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sogenannte Vorschaltzeiten die Zehnjahresfrist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG nicht hinausschieben könnten.
Gegen dieses am 29. Mai 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Juni 2002 eingegangene und am 29. Juli 2002 begründete Berufung der Beklagten.
Sie macht geltend, sowohl nach dem Arbeitsvertrag als auch nach der betrieblichen Sozialordnung sei die zehnjährige Wartefrist erst ab Beendigung der Probezeit am 18. Mai 1992 zu berechnen. Vorschaltzeiten im Sinne einer zeitbezogenen Voraussetzung seien nicht verboten, da das Gesetz die Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers gerade nicht habe beeinträchtigen wollen. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seien Vorschaltzeiten dann zulässig, wenn dem Arbeitgeber noch ein Entscheidungsspielraum verbleibe, was hier anzunehmen sei, da sowohl der Arbeitsvertrag al...