Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung
Leitsatz (amtlich)
Zur Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages mit einem Lehrer, die mit dem „Gesamtvertretungsbedarf” im gesamten Schulbereich (aller Schulzweige) des beklagten Landes begründet worden ist.
Normenkette
BGB § 620 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 29.01.1997; Aktenzeichen 94 Ca 31932/96) |
Tenor
I. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. Januar 1997 – 94 Ca 31932/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Befristung und darüber, ob die Klägerin mit voller oder nur mit reduzierter Stundenzahl zu beschäftigen ist.
Die Klägerin ist Studienassessorin mit der Lehrbefähigung in den Fächern Deutsch und Russisch. Sie war seit dem 5. März 1993 zunächst auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 14. April 1993 (Kopie Bl. 7 f d.A.) im Schuldienst des beklagten Landes im Bereich des Bezirksamtes … beschäftigt. Nach diversen Veränderungen der Stundenzahlen und Befristungstermine bis zum 13. Juli 1994 schlossen die Parteien am 17. Juli 1994 einen weiteren Vertrag (Kopie Bl. 17 d.A.), wonach das Beschäftigungsverhältnis mit 23 Wochenunterrichtsstunden (Vollzeit) für die Dauer der Beurlaubung einer Frau …, längstens jedoch bis zum 28. Juni 1995 befristet wurde und im übrigen der Vertrag vom 14. April 1993 weitergelten sollte. Nach einer Verlängerung für die Dauer der Schulferien (bis zum 12. August 1995) wurde der Klägerin unter dem 4. August 1995 (Kopie Bl. 191 f: d.A.) mitgeteilt, das Beschäftigungsverhältnis werde ab 13. August 1995 befristet mit 23 Wochenunterrichtsstunden für die Dauer des Freistellungsjahres (Sabbatical) von Frau …, längstens jedoch bis 19. Juni 1996 fortgesetzt. Dieses Schreiben unterzeichnete die Klägerin „mit Vorbehalt wegen der Befristung”. Nachdem auch dieser neuerliche Vertrag für die Dauer der Schulferien (bis 3. August 1996) verlängert worden war, bot das … der Klägerin für die Zeit ab 4. August 1996 wiederum einen Fristvertrag an (Kopie Bl. 112 f. d.A.), in dem es heißt: „Die Lehrkraft wird als Aushilfsangestellter beschäftigt; sie wird für die Dauer des Erziehungsurlaubs zur Vertretung der an der 3. O/OG Steglitz tätigen Frau … im Schuljahr 1996/97 beschäftigt … Das Arbeitsverhältnis endet spätestens am 2. August 1997, ohne daß es einer Kündigung bedarf.” Die Pflichtstundenzahl wurde darin auf 11,5 Stunden wöchentlich gesenkt. Ihrer Vertragsunterschrift fügte die Klägerin eine handschriftliche Anlage bei, in der es heißt:
Die Unterzeichnung des vorliegenden Arbeitsvertrages bedeutet nicht, daß ich die Unwirksamkeit der Befristung des bisherigen Vertrages sowie die einseitig verfügte Reduzierung des Beschäftigungsumfanges anerkenne und daß ich darauf verzichte, die Unwirksamkeit der Befristung des bisherigen Arbeitsvertrages sowie der einseitig verfügten Reduzierung des Beschäftigungsumfanges geltend zu machen.
…”
Die Klägerin unterrichtete stets an der 1. O/OG (…-Oberschule in …) die Fächer Deutsch und Russisch sowie teilweise Religion/Ethik. Frau … unterrichtete vor ihrer Beurlaubung an derselben Schule Sport und Latein. Frau … unterrichtete vor ihrer Beurlaubung ebenfalls an dieser Schule die Fächer Sport und Deutsch. Die Fächerkombination der Frau … ist nicht vorgetragen worden.
Mit ihrer am 12. August 1996 beim Arbeitsgericht Berlin eingereichten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung eines unbefristeten Vollzeitarbeitsverhältnisses.
Die Klägerin hat behauptet, das Land Berlin übe seit Jahren die Praxis, Neueinstellungen im Lehrerbereich jeweils nur innerhalb befristeter Arbeitsverhältnisse vorzunehmen, die dann sukzessive in unbefristete Dauerstellungen umgewandelt würden (insoweit unstreitig). Sachliche Gründe für diese Befristungen bestünden nicht, jedenfalls nicht in ihrem Falle. In Wahrheit befriedige das beklagte Land mit den befristeten Einstellungen einen gleichbleibenden Dauerbedarf, der dringend abgedeckt werden müsse.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Vollzeit-Arbeitsverhältnis zu ansonsten unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 14.04.1993 besteht,
hilfsweise,
festzustellen, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu ansonsten unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 07.08.1996 besteht.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat behauptet, bei der Einstellung der Klägerin habe es diese stellenwirtschaftlich der zu vertretenden Lehrkraft zugeordnet und sich im übrigen am Vertretungsbedarf im Bereich des … insgesamt orientiert. Einstellungen würden zur Deckung des entstandenen Gesamtvertretungsbedarfs vorgenommen, also ausschließlich zum Ersatz von befristet abwesenden Dauerarbeitskräften, die nach beamten- oder tarifrechtlichen Regelungen beurlaubt sind, ihre regelmäßige Arbeitszeit zeitlich reduzieren, sich im Freistellungsjahr eines Sabbaticals, im Erziehungsurlaub oder im Mut...