Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungserklärungsfrist. Mitbestimmungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Die gebotene Harmonisierung des in § 79 ff PersVG BE geregelten Mitbestimmungsverfahrens mit der Frist zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung gemäß § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB läßt es geboten erscheinen, die weiteren Verfahrensschritte auf Arbeitgeberseite jeweils unverzüglich vorzunehmen. Keinesfalls darf sich der Arbeitgeber dafür mehr als zwei Wochen Zeit lassen.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 2 S. 1; PersVG Bln § 79 ff.; SchwbG § 21 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 25.05.1998; Aktenzeichen 93 Ca 6716/98) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 25. Mai 1998 – 93 Ca 6716/98 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger trat im Jahre 1968 in die Dienste des Beklagten. Er wurde zuletzt als Leiter des Freizeitbereichs einer Grundschule mit VergGr IVa BAT beschäftigt.
Aufgrund mehrerer am 11. Juni 1997 erhobener Beschwerden von Erzieherinnen über sexuelle Belästigung durch den Kläger wandte sich der Beklagte nach Befragung der Beschwerdeführerinnen und Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 2. Oktober 1997 an den zuständigen örtlichen Personalrat wegen der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Der Personalrat versagte mit Schreiben vom selben Tag seine Zustimmung. Der Beklagte, bei dem dieses Schreiben am 6. Oktober 1997 einging, bat daraufhin mit Schreiben vom 22. Oktober 1997 den Gesamtpersonalrat beim Landesschulamt, ihm einen Termin für ein Einigungsgespräch zu nennen. Dieses Gespräch fand am 12. November 1998 statt. Mit Schreiben vom 19. November 1997 erklärte der Beklagte die Einigungsverhandlung gegenüber dem Gesamtpersonalrat für gescheitert, woraufhin dieser sich mit Schreiben vom 2. Dezember 1997 an die oberste Dienstbehörde, die Senatsverwaltung für Schule. Jugend und Sport, wandte. Diese setzte sich zum Zwecke einer weiteren Einigungsverhandlung unter dem 11. Dezember 1997 mit dem Hauptpersonalrat in Verbindung. Die Verhandlung fand am 12. Januar 1998 statt und wurde von der Senatsverwaltung mit Schreiben vom 15. Januar 1998 ebenfalls für gescheitert erklärt Entgegen dem Antrag des örtlichen Personalrats faßte der Hauptpersonalrat am 3. Februar 1998 den Beschluß, die Einigungsstelle nicht anzurufen. Nach Eingang dieses Beschlusses am 6. Februar 1998 sprach der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom selben Tag die außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses aus. Das Kündigungsschreiben wurde dem Kläger durch Boten am 9. Februar 1998 überbracht.
Das Arbeitsgericht Berlin hat, soweit in der Berufungsinstanz noch von Interesse, festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten nicht aufgelöst worden sei. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Hinsichtlich der Kündigungserklärungsfrist beständen Zweifel daran, daß der Beklagte seine Ermittlungstätigkeiten mit der gebotenen Eile durchgeführt habe.
Gegen dieses ihm am 26. Juni 1998 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Juli 1998, einem Montag, eingelegte und nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist am 24. September 1998 begründete Berufung des Beklagten. Er vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und meint, das Arbeitsgericht habe den Begriff der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz nicht hinreichend erfaßt. Die Frist zum Ausspruch der Kündigung sei gewahrt worden, weil er angesichts der Schwere der Vorwürfe einerseits und des hohen Bestandsschutzes des Klägers andererseits verpflichtet gewesen sei, diese zunächst zu prüfen, wozu gehört habe, sich ein persönliches Bild von den Beschwerdeführerinnen zu machen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage unter Änderung des angefochtenen Urteils (insgesamt) abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und wirft dem Beklagten vor, nicht auch zu seiner Entlastung ermittelt zu haben. Während der Beklagte bereits einen Tag nach Eingang seiner schriftlichen Stellungnahme am 30. September 1997 den Entschluß zur Kündigung gefaßt haben will, sei die Kündigung erst fast acht Monate nach Kenntnis der Beschwerden erfolgt.
Die Akte des Arbeitsgerichts Berlin 95 Ga 47011/97 ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
1. Die gemäß § 222 Abs. 2 ZPO fristgemäß eingelegte und innerhalb der gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG verlängerten Begründungsfrist ordnungsgemäß begründete Berufung des Beklagten ist in der Sache unbegründet.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist durch die außerordentliche Kündigung vom 6. Februar 1998 nicht aufgelöst worden. Die Kündigung ist unwirksam, weil sie nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB erfolgt ist. Auf die Berechtigung der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe kam es desh...