Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtzeitigkeit eines Fortsetzungsverlangens gegenüber dem Betriebserwerber

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 14.09.1999; Aktenzeichen 42 Ca 25584/98)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. September 1999 – 42 Ca 25584/98 – teilweise abgeändert:

  1. Die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage wird abgewiesen.
  2. Von den Kosten der ersten Instanztragen die Beklagte zu 1) ¼ und der Kläger ¾, die Kosten der Berufungsinstanz trägt der Kläger.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt – soweit in die Berufungsinstanz gelangt – gegenüber der Beklagten zu 2) die Feststellung, daß sein Arbeitsverhältnis aufgrund Betriebsübergang seit dem 14. Juli 1998 auf diese übergegangen ist.

Er war seit 1987 als Kranführer bei der Firma M. bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt, über deren Vermögen am 13. Juli 1998 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet worden ist. Ab dem 14. Juli 1998 führte die Beklagte zu 2) den bisherigen Geschäftsbetrieb der Firma M. den Betriebsstätten in der … am … und in … in denselben Geschäftsräumen, mit denselben Fahrzeugen und Kranen und mit der gesamten EDV-Anlage fort. Mit Schreiben vom Juli 1998 zeigte sie den Kunden die Fortsetzung des operativen Geschäftes der Gemeinschuldnerin an. Die Beklagte zu 2) schloß zugleich mit insgesamt ca. 140 der ursprünglich bei der Gemeinschuldnerin beschäftigten ca. 220 Arbeitnehmer neue Arbeitsverträge ab, nachdem diese Aufhebungsverträge mit der Beklagten zu 1) geschlossen hatten. Der Kläger erhielt ein Angebot zum Abschluß eines Arbeitsverhältnisses zu veränderten Bedingungen, das er ablehnte.

Nachdem die Gesamtvollstreckungsverwalterin mit Schreiben vom 30. Juli 1998 eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. November 1998 aussprach, erhob der Kläger die bei Gericht am 21. August 1998 eingegangene Kündigungsschutzklage, verbunden mit einem Antrag auf Zahlung einer Abfindung nach § 113 Abs. 3 BetrVG. In der Klageschrift trägt der Kläger vor, die Unwirksamkeit der Kündigung ergebe sich auch aus § 613a Abs. 4 BGB. Mit Schriftsatz vom 24. Februar 1999 hat der Kläger seine Klage erweitert und sie nunmehr auch gegen die Beklagte zu 2) mit dem Antrag auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses zu dieser gerichtet. Die Klageerweiterung konnte nicht zugestellt werden, was dem Kläger durch gerichtliches Schreiben vom 11. März 1999 (Bl. 36 R. d.A.) mitgeteilt wurde. Die Klageerweiterung wurde schließlich am 23. Juli 1999 der Beklagten zu 2) zugestellt.

Der Kläger hat erstinstanzlich im wesentlichen die Auffassung vertreten, es liege ein Betriebsübergang seitens der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) mit Wirkung vom 14. Juli 1998 vor. Die zugrundeliegenden Umstände seien ihm erst später deutlich geworden, da die Beklagte zu 2) diese verschleiert habe. Infolge dessen könne auf deren Seite kein Vertrauenstatbestand entstanden sein, so daß die Geltendmachung eines Betriebsüberganges auch nicht verfristet oder verwirkt sei.

Der Kläger hat – soweit für das Berufungsverfahren von Interesse – beantragt,

  1. festzustellen, daß zwischen ihm und der der Beklagten zu 2) aufgrund Betriebsüberganges nach § 613a BGB seit dem 14. Juli 1998 ein Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des Klägers mit der Gemeinschuldnerin, der M. bestehe.

Die Beklagte zu 2) hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 2) hat zuletzt das Vorliegen eines Betriebsüberganges nicht mehr substantiell bestritten, jedoch darauf verwiesen, § 613a BGB sei im Gesamtvollstreckungsverfahren generell und für das vorliegende Verfahren nicht anwendbar. Der Kläger habe sein Recht, ein Arbeitsverhältnis gegenüber der Beklagten zu 2) geltend zu machen, auch verwirkt; darüber hinaus habe er durch die Einreichung der Klage konkludent dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen.

Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 14. September 1999 u.a. festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege des Betriebsüberganges gemäß § 613a BGB mit dem 14. Juli 1998 auf die Beklagte zu 2) übergegangen sei. § 613a BGB komme zur Anwendung, die Übertragung des Betriebssubstrates sei nicht durch die Gemeinschuldnerin, sondern durch die … Vermietung erfolgt, die sich jedoch nicht im Gesamtvollstreckungsverfahren befunden habe. Zum anderen seien die Regelungen des EGBGB (Art. 232, § 5 Abs. 2 Ziff. 1) so auszulegen, daß § 613a BGB nur bei im Beitrittsgebiet gelegenen Betrieben im Gesamtvollstreckungsverfahren ausgeschlossen sein solle. Der Kläger habe auch einem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widersprochen. Er könne auch ein Arbeitsverhältnis gegenüber der Beklagten zu 2) geltend machen, dieses Recht habe er nicht verwirkt. Das Recht zur Geltendmachung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses sei nicht innerhalb einer Frist von drei Wochen wahrzunehmen, da es si...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge