Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsnatur der Drittschuldnererklärung nach § 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
Leitsatz (amtlich)
1) Eine Drittschuldnererklärung gemäß § 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat rechtlich die Bedeutung einer sog Wissenserklärung.
2) Im Rechtsstreit des Gläubigers gegen den Drittschuldner kommt ihr jedoch insoweit rechtliche Bedeutung zu als durch Vorlage des „Anerkenntnisses” der Gläubiger seiner Darlegungs- u. Beweisführungslast genügt.
Normenkette
ZPO §§ 829, 833, 850 ff., § 840 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 611, 404, 406; ArbGG § 67a
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 03.05.1990; Aktenzeichen 43 Ca 36/90) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. Mai 1990 – 43 Ca 36/90 – wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.173,49 DM (dreitausendeinhundertdreiundsiebzig 49/100) nebst 4 % Zinsen seit dem 10. Februar 1990 zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte bei einem Streitwert von 3.173,– DM zu tragen.
Tatbestand
Am 2. März 1987 erwirkte die Klägerin beim Amtsgericht Charlottenburg einen am 11. März 1987 zugestellten Vollstreckungsbescheid gegen Herrn … in Höhe von 6.000,– DM, wegen bisheriger Verfahrens kosten im Betrage von 491,54 DM und wegen 8 % Zinsen von der Hauptforderung seit dem 1. Januar 1987. Da der Schuldner keinerlei Zahlungen leistete, erließ das Amtsgericht Charlottenburg am 3. November 1989 auf Antrag der Klägerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß wegen eines Gesamtbetrages in Höhe von 6.918,68 DM. Die Pfändung bezieht sich unter anderen auf die Zahlung des gesamten gegenwärtigen und künftigen Arbeitseinkommens des Schuldners bei der Beklagten. Gemäß Zustellungsurkunde vom 16. November 1989 erklärte die Beklagte und Drittschuldnerin auf die Frage, ob und inwieweit der Drittschuld die Forderung als begründet anerkennt und Zahlungen zu leistbereit sei: „Wird anerkannt und – zu gegebener Zeit – übe wiesen.” Die Gesamtforderung der Klägerin gegenüber dem Schuldner beträgt zur Zeit noch 3.173,49 DM, nachdem ein Teil der Forderung einschließlich der Kosten ausgeglichen worden ist.
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 1. Februar 1990 eingegangenen und der Beklagten am 10. Februar 1990 zugestellten Klage hat die Klägerin die Beklagte als Drittschuldnerin auf Zahlung des oben genannten Betrages in Anspruch genommen. Sie hat behauptet, der Schuldner sei bei der Beklagten als Geschäftsführer angestellt. – Da die Drittschuldnerin den titulierten Anspruch am 16. November 1989 anläßlich der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses anerkannt habe, sei sie nicht verpflichtet, nähere Angaben zum monatlichen Nettoverdienst des Schuldners zu machen. Dazu sei sie auch gar nicht in der Lage. Die Möglichkeit einer Auskunftsklage entfalle schon deshalb, weil die gewünschte Auskunft erteilt worden sei.
Zu dem auf den 3. Mai 1990 anberaumten Kammertermin ist die Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Auch hat sie sich nicht vertreten lassen.
Die Klägerin hat deshalb beantragt,
die Beklagte im Wege einer Versäumnisentscheidung zu verurteilen, an sie 3.173,49 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 10. Februar 1990 zu zahlen.
Durch unechtes Versäumnis-Urteil vom 3. Mai 1990 hat die Kammer 43 des Arbeitsgerichts Berlin die Klage abgewiesen und den Wert des Streitgegenstandes auf 1.173,– DM festgesetzt. Die Klägerin habe nicht, so hat das Erstgericht ausgeführt, die Höhe des pfändbaren Einkommens des Schuldner dargetan. Sie könne sich auch nicht darauf berufen, daß nach dem formularmäßigen Vermerk auf der Zustellungsurkunde ihre Forderung „anerkannt” worden sei.
Gegen das ihrer Prozeßbevollmächtigten am 28. Mai 1990 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin am 16. Juni 1990 eingegangene Berufung der Klägerin, die sie mit weiterem beim Rechtsmittelgericht am 12. Juli 1990 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Sie behauptet, der Schuldner erziele bei der Beklagten als Geschäftsführer ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 6.000,– DM, was einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.447,– DM entspreche zuzüglich der 8 %igen Berlin-Zulage von 320,– DM. Da der unverheiratete Schuldner kein Kinder habe und niemandem gegenüber unterhaltsverpflicht sei, ergebe sich zu ihren Gunsten ein monatlicher pfändbarer Betrag in Höhe von 1.984,80 DM.
Das erstinstanzliche Urteil sei aber auch schon deshalb unzutreffend, so führt die Klägerin aus, weil das Arbeitsgericht völlig überzogene Anforderungen an die Schlüssigkeitsprüfung gestellt habe.
Zu dem auf den 13. August 1990 anberaumten Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht ist die Beklagte durch Postzustellungsurkunden vom 14. und 19. Juli 1990 ordnungsgemäß geladen worden. Sie ist jedoch nicht erschienen. Auch hat sie sich nicht durch eine postulationsfähige Person vertreten lassen.
Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte im Wege einer Versäumnisentscheidung zu verurteilen, an sie 3.173,4...