Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 22.01.1997; Aktenzeichen 30 Ca 28198/96) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. Januar 1997 – 30 Ca 28198/96 – teilweise geändert:
Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. Oktober 1996 wird insoweit aufrechterhalten, als der Antrag auf Zahlung von 500,– DM brutto (Prämie für die Monate Januar bis März sowie Mai und Juni 1996) nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit 1. Juli 1996 abgewiesen worden ist.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits werden 2 % der Klägerin, 98 % der Beklagten auferlegt.
IV. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung und über eine monatliche Anwesenheitsprämie in Höhe von 100,– DM brutto für die Monate Januar bis März sowie Mai und Juni 1996.
Die (keiner Gewerkschaft angehörende) Klägerin war aufgrund schriftlichen Vertrages vom 24. Mai 1985 (Bl. 151 f. d.A.) seit 1. Juni 1985 bei der Beklagten als Datentypistin zu einem Monatsgehalt von zuletzt 3.373,14 DM brutto beschäftigt. Die Beklagte betreibt den Großhandel für Elektrogeräte, Kleinmöbel und Haushaltswaren und ist nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes. Sie hat auf das Arbeitsverhältnis die für ihren Betriebssitz geltenden Tarifbestimmungen für den Großhandel angewandt, zuletzt unter anderem diejenigen des Manteltarifvertrages für Großhandel und Dienstleistungen für die westlichen und östlichen Verwaltungsbezirke des Landes Berlin und für das Land Brandenburg vom 30. Mai 1994, abgeschlossen zwischen dem Unternehmens- und Arbeitgeberverband für Großhandel und Dienstleistungen e.V., dem Landesverband des Groß- und Außenhandels für Berlin und Brandenburg e.V. einerseits und der DAG, Landesverband Berlin und Brandenburg, der HBV, Landesbezirk Berlin und der HBV. Landesbezirk Brandenburg andererseits. Dessen § 14 lautet:
„Ansprüche auf Zahlung oder Rückzahlung von Gehalt oder Lohn sind innerhalb von vier Monaten nach Eintritt des Tatbestandes schriftlich geltend zu machen. Scheidet der Arbeitnehmer vorher aus, so sind die Ansprüche spätestens einen Monat nach dem Ausscheiden oder, falls dieser Termin später liegt, einen Monat nach erfolgter Endabrechnung schriftlich geltend zu machen. Ausgenommen hiervon ist untertarifliche Bezahlung.
Vorstehende Fristen gelten als Ausschlußfristen für beide Seiten.”
Ende Dezember 1995 kündigte die Beklagte ihren sämtlichen etwa 120 Beschäftigen das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1996 und bot gleichzeitig die Fortsetzung zu ansonsten unveränderten Bedingungen, jedoch mit Arbeitsort … in … an, da der Betrieb von Berlin-… dorthin verlegt werden sollte und zwischenzeitlich auch verlegt worden ist. Die Klägerin nahm das Angebot nicht an.
Anläßlich der geplanten Betriebsverlegung schloß die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat am 8. Januar 1996 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan ab; in letzterem findet sich folgende Regelung:
I.
„Arbeitnehmer, denen es unzumutbar ist, in … zu arbeiten, erhalten eine Abfindung, wenn sie wegen des Umzuges aus dem Betrieb ausscheiden.
Unzumutbar ist eine Tätigkeit in Kremmen, wenn
- der tägliche Zeitaufwand, der benötigt wird, um den Arbeitsplatz und die Wohnung zu erreichen, insgesamt 2,5 Stunden (einschließlich Fußweges zum Erreichen des Verkehrsmittels) übersteigt. Dabei ist eine Anfahrt mit dem Pkw und/oder öffentlichen Verkehrsmitteln möglich; der Arbeitnehmer entscheidet grundsätzlich selbstverantwortlich, welches/welche Mittel er benutzt. Es ist die jeweils kürzeste Verbindung zugrunde zu legen…”
Anschließend ist eine Abfindungszahlung für „diese Arbeitnehmer” vorgesehen, die ab Ausscheiden mit 6 % zu verzinsen ist und im Falle der Klägerin rechnerisch unstreitig 25.973,18 DM ergeben würde; auf den weiteren Wortlaut wird Bezug genommen (Bl. 4–7 d.A.).
Die Klägerin wohnt in Charlottenburg in der Nähe des U-Bahnhofs … nach ihrer Darstellung vier Fußminuten, nach Darstellung der Beklagten zwei Fußminuten entfernt. Sie ist in der Vergangenheit zum Betrieb mit ihrem Pkw gefahren und hat hierfür eine Fahrzeit von fünf bis acht Minuten (einfache Strecke) benötigt. Die neue Betriebsstätte in … ist von der Wohnung der Klägerin etwa 53 Straßenkilometer weiter entfernt. Die Klägerin benötigt dorthin mit dem Pkw nach ihrer Darstellung außerhalb des Berufsverkehrs mindestens 47 Minuten, nach Darstellung der Beklagten 40 Minuten. Welche Wegezeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln benötigt wird, ist ebenfalls streitig.
Mit ihrer am 10. Juli 1996 beim Arbeitsgericht Berlin eingereichten und am 25. Juli 1996 zugestellten Klage hat die Klägerin zunächst die Sozialplanabfindung verlangt. Mit klageerweiterndem Schriftsatz vom 27. September 1996, bei Gericht am 30. September 1996 eingegangen und der Beklagten am 7. Oktober 1996 zugestellt, hat die Klägerin weiter die in Ziffe...