Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 01.03.1994; Aktenzeichen 61 Ca 7953/93) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 01. März 1994 – 61 Ca 7953/93 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer aus betrieblichen Gründen ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung.
Der am 14. Mai 1935 geborene Kläger ist verheiratet und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Er hat das erste Staatsexamen für das Lehramt in den Fächern Mathematik und Biologie abgelegt und ist seit 1972 Lehrbeauftragter an der …
Die Beklagte beschäftigte den Kläger seit dem 15. April 1971 zunächst als Entwicklungsingenieur, Fachlehrer und technischen Sachbearbeiter. Seit Oktober 1979 war der Kläger als Bibliothekssachbearbeiter in der Zentralbibliothek Berlin, die zum Betrieb … gehörte, tätig, deren Leiter er seit Mai 1980 war. Der Kläger erhielt zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von 6.700,– DM. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand u.a. der Manteltarifvertrag für die Angestellten in der Berliner Metallindustrie vom 10. Mai 1990 (MTV) Anwendung, dessen Nr. 9.6 wie folgt lautet:
„Nach mindestens zehnjähriger ununterbrochener Unternehmens- oder Betriebszugehörigkeit – gerechnet ab dem vollendeten 45. Lebensjahr – kann das Beschäftigungsverhältnis durch den Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Dies gilt nicht nach Eintritt der Erwerbsunfähigkeit sowie nach Erreichung der Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies gilt ferner nicht für eine Änderungskündigung gegenüber Beziehern von Rente wegen Berufsunfähigkeit, auch wenn diese Änderungskündigung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt.
Bei Betriebsstillegung ist die Kündigung zum Zeitpunkt der endgültigen Betriebsschließung zulässig.”
Die Beklagte schloß am 30. September 1991 die Zentralbibliothek Berlin, deren Aufgaben von der Zentralbibliothek Frankfurt übernommen wurden. Sie setzte den Kläger im Hinblick auf den tarifvertraglichen Kündigungsschutz ab dem 1. Februar 1992 im Aus- und Weiterbildungszentrum Berlin außerhalb des bestehenden Stellenplans ein. Dem Kläger wurde die Leitung von eigens für ihn eingerichteten Unterrichtsveranstaltungen übertragen sowie mit ihm die Einrichtung weiterer Unterrichtsveranstaltungen erörtert, um dem Kläger die Möglichkeit zu geben, sich ein neues Aufgabengebiet zu erarbeiten. Während dieser Tätigkeit des Klägers wurde Frau Rauscher in das Aus- und Weiterbildungszentrum Berlin versetzt. Frau …, die Studien der Psychologie, Pädagogik, Romanistik und Germanistik absolviert hatte, oblag es, Konzeptionen und Qualifizierungsprogramme für das Bildungspersonal zu erstellen und standortübergreifend Programme und Schulungsinhalte zu erarbeiten. Der Einsatz des Klägers im Aus- und Weiterbildungszentrum Berlin wurde von der Beklagten im September 1992 beendet, nachdem der Leiter des Aus- und Weiterbildungszentrums den Kläger für eine dortige Tätigkeit nicht für geeignet hielt; wegen der Beurteilung des Klägers wird auf Bl. 20 d.A. Bezug genommen.
Die Beklagte hörte den Betriebsrat der Betriebsstätte … mit Schreiben vom 22. September 1992 (Kopie Bl. 34 d.A.) zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses an. Sie kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28. September 1992 zum 31. März 1993. Das Arbeitsgericht Berlin gab der hiergegen erhobenen Kündigungsschutzklage des Klägers mit Urteil vom 8. Februar 1993 statt; das Urteil wurde rechtskräftig, nachdem die Beklagte die von ihr eingelegte Berufung zurückgenommen hatte.
Die Beklagte führte mit Schreiben vom 21. Januar 1993 (Kopie Bl. 21 d.A.) ein sogenanntes Personal-Clearing durch, indem sie bei sämtlichen Personalabteilungen des Unternehmens anfragte, ob eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger auf einem zu besetzenden Arbeitsplatz bestehe. Alle angeschriebenen Stellen antworteten, daß weder zum damaligen Zeitpunkt, noch in absehbarer Zukunft eine Einsatzmöglichkeit vorhanden sei. Der ebenfalls angeschriebene Leiter des Aus- und Weiterbildungszentrums Berlin, der um die nochmalige Prüfung einer Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger gebeten worden war, verneinte mit Schreiben vom 17. Februar 1993 eine Einsatzmöglichkeit. Die Beklagte unterrichtete daraufhin in einem Gespräch am 22. Februar 1993 den Betriebsrat der Betriebsstätte … erneut über eine beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund. Dem Gespräch, dessen Ablauf zwischen den Parteien streitig ist, lag ein Schreiben vom 19. Februar 1993 (Kopie Bl. 37 d.A.) zugrunde. Der Betriebsrat äußerte mit Schreiben vom 23. Februar 1993 Bedenken gegen die beabsichtigte Kündigung.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 26. Februar 1993, das der Kläger am gleichen Tage erhielt, aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung, vorsorglich zum 30. September 1993 wegen des Wegf...