Entscheidungsstichwort (Thema)
Direktionsrecht bei Verlegung des Betriebes/der Dienststelle und vorsorgliche Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
1) Zu den Anforderungen an die Vereinbarung eines konkreten Arbeitsortes im öffentlichen Dienst
2) Ausübung des Direktionsrechts und Verlegung der Dienststelle an einen anderen Ort innerhalb Deutschlands
3) Selbstbindung des Arbeitgebers durch Auswahlrichtlinien
4) Zum Verhältnis der Ausübung des Direktionsrechts und einer vorsorglich ausgesprochenen Änderungskündigung
Normenkette
BGB §§ 611, 315 Abs. 1, 3; BAT § 12 Abs. 1; KSchG § 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 18.05.1998; Aktenzeichen 93 Ca 483/98) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 18. Mai 1998 – 93 Ca 483/98 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 18. Mai 1998 – 93 Ca 483/98 – teilweise wie folgt abgeändert:
- Die Klage wird auch im übrigen abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die 1958 geborene, verheiratete Klägerin, die Mutter eines 13jährigen Kindes ist, erhielt in der Zeit vom 1. September 1975 bis zum 15. Juli 1977 eine Ausbildung im Amt für E. der DDR, das seinen Sitz in Berlin (Ost) hatte. Mit Wirkung vom 16. Juli 1977 wurde sie vom selben Amt als Sekretärin eingestellt und als Arbeitsort 108 Berlin. M. straße … schriftlich vereinbart. Zwischen der Beklagten einerseits und der Klägerin andererseits kam es am 2. Oktober 1990 (Bl. 260 d.A.) hinsichtlich ihrer Weiterbeschäftigung für die Zeit bis zunächst zum 31. Dezember 1990 in der Dienststelle Berlin des D. P. zum Abschluß eines entsprechenden schriftlichen Arbeitsvertrages. Im schriftlichen Änderungsarbeitsvertrag vom 5. April 1991 heißt es unter anderem:
„…
§ 1
C. M. wird ab 1. April 1991
als vollbeschäftigte Angestellte
auf unbestimmte Zeit
weiterbeschäftigt.
§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen sowie nach den für Angestellte des Bundes im Gebiet nach Artikel 3 des Einigungsvertrages jeweils geltenden sonstigen Regelungen.
…”
Die Klägerin war als Sachbearbeiterin in der Markenprüfung tätig und ist in die Vergütungsgruppe V c der Anlage 1 a des Tarifvertrages zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifrechtliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 in der Jeweils gültigen Fassung eingruppiert.
Die Unabhängige Föderalismuskommission, bestehend aus Mitgliedern des Deutschen Bundestages und des Bundesrates, hatte am 27. Mai 1992 unter anderem den Vorschlag beschlossen, das D. P. (Außenstelle Berlin) mit seinerzeit 589 Stellen komplett nach Thüringen zu verlagern. Im Zusammenhang mit der Verlagerung des D. P., Dienststelle Berlin, nach Jena wurde ein Dienststelle T. I. zentrum (TIZ) gegründet, die in Berlin verbleibt. In ihr werden Mitarbeiter der verlagerten Dienststelle beschäftigt. Im TIZ sind sechs Dienstposten für Tätigkeiten der Vergütungsgruppe V c BAT/BAT-O sowie zwei weitere Dienstposten mit dem Vermerk „kw mit Wegfall der Aufgabe, spätestens 31.12.2005” vorgesehen. Für die Besetzung dieser Dienstposten kamen 22 mit der Klägerin vergleichbare Mitarbeiter in Betracht, während die Klägerin aufgrund ihrer Sozialdaten den 9. Rangplaz einnahm.
Die Bundesregierung hatte am 29. Juni 1995 zur Verlagerung von Parlament und Regierungsfunktionen nach Berlin und den Verlagerungen zum Ausgleich nach Bonn eine „Personalwirtschaftliche Gesamtkonzeption” beschlossen. Durch die soll erreicht werden, daß die Zahl der vom Umzug betroffenen Beschäftigten, insbesondere im einfachen und mittleren Dienst, möglichst gering ist, was unter anderem durch dezentrale Personalbörsen und überörtliche Ausschreibungen gewährleistet werden soll.
Seit Juni 1992 unterrichtete die Dienststelle Berlin ihre Beschäftigten über die Umzugspläne und gab ihnen im April 1996 Gelegenheit, in einem Fragebogen Gründe für einen Verbleib in Berlin und eine Weiterbeschäftigung im TIZ anzugeben. Sie wies auf Stellenausschreibungen aller Bundesbehörden in Berlin hin. Die Dienststelle Berlin vereinbarte ferner mit dem Personalrat am 4. April 1997 eine Dienstvereinbarung über die Auswahl von im TIZ weiterbeschäftigten Arbeitnehmern (Bl. 54 ff d.A.) sowie einen Maßnahmenkatalog zur sozialverträglichen Ausgestaltung der Verlagerung der Dienststelle. Auf der Grundlage der genannten Dienstvereinbarung wählte sie gemeinsam mit dem Personalrat die in Berlin verbleibenden Mitarbeiter aus. Die Klägerin fand keine Berücksichtigung.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 1997, ihr ausgehändigt am 16. Dezember 1997, erhielt die Klägerin die Anweisung, mit Wirkung vom 1. Oktober 1998 ihre Tätigkeit in Jena aufzunehmen. Für den Fall, daß diese Zuweisung des Arbeitsortes im Wege des Direktionsrechtes keinen Bestand hat, sprach sie gegenüber der Klägerin eine betriebsbedingte Änderungskündigung zum 30. September 1998 aus (Bl. 4 bis 6 d.A.).
Mit der beim Arbeitsgericht Ber...