Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsorgliche Änderungskündigung für den Fall, daß sich das vorab ausgeübte Direktionsrecht als rechtlich unwirksam herausstellt
Leitsatz (amtlich)
1. Eine lediglich für den Fall, daß sich die an den Arbeitnehmer vorab erteilte Weisung aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers als rechtsunwirksam herausstellt, erklärte, vorsorgliche Änderungskündigung – Kündigung mit einer Rechtsbedingung – ist rechtlich nicht existent, wenn der Arbeitgeber schon mit seiner Maßnahme kraft seines Direktionsrechts durchdringt.
2. Stellt der Arbeitnehmer seinen gegen die Änderungskündigung gerichteten Antrag nicht als uneigentlichen Hilfsantrag für den Fall, daß er hinsichtlich seines gegen die Weisung gerichteten Antrags obsiegt, so muß die Änderungsschutzklage mangels eines Feststellungsinteresses als unzulässig – jedenfalls aber als unbegründet – abgewiesen werden, wenn seine gegen die im Wege des Direktionsrechts durchgeführte Maßnahme gerichtete Klage keinen Erfolg hat, weil das Gericht die Maßnahme als rechtswirksam erachtet.
Normenkette
KSchG § 2; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 19.03.1998; Aktenzeichen 92 Ca 38.938/97) |
Tenor
1. Soweit der Klage stattgegeben worden ist, wird sie als unzulässig abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Tatbestand
Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Kläger verpflichtet ist, im Rahmen des Umzugs des D. P.. Dienststelle B., nach J. für die Beklagte dort seine Tätigkeit mit Wirkung vom 1. Juli 1998 fortzusetzen.
Der Kläger steht auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 3. Juli 1989 seit dem 1. Juli 1989 in den Diensten der Beklagten; er wurde seitdem als Angestellter beim D. P. beschäftigt und erhielt Vergütung nach Vergütungsgruppe VIII BAT, dessen Bestimmungen auf das Arbeitsverhältnis kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwehdung finden (für eine vertretungsweise ausgeübte, höherwertige Tätigkeit nach Vergütungsgruppe VI b BAT zahlte ihm die Beklagte seit dem 1. September 1997 eine Zulage gemäß § 24 Abs. 2 BAT).
Mit Schreiben vom 15. Dezember 1997 erteilte die Beklagte dem Kläger die Weisung, im Rahmen der Verlegung der Dienststelle nach J. dort, beginnend mit dem 1. Juli 1998, seine Tätigkeit aufzunehmen, sie führte darin weiter folgendes aus:
„Für den Fall, daß die Zuweisung des Arbeitsortes J. im Wege des Direktionsrechts rechtlich keinen Bestand hat, spreche ich Ihnen gegenüber hiermit eine ordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung aus.”
Nach Beteiligung des örtlichen Personalrats wiederholte die Beklagte mit Schreiben vom 2. Februar 1998 ihre an den Kläger gerichtete Weisung zur Arbeitsaufnahme in J. zum 1. Juli 1998 für die Tätigkeit als Bürokraft in der Poststelle (vgl. Bl. 289 d.A.).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nicht berechtigt, ihm kraft ihres Direktionsrechts eine Tätigkeit in der neu errichteten Dienststelle des D. P. in J. zuzuweisen, die erklärte Änderungskündigung sei schon wegen ihrer Bedingung und wegen fehlerhafter Beteiligung des Personalrats unwirksam und auch aus den Gründen, die seiner Versetzung entgegenstünden, sozial ungerechtfertigt.
Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt beantragt,
- festzustellen, daß er nicht verpflichtet ist, den Weisungen der Beklagten entsprechend seinen Dienstab 1. Juli 1998 in J. als Bürokraft in der Poststelle zu versehen,
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 15. Dezember 1997 mit Ablauf des 30. Juni 1998 enden wird,
- die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 3. Juli 1989 über den 30. Juni 1998 hinaus in B. weiterzubeschäftigen.
Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes erster Instanz wird unter Bezugnahme auf § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Durch ein am 19. März 1998 verkündetes Urteil hat das Arbeitsgericht dem gegen die Änderungskündigung gerichteten Feststellungsantrag zu 2. stattgegeben und im übrigen die Klage abgewiesen. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, daß die Anweisung der Beklagten vom 2. Februar 1998 rechtlich nicht zu beanstanden sei: die erklärte Änderungskündigung sei zwar lediglich unter einer kündigungsrechtlich zulässigen Rechtsbedingung erklärt worden, sie verstoße aber gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, da ja die Weisung rechtlich ausreichend gewesen sei. Insoweit habe es von einer Aussetzung des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag zu 1. abgesehen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das der Beklagten am 15. Mai 1998 und dem Kläger am 18. Mai 1998 zugestellte Urteil haben zunächst beide Parteien Berufung eingelegt; und zwar die Beklagte mit dem beim Landesarbeitsgericht am 9. Juni 1998 eingegangenen Schriftsatz. Sie hat die Berufung am 30. Juni 1998 begründet. Der Kläger hat seine Berufung gegen die Abweisung seiner Anträge zu 1. und 3. wieder zurückgenommen.
Die Beklagte ...