Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Verfügung auf Unterlassen. Wettbewerb
Leitsatz (amtlich)
Anforderungen für das Zustandekommen sowie Inhalt und Umfang eines nachgehenden Wettbewerbsverbots
Normenkette
HGB §§ 74, 74a, 75
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 18.06.1997; Aktenzeichen 2 Ga 22124/97) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 18. Juni 1997 – 2 Ga 22124/97 – geändert.
2. Der Verfügungsbeklagte wird im Wege der einstweiligen Verfügung verurteilt, bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 13. Mai 1998, sich des Wettbewerbs als Verkäufer, Einkäufer, Außendiensmitarbeiter oder Disponent im Bereich des Fleisch- und Wurstwarenvertriebs in Berlin und den neuen Bundesländern zu enthalten, insbesondere es zu unterlassen, direkt oder indirekt, mittelbar oder unmittelbar für die Firma G. GmbH & Co. Handels KG i.Gr. in dieser Weise tätig zu werden.
3. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Verfügungsbeklagten ein Ordnungsgeld in Höhe bis zu 500.000,– DM, ersatzweise Ordnungshaft, angedroht.
4. Der Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Der Verfügungsbeklagte war seit dem 1. April 1987 auf der Grundlage zweier Arbeitsverträge vom 27. März 1997 (Hülle Bl. 141 d.A.) für die Verfügungsklägerin als Leiter der Einkaufsabteilung und Außendienstmitarbeiter gegen ein Monatsgehalt von 10.000,– DM brutto zuzüglich Provision tätig. § 3 Abs. 2 des einen Vertrags enthielt ein zwölfmonatiges Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Nach einer bis zum 24. April 1997 dauernden Krankschreibung nahm der Verfügungsbeklagte seine Arbeit nicht wieder auf, sondern kündigte mit einem an die Muttergesellschaft der Verfügungsklägerin gerichteten Schreiben vom 4. Mai 1997 seine Stellung zum Monatsanfang. Daraufhin kündigte die Verfügungsklägerin ihm nach vergeblicher Aufforderung, wieder zur Arbeit zu erscheinen, mit am selben Tag überbrachtem Schreiben vom 13. Mai 1997 ihrerseits fristlos.
Die Verfügungsklägerin nimmt den Verfügungsbeklagten auf Unterlassung von Wettbewerb in Anspruch. Dazu verweist sie auf die Tätigkeit des Verfügungsbeklagten für die G. GmbH & Co. Handels KG i.G., für die er auch zwei Mitarbeiter ihrer Muttergesellschaft abgeworben habe.
Das Arbeitsgericht Berlin hat „die Klage” abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, das Wettbewerbsverbot sei jedenfalls gemäß § 75 HGB unwirksam geworden, weil die Verfügungsklägerin weder einen wichtigen Grund für ihre außerordentliche Kündigung ausreichend glaubhaft gemacht noch dem Verfügungsbeklagten eine Karenzentschädigung in voller Höhe seiner zuletzt bezogenen Leistungen zugesagt habe, während dieser ihr erklärt habe, das Wettbewerbsverbot als unwirksam anzusehen.
Gegen dieses ihr am 17. Juli 1997 zugestellte Urteil wendet sich die Verfügungsklägerin mit ihrer bereits am 26. Juni 1997 und nochmals am 18. Juli 1997 eingelegten und jeweils begründeten Berufung. Sie verweist darauf, den Verfügungsbeklagten mit Schreiben vom 5. Mai 1997 (Ablichtung Bl. 128 d.A.) darauf hingewiesen zu haben, daß sie sich im Falle einer fristlosen Kündigung auf die strikte Einhaltung des vereinbarten Wettbewerbsverbots berufen werde. Dieser Hinweis sei bei einem Gespräch in der Kanzlei ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 13. Mai 1997 und mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Mai 1997 (Ablichtung Bl. 57 und 58 d.A.) wiederholt worden.
Das gesondert unterzeichnete Wettbewerbsverbot sei dem Verfügungsbeklagten bei Vertragsschluß ausgehändigt worden. Die Firma G. sei im selben Bereich wie sie tätig, wie sich einem Werbezettel (Ablichtung Bl. 179 d.A.) entnehmen lasse. Der Berliner Markt sei sehr eng, weshalb sie aufgrund von Billigangeboten der Firma G. Margeneinbußen von über 1 Mio. DM befürchte. Das Arbeitsgericht habe verkannt, daß § 75 Abs. 3 HGB i.V.m. § 75 Abs. 1 HGB analog dem Arbeitgeber bei einem vertragswidrigen Verhalten des Arbeitnehmers ein Wahlrecht gebe, sich vom Wettbewerbsverbot loszusagen oder daran festzuhalten, wobei die Lossagung ausdrücklich erfolgen müsse. Auch die Voraussetzungen des § 75 Abs. 2 HGB seien schon deshalb nicht erfüllt, weil der Verfügungsbeklagte nicht innerhalb eines Monats ausdrücklich erklärt habe, sich von dem Wettbewerbsverbot loszusagen.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils im Wege der einstweiligen Verfügung zu entscheiden, daß
- der Verfügungsbeklagte es zu unterlassen habe, direkt oder indirekt, mittelbar oder unmittelbar für die Firma G. Lebensmittel GmbH & Co. Handels KG i.G. tätig zu werden, und ihm aufzugeben, seine Tätigkeit für diese Firma einzustellen,
- dem Verfügungsbeklagten aufgegeben werde, sich des Wettbewerbs als Verkäufer, Einkäufer, Außendienstmitarbeiter oder Disponent im Bereich des Fleisch- und Wurstwarenvertriebs in Berlin und den neuen Bundesländern zu enthalten.
Der Verfügungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Berufung bereits für...