Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortsetzungsverweigerungserklärung. Umdeutung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine nicht rechtzeitig abgegebene Fortsetzungsverweigerungserklärung i.S.d. § 12 KSchG kann gemäß § 140 BGB regelmäßig in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden.
2. Auch durch eine nur versehentlich verspätet abgegebene Fortsetzungsverweigerungserklärung wird der Annahmeverzug des Arbeitgebers entsprechend § 297 BGB beendet, weil der Arbeitnehmer damit zum Ausdruck bringt, nicht mehr leistungsbereit zu sein.
Normenkette
KSchG § 12; BGB § 140
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 12.02.1999; Aktenzeichen 51 Ca 16344/98) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. Februar 1999 – 51 Ca 16344/98 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der am 19. August 1962 geborene Kläger stand seit dem 1. September 1978 zunächst als Auszubildender und danach als Kfz-Mechaniker in den Diensten der Beklagten. Gemäß Nr. 1 seines Arbeitsvertrags vom 26. August 1981 waren die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer des Berliner Kraftfahrzeug-Handwerks in ihrer jeweils letzten Fassung Bestandteil dieses Vertrags.
Durch Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 6. November 1997 – 7 Ca 39982/96 – wurde festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers durch eine ordentliche Kündigung der Beklagten vom 27. September 1996 nicht aufgelöst worden war. Dieses Urteil wurde der Beklagten am 30. November 1997 zugestellt, die es rechtskräftig werden ließ.
Mit Schreiben vom 13. Februar 1998 (Ablichtung Bl. 9 d.A.) erklärte der Kläger, daß er das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen werde, und machte einen Anspruch auf Verzugslohn bis Zugang dieses Schreibens geltend. Diese Forderung bezifferte der Kläger mit Schreiben vom 23. März 1998 für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis 28. Februar 1998 unter Anrechnung von Arbeitslosengeld und anderweitigem Verdienst.
Der Kläger hat die Beklagte durch einen am 17. April 1998 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids auf Zahlung von 26.258,94 DM brutto nebst Zinsen in Anspruch genommen. Diese ist vom Arbeitsgericht Berlin auf ihren Widerspruch hin verurteilt worden, an den Kläger 1.541,96 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den Nettobetrag seit dem 7. April 1998 zu zahlen, während die Klage im übrigen abgewiesen worden ist. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe nur für Februar 1998 Anspruch auf Verzugslohn, während sein Anspruch für die Zeit davor wegen Versäumung der Ausschlußfristen des arbeitsvertraglich in bezug genommenen Manteltarifvertrags für die Arbeiter und Angestellten im Kfz-Gewerbe Berlin vom 29. Juni 1988 (MTV Kfz) verfallen seien.
Gegen dieses ihm am 19. Mai 1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. Juni 1999 eingelegte und zugleich begründete Berufung des Klägers. Er ist der Ansicht, daß die Ausschlußfristen des MTV Kfz nicht zu beachten gewesen seien, weil dessen Allgemeinverbindlichkeit am 31. Dezember 1996 geendet habe und die arbeitsvertragliche Bezugnahme nur gültige Tarifverträge umfaßt haben dürfte. Zudem habe er die mit Zugang seiner Nichtfortsetzungserklärung am 16. Februar 1998 in Lauf gesetzten Ausschlußfristen von insgesamt acht Wochen gewahrt. Da diese Nichtfortsetzungserklärung nicht rechtzeitig abgegeben worden sei, habe sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten fortbestanden, und stütze er seine Klage deshalb hilfsweise auf einen Anspruch auf Verzugslohn für die Zeit von März 1998 bis September 1999 in Höhe von 21.197,02 DM brutto.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Änderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn weitere 24.716,98 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag ab dem 7. April 1998 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Angriffen der Berufung im einzelnen entgegen.
Entscheidungsgründe
1. Die Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verzugslohn für die Zeit von Januar 1997 bis Januar 1998.
1.1 Das Arbeitsgericht Berlin hat zutreffend dargelegt, daß der Kläger für seinen Anspruch auf Verzugslohn aus § 615 Satz 1 BGB die zweistufige Ausschlußfrist des § 19 Nr. 2 MTV Kfz versäumt hat (§ 543 Abs. 1 ZPO).
1.1.1 Die unter Nr. 1 des Arbeitsvertrags vom 26. August 1981 getroffene Regelung, wonach die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer des Berliner Kraftfahrzeug-Handwerks in ihrer jeweils letzten Fassung Bestandteil dieses Vertrags sein sollten, konnte entgegen der Ansicht der Berufung schon nach ihrem Wortlaut nicht auf die derzeit gültigen Tarifverträge beschränkt werden (§ 157 BGB). Zudem entsprach es auch dem Sinn und Zweck einer solchen Bezugnahme, dem Arbeitnehmer wie im Falle der Nachwirkung eines abgelaufenen Tarifvertrags, der das Arbeitsverhältnis aufgrund beiderseitiger Tarifbindung gemäß § 3 Abs. 2 TVG oder Allgemeinverbindlichkeit gemäß § 5 Abs. 4 TVG erfaßt hatte, gemäß ...