Entscheidungsstichwort (Thema)
Probeweise Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Erprobung eines bisher nach Vgr. VI b BAT-O vergüteten Angestellten in einer Tätigkeit, die nach Vgr. IV b BAT-O bewertet wird, kann dadurch stattfinden, daß dem Angestellten für die Dauer der Probezeit die Arbeit insoweit zugewiesen wird, als sie den Merkmalen der Vgr. V b Fgr. 1 BAT-O entspricht und ihm erst nach erfolgreichem Abschluß der Probezeit die mit dieser Tätigkeit verbundene besondere Verantwortung (auch gegenüber Dritten) – u.a. Unterschriftsbefugnis – übertragen wird.
2. Diese Vorgehensweise rechtfertigt während der Probezeit eine Bezahlung nur nach Vgr. V b BAT-O.
Normenkette
BAT-O § 24 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 04.01.1995; Aktenzeichen 93 Ca 16371/94) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. Januar 1995 – 93 Ca 16371/94 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung der Differenzbeträge zur nächsthöheren Vergütungsgruppe aufgrund einer vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit in Anspruch.
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger ist seit dem 1. September 1991 als vollbeschäftigter Angestellter bei der Beklagten beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 20. August 1991 (Ablichtung Bl. 5 d.A.) weist eine Einreihung in die Vergütungsgruppe VII BAT-O aus. Der Kläger wurde zunächst als Bürosachbearbeiter in der Abteilung Archivbestände eingesetzt und im Laufe der Zeit in die Vergütungsgruppe VI b BAT-O höhergruppiert.
Mit Schreiben vom 24. August 1993 (Ablichtung Bl. 6 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie setze ihn mit Wirkung vom 1. September 1993 in das Referat AU II.3 um und übertrage ihm „probeweise für die Dauer von sechs Monaten die Aufgaben eines Sachbearbeiters Auskunft. Diese Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe IV b BAT-O.” Für die Dauer der Übertragung dieser Aufgaben erhielt der Kläger eine persönliche Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen seiner bisherigen Vergütung nach Vgr. VI b und Vgr. V b BAT-O. In dem Schreiben heißt es weiter:
„Bei voller Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben im Sinne der Tarif Vorschriften wird die Zahlung einer persönlichen Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Vergütungen der Vergütungsgruppen VI b und IV b BAT-O erfolgen.
Sofern Sie sich nach Ablauf der sechsmonatigen Erprobungszeit in der Funktion eines Sachbearbeiters Auskunft bewährt haben, wird Ihnen diese Tätigkeit endgültig übertragen und die Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe IV b BAT-O vollzogen.”
Während der Probezeit bis zum 28. Februar 1994 hatte der Kläger keinerlei Unterschriftsbefugnis. Seit dem 1. März 1994 ist er – wie die übrigen Sachbearbeiter – berechtigt, sogenannte Negativbescheide zu unterschreiben. Bei belastenden Rechercheergebnissen hat er unterschriftsreife Bescheide zu erstellen. Seit dem 1. März 1994 ist er in die Vgr. IV b BAT-O eingereiht.
Nach erfolgloser schriftlicher Geltendmachung vom 25. Februar 1994 hat der Kläger mit seiner am 27. Mai 1994 beim Arbeitsgericht Berlin eingereichten Klage Nachzahlung der monatlichen Differenzbeträge zwischen den Vgr. V b und IV b BAT-O für die Zeit vom 1. September 1993 bis zum 28. Februar 1994 in der rechnerisch unter den Parteien unstreitigen Höhe von 2.579,38 DM brutto nebst Verzugszinsen auf den Nettobetrag verlangt. Er hat diese Forderung auf die Bestimmung des § 24 Abs. 1 BAT-O gestützt und behauptet, er habe die vollen Aufgaben der mit Vgr. IV b BAT-O bewerteten Position erhalten. Im übrigen komme es auf die auszuübende Tätigkeit und nicht auf die ausgeübte Tätigkeit an. Hieran ändere auch nichts, daß die Übertragung zunächst nur probeweise geschehen sei. Der BAT sehe nicht vor, im Falle einer Erprobung die persönliche Zulage nicht zu zahlen.
Im übrigen habe es, so hat der Kläger gemeint, seiner Erprobung gar nicht bedurft, da er in einem umfangreichen Auswahlverfahren für die Tätigkeit ausgesucht worden sei. Auch habe er bereits in der Erprobungsphase eine Beantwortungsquote der Anfragen von 28,9 % erzielt, und zwar fehlerfrei, und damit quantitativ wie qualitativ die Tätigkeit wie ein Angestellter ausgeübt, dem sie auf Dauer übertragen worden sei. Die fehlende Unterschriftsberechtigung hindere die tarifliche Bewertung nicht, da sämtliche Sachbearbeiter des entsprechenden Sachgebietes die Unterschriftsbefugnis erst ab 5. Januar 1994 erhalten hätten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 2.579,38 brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 15. Februar 1994 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, tatsächlich seien dem Kläger nicht die vollen Aufgaben übertragen worden, wie sie ein auf unbestimmte Zeit an dieser Stelle beschäftigter Angestellter zu erledigen habe. Der Kläger habe nämlich zunächst einer intensiven ...