Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugang einer Kündigung während urlaubsbedingter Abwesenheit des Arbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
Auch während dem Arbeitgeber bekannter Urlaubsabwesenheit kann dem Arbeitnehmer durch eingeschriebenen Brief, den ein Ersatzempfänger entgegennimmt, wirksam gekündigt werden (gegen BAG 16.12.1980) EzA Nr. 10 zu § 130 BGB = BB 1981, 1030).
Normenkette
BGB § 130 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 2, §§ 4, 7; Postordnung § 51 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 11.05.1987; Aktenzeichen 26 Ca 129/86) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. Mai 1987 – 26 Ca 129/86 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der 1946 geborene Kläger, der gelernter Speditionskaufmann ist, trat als Lagerist im Angestelltenverhältnis in die Dienste der Beklagten, bei der in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der zur Berufsausbildung Beschäftigten tätig sind. Der Kläger erhielt zuletzt ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von DM 3.051,–.
Die Beklagte, die ihren Sitz in … hat, stellt Wachsprodukte, insbesondere Kerzen, her. Sie vertreibt ihre Produkte über Außendienstmitarbeiter und unterhält in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) Außenlager. In Berlin (West) ist für die Beklagte ein Außendienstmitarbeiter tätig. Die von diesem Außendienstmitarbeiter georderte Ware wird über das Lager Berlin abgewickelt. Neben dem Warentransport gehörte es zu den Aufgaben des Klägers, Warensendungen aus … entgegenzunehmen, diese auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen und sie in Regale einzuordnen. Ferner nahm der Kläger auch telefonische Bestellungen entgegen, kommissionierte sie und transportierte sie zu den Auftraggebern.
In der Zeit vom 7. Juli bis zum 1. August 1986 hatte der Kläger Erholungsurlaub genommen, hielt sich jedoch vom 10. bis 27. Juli 1986 zusammen mit seiner Ehefrau in Schweden auf. Der Urlaubsort in Skandinavien stand im Zeitpunkt des Reiseantrittes noch nicht fest.
Mit Schreiben vom 10. Juli 1986 kündigte die Beklagte den Arbeitsvertrag des Klägers fristgerecht zum 31. Dezember 1986.
Im Kündigungsschreiben heißt es u.a.:
Sehr geehrter Herr …
die mit einer Lagerhaltung von Kerzen verbundenen Kosten sind außerordentlich hoch. Wir haben uns daher aus Rationalisierungsgründen entschließen müssen, eine Reihe von Außenläger aufzugeben; andere wurden erheblich verkleinert.
Leider können wir das Lager Berlin nicht in dem seitherigen Ausmaß weiterführen. Die Berliner Kunden müssen mehr ab … beliefert werden. Das dortige Lager wird daher an Bedeutung verlieren.
Das Kündigungsschreiben hatte die Beklagte durch eingeschriebenen Brief an die Berliner Wohnanschrift des Klägers gesandt, das am 14. Juli 1986 der Mutter des Klägers, die während der urlaubsbedingten Abwesenheit der Eheleute … deren Wohnung in regelmäßigen Abständen kontrollierte, ausgehändigt wurde. Nach seiner Rückkehr am 28. Juli 1986 erlangte der Kläger erstmalig Kenntnis vom Inhalt des Kündigungsschreibens.
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 9. August 1986 eingegangenen und der Beklagten am 1. September 1986 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung gewandt und vorsorglich die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage begehrt.
Durch Beschluß vom 27. Oktober 1986 hat das Arbeitsgericht Berlin den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage zurückgewiesen. Das dagegen beim Landesarbeitsgericht Berlin unter dem Aktenzeichen 9 Ta 14/86 eingelegte Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Mit einer beim Arbeitsgericht Berlin am 11. Februar 1987 eingegangenen weiteren Klage hat der Kläger das Gehalt für den Monat Januar 1987 in Höhe von DM 3.199,– brutto abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von DM 1.199,10 netto geltend gemacht. Durch Beschluß vom 11. Mai 1987 hat das Arbeitsgericht beide bei ihm anhängigen Prozesse zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß ihm das Kündigungsschreiben erst am 28. Juli 1986 zugegangen sei, da er während seines Urlaubes nicht mit einer Kündigung der Beklagten habe rechnen müssen, zumal er während seiner urlaubsbedingten Ortsabwesenheit in Berlin auch für seine Mutter nicht erreichbar gewesen sei.
Das Vorliegen betriebsbedingter Gründe, die die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung sozial hätte rechtfertigen können, hat der Kläger bestritten. Er hat in diesem Zusammenhang behauptet, die Beklagte habe ihr Berliner Lager aufrechterhalten und den Mietvertrag bis zum 31. März 1987 verlängert.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 10. Juli 1986 nicht mit dem 31. Dezember 1986 beendet worden ist,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 3.199,–brutto abzüglich DM 1.199,10 netto nebst A % Zinsen se...