Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuweisung von Aufgaben, die einer niedrigeren Entgeltgruppe zuzuordnen sind. Tarifauslegung
Leitsatz (redaktionell)
Die Auslegung von § 13 Abs. 3 des Tarifvertrags Nr. 444 der Deutschen Post AG ergibt, dass dieser keine Grundlage für eine Zuweisung von Aufgaben darstellt, die einer niedrigeren Entgeltgruppe zuzuordnen sind.
Normenkette
§ 1 TVG i.V.m TV Nr. 444 der D. P. AG; TVG § 1 Abs. 1; Tarifvertrag Nr. 444 der Deutschen Post AG § 13 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 15.05.2003; Aktenzeichen 25 Ca 21432/02) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 15. Mai 2003 – 25 Ca 21432/02 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen eine Zuweisung von Aufgaben, die einer niedrigeren Entgeltgruppe zuzuordnen sind, wobei er der Auffassung ist, dass ihm die Zuweisung höchstens bis zum 30. September 2002 erklärt werden konnte.
Der Kläger ist seit 1972 als Elektriker in der Entgeltgruppe IV mit einem monatlichen Bruttoentgelt von 3.300,– EUR bei der Beklagten, die mehr als fünf Vollzeitarbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt, eingestellt.
Bis zum 31. Dezember 2001 war er der Serviceniederlassung Immobilien Saarbrücken, Außenstelle Berlin, zugeordnet, die zum 1. Januar 2002 aufgelöst wurde. Die Beklagte ordnete den Kläger ab 1. Januar 2002 der Niederlassung Produktion Brief Zentrum zu und beschäftigte den Kläger mit unterschiedlichen Aufgaben. Seit 18. September 2002 ist der Kläger bei bisherigem Entgelt als Sortierer in der Abteilung 31 eingesetzt.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme die bei der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung. Der Tarifvertrag Nr. 444 (im Folgenden: TV Nr. 444) trifft für den rationalisierungsbedingten Wegfall eines Arbeitsplatzes (§§ 1 und 2 des TV Nr. 444) folgende Regelungen:
„§ 3
Gleichwertige und zumutbare Weiterbeschäftigung
Die D. P. AG ist verpflichtet, dem unter § 1 und § 2 fallenden Arbeitnehmer einen anderen gleichwertigen und zumutbaren Arbeitsplatz anzubieten.
§ 4
Gleichwertigkeit des Arbeitsplatzes
Eine Gleichwertigkeit des Arbeitsplatzes ist immer dann gegeben, wenn der Arbeiter in der bisherigen Entgeltgruppe mit der bisherigen arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit (WAZ) eingesetzt werden kann.
§ 5
Zumutbarkeit des Arbeitsplatzes
(1) Die D. P. AG wird dem unter § 1 und § 2 fallenden Arbeiter nur Arbeitsplätze anbieten, die in funktionaler, zeitlicher, räumlicher, gesundheitlicher und sozialer Hinsicht zumutbar sind.
(2) Die funktionelle Zumutbarkeit ist gegeben, wenn die Anforderungen des neuen Arbeitsplatzes der Qualifikation (Ausbildung, Erfahrung, bisherige Tätigkeit) des Arbeiters entsprechen oder die erforderliche Qualifikation durch eine sachgerechte und zumutbare Fortbildung/Umschulung erworben werden kann.
§ 6
Unterwertige zumutbare Weiterbeschäftigung
(1) Soweit unter Ausnutzung der vorstehenden Regelungen ausnahmsweise und im Einzelfall das Angebot eines gleichwertigen und zumutbaren Arbeitsplatzes nicht sogleich möglich ist, ist die D. P. AG verpflichtet, dem betroffenen Arbeiter einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz mit geringerem Entgelt anzubieten. Davon betroffene Arbeiter haben einen vorrangigen Anspruch auf unverzügliche Wiederverwendung auf einem Arbeitsplatz mit gleichwertigen Bedingungen. Ein Arbeitsplatz mit geringerem Entgelt ist ein Arbeitsplatz, der gemäß § 4 nicht gleichwertig ist.
(2) Für die Zumutbarkeit gelten die Regelungen gem. § 5.
§ 13
Bestandsschutz
(3) Bis zum Zustandekommen eines gültigen Sozialplans, längstens jedoch für die Dauer von 9 Monaten nach Eintritt der Rationalisierungsmaßnahme, werden von der D. P. AG aufgrund von Maßnahmen i.S.v. § 1 lediglich vorläufige personalrechtliche Maßnahmen vorgenommen. Hierbei handelt es sich um befristete Umsetzungen und Abordnungen. Während dieses Zeitraumes bleibt bei einer solchen Maßnahme, die eine Minderung des bisherigen monatlichen Einkommens bewirkt, dessen Höhe gesichert.”
Mit seiner der Beklagten am 14. August 2002 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen eine weitere Zuweisung von Tätigkeiten unterhalb seiner Tarifgruppe IV gewendet. Die ihm seit dem 1. Januar 2002 zugewiesenen Tätigkeiten seien den Entgeltgruppen I und II zuzuordnen, insofern unstreitig. Die Zuweisung solcher Tätigkeiten über neun Monate hinaus sei vom Tarifvertrag 444 nicht gedeckt. Es treffe nicht zu, dass es keine gleichwertigen Arbeitsplätze gebe. Zum 7. November 2002 seien mehrere Stellen in der Serviceniederlassung Verbund/Instandhaltung frei gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass er gemäß § 13 Tarifvertrag Nr. 444 nicht verpflichtet ist, länger als neun Monate, also über den 30.9.2002 hinaus, Arbeiten unterhalt seiner tariflichen Eingruppierung Entgeltgruppe IV auszuüben.
Die ...