Entscheidungsstichwort (Thema)
Statusklage eines nicht programmgestaltenden Mitarbeiters
Leitsatz (amtlich)
1. Dienstverhältnisse nicht programmgestaltender Mitarbeiter sind in der Regel als Arbeitsverhältnisse anzusehen.
2. Die Umstände des zu entscheidenden Einzelfalls führen nicht zu der gegenteiligen Annahme. Insbesondere ist der Kläger als Kameraassistent während der Einsätze vollständig weisungsgebunden gegenüber dem Kameramann.
Normenkette
BGB § 620
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 08.12.1995; Aktenzeichen 93 Ca 4776/95) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 08.12.1995 verkündeteUrteil des Arbeitsgerichts Berlin – 93 Ca 4776/95 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
die Parteien streiten über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihnen.
Der Kläger arbeitet seit April 1993 bei den beklagten Sender als Kameraassistent. Er arbeitet jeweils im Team mit einem Kameramann, der ihm gegenüber weisungsberechtigt ist. Die einzelnen Einsätze erfolgen aufgrund eines „Verpflichtungsschein-Honorarvertrag” in dem die Zahl der Einsätze, die Produktion/Sendung, die Einsatztage und die Vergütung pro Arbeitstag angegeben sind. Er erhält monatliche Vergütungsmitteilungen/Honorarabrechnungen, in denen vom Honorar die Ergänzungsabgabe und die üblichen Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden.
Im April 1993 war der Kläger an 110 Arbeitstagen, beginnend ab April, 1994 an 178 Arbeitstagen und im Januar 1995 bis zur Klageerhebung an 15 Arbeitstagen eingesetzt. In der 6. Kalenderwoche 1995 erhielt der Kläger einen Aktenvermerk der Beklagten, wonach die gesamte Anzahl der Arbeits-/Einsatztage 90 im Kalenderjahr und die gesamte Dauer der Einsatztage 8,5 Monate im Kalenderjahr nicht überschreiten darf. Pro Kalenderjahr muß mindestens zwei volle Kalendermonate pausiert werden, wobei eine Pause von mindestens einem Kalendermonat spätestens nach sechs Monaten Einsatz zu nehmen ist. Im ersten Halbjahr 1996 war der Kläger dann im Januar an 23 Tagen, im Februar an 25 Tagen, im März an 22 Tagen, im April an 13 Tagen und im Juni an zehn Tagen eingesetzt.
Mit seiner am 15. Februar 1995 bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Ansicht vertreten, aufgrund einer persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit und dem Einordnungsverhältnis in die Arbeitsorganisation der Beklagten befinde er sich in einem Arbeitsverhältnis zu dieser.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß sich der Kläger bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis befindet.
Die Beklagte hat beantragt.
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Kläger sei freier Mitarbeiter. Nach ihrer Dispositionspraxis würden die Einsatztermine zuvor mit ihm ausgehandelt, ehe sie in den Auftragsplan aufgenommen würden. Dabei sei er in keiner Weise verpflichtet, die ihm angebotenen Aufträge anzunehmen.
Von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes in der ersten Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 66 d.A.) Bezug genommen.
Mit Urteil vom 8. Dezember 1995 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben mit der Begründung, daß bei nicht programmgestaltenden Mitarbeitern grundsätzlich von einem Arbeitsverhältnis auszugehen sei. Auf die einseitige Aufstellung eines Dienstplans als Abgrenzungskriterien komme es bei nichtprogrammgestaltenden Mitarbeitern nicht entscheidend an. Das Vertragsverhältnis weise vielmehr die typischen Merkmale eines Arbeitsverhältnisses auf; der Kläger sei bei seiner Arbeit in jeder Hinsicht weisungsgebunden. Für die weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 67 u. 68 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses der Beklagten am 11. Januar 1996 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 12. Februar 1996 bei den Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung, die sie mit dem am 12. März 1996 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Beklagte trägt vor: Sie setze pro Tag etwa 20 Teams ein, bestehend aus je einem Kameramann und einem Kameraassistenten. Insgesamt beschäftige sie 27 Kameramänner, von denen aber nur 20 pro Tag bei ihr in ihrer eigentlichen Funktion zum Einsatz kämen. Neben zehn Kameraassistenten, die sie als Arbeitnehmer beschäftige, benötige sie daher zehn weitere, um die Einsätze abdecken zu können. Für diese zehn weiteren Kameraassistenten stehe ihr ein Pool von ca. 40 „freien” Kameraassistenten zur Verfügung, der sich aus den Absolventen der entsprechenden Fachschulen rekrutiere und sich überdies jährlich vergrößere. Im Jahre 1996 seien die Einsätze zurückgegangen auf durchschnittlich 6,32 freie Kameraassistenten pro Tag.
Zu den Einsätzen der freien Kameraassistenten komme es wie folgt: Die Dispatcherin beginne 14 Tage vor dem jeweiligen Einsatz mit der Aufstellung der Dienstpläne der Kameraassistenten. Dabei setze sie zunächst für die festangestellten Mitarbeiter die Zeiten und Arten der Tätigkeit ...