rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweislast für einen neuen Verhinderungsfall
Leitsatz (amtlich)
1. Den Arbeitnehmer, der für eine weitere Bezugsdauer Kranken Vergütung verlangt, trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit bereits beendet war, also ein neuer Verhinderungsfall eingetreten ist.
2. Für § 37 Abs. 5 Unterabs. 1 BAT genügt es nicht, daß der Angestellte zwischen zwei Zeiten der Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Ursache anderweitig erkrankt war, sondern ist eine tatsächliche Arbeitsleistung von mindestens vier Wochen erforderlich, um erneut einen Anspruch auf Krankenvergütung für die volle Bezugsdauer zu erwerben.
Normenkette
BAT § 37 Abs. 2, 5
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 14.03.1990; Aktenzeichen 35 Ca 468/89) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. März 1990 – 35 Ca 468/89 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Klägerin steht seit dem 1. August 1980 in einem Arbeitsverhältnis als Sprachtherapeutin zur Beklagten. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung.
Seit Mai 1988 war die Klägerin aufgrund einer Depression arbeitsunfähig krank. Laut Attest der sie behandelnden Neurologin vom 28. Juli 1989 sollte die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich bis zum 11. August 1989, einem Freitag, dauern. Am darauffolgenden Montag erschien die Klägerin auf ihrer Arbeitsstelle. Ob sie an diesem Tag auch eine Arbeitsleistung erbrachte, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls wurde die Klägerin noch im Laufe des Tages von einer Ärztin für Innere Medizin für die Zeit ab 15. August 1989 krank geschrieben. Diese Krankschreibung wurde mehrmals bis schließlich zum 15. September 1989 verlängert. An diesem Tag stellte dann wieder die Neurologin der Klägerin eine als Folgebescheinigung bezeichnete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus. Die Klägerin ist auch zur Zeit noch krank geschrieben.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage auf Gehaltszahlung für die Dauer von 18 Wochen ab dem 14. August 1989 abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, es sei davon auszugehen, daß die Klägerin seit Mai 1988 ununterbrochen arbeitsunfähig krank gewesen sei und deshalb keinen Anspruch auf Krankenbezüge habe erwerben können. Dieser Schluß rechtfertige sich bereits daraus, daß die Neurologin der Klägerin am 15. September 1989 nicht eine Erst-, sondern eine Folgebescheinigung ausgestellt und damit dokumentiert habe, von der Fortdauer einer bereits begonnenen depressiven Erkrankung ausgegangen zu sein. Es sei auch sonst nicht erkennbar, daß die Klägerin gerade am 14. August 1989 arbeitsfähig gewesen sei. Sie habe es unterlassen, die von ihr an diesem Tag angeblich ausgeübte Tätigkeit zu schildern, obwohl hierzu aufgrund des Bestreitens der Beklagten Anlaß bestanden habe.
Gegen dieses ihr am 27. März 1990 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. April 1990 eingelegte und am 10. Mai 1990 begründete Berufung der Klägerin. Sie ist der Ansicht, durch die Folgebescheinigung vom 15. September 1989 sei lediglich mitgeteilt worden, daß diese im Anschluß an eine vorhergehende Krankschreibung erfolgt sei. Bei einer Depression handele es sich um eine Krankheit, die durchaus überraschend beendet sei, was nicht ausschließe, daß sie später erneut wieder auftrete. Auch müßten die Symptome nicht stets so stark sein, daß sie jeweils mit Arbeitsunfähigkeit verbunden seien. So habe sie unter anderem auch am 3., 4. und 28. Oktober 1988 gearbeitet. In der Zeit vom 15. August bis 15. September 1989 sei sie ausschließlich aufgrund eines plötzlich auf getretenen Lendenwirbelsyndroms arbeitsunfähig gewesen. Am 14. August 1989 habe sie sich bei Arbeitsantritt telefonisch im Personalbüro gemeldet. Ihre Tätigkeit an diesem Tag habe im wesentliche im Aktenstudium bestanden. Außerdem habe sie sich als Mitarbeitervertreterin über den Stand der die Mitarbeitervertretung betreffenden Angelegenheiten informiert. Dienstbesprechungen mit Kollegen habe sie aufgrund einer Weisung ihres Vorgesetzten nur in dessen Anwesenheit durchführen dürfen, der sich jedoch im Urlaub befunden habe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie 13.945,– DM brutto zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und verweist darauf, daß nach einer längeren Abwesenheit die Rückmeldung beim Dienstvorgesetzten und eine Kontaktaufnahme zu den Kollegen erforderlich sei; beides sei jedoch durch die Klägerin nicht erfolgt.
Das Gericht hat schriftliche Auskünfte der von ihrer Schweigepflicht entbundenen Ärztinnen zu den Fragen eingeholt, ob die Klägerin aufgrund ihrer Depression tatsächlich nur bis zum 11. August 1989 arbeitsunfähig krank war und die für die Zeit ab 15. August 1989 attestierte Arbeitsunfähigkeit nicht bereits seit dem 11. August 1989 eingetreten war. Wegen des ...