Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitgutschrift einer Überzeitzulage auf dem Freizeitkonto eines Arbeitnehmers. Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Berücksichtigung von aus dem Freizeitkonto entnommener Freizeit als Arbeitszeit im Arbeitszeitkonto des Arbeitnehmers. Zeitgutschrift. Überzeitzulage. Tarifauslegung. Arbeitszeitkonto
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1; Tarifvertrages zur Regelung einer Jahresarbeitszeit für die Arbeitnehmer der Deutschen Bahn AG (JazTV) §§ 2-5
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 27.08.2001; Aktenzeichen 42 Ca 11027/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. August 2001 – 42 Ca 11027/01 wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klage wird auch abgewiesen, soweit sie in der Berufungsinstanz erweitert worden ist.
III. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zeitgutschrift einer Überzeitzulage auf dem Freizeitkonto des Klägers und die Verpflichtung der Beklagten, einem Tochterunternehmen der Deutschen Bahn AG, zur Berücksichtigung von aus dem Freizeitkonto entnommener Freizeit als Arbeitszeit im Arbeitszeitkonto des Klägers.
Der Kläger steht seit dem 1. September 1983 im Rahmen eines Vollzeitarbeitsverhältnisses, zuletzt als Lokführer in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten, auf das u.a. der Tarifvertrag zur Regelung einer Jahresarbeitszeit für die Arbeitnehmer der DB AG (JazTV) vereinbarungsgemäß Anwendung findet. Nach § 2 Abs. 1 JazTV beträgt die tarifvertragliche regelmäßige Jahresarbeitszeit des Vollzeitarbeitnehmers ausschließlich der Pausen 1.984 Stunden im Kalenderjahr, was einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden in einem Abrechnungszeitraum von 52,2 Wochen im Jahr entspricht.
§ 3 JazTV lautet u.a.:
(1.) Überzeitarbeit ist die Arbeit, die vom Arbeitnehmer auf Anordnung über die jeweils geltende regelmäßige tarifvertragliche Jahresarbeitszeit (§ 2) … hinaus geleistet wird. …
(2) Wünscht der Arbeitnehmer statt der Überzeitzulage (§ 17 ZTV) eine Zeitgutschrift, werden für jede Stunde Überzeitarbeit am Ende des Jahresabrechnungszeitraums 15 Minuten im Freizeitkonto verbucht …
In § 4 JazTV heißt es u.a., für den Arbeitnehmer werde ein Arbeitszeitkonto geführt, dass der Feststellung der tarifvertraglich anzurechnenden Arbeitszeit für die angeordnete und geleistete Arbeit und der arbeitszeitrechtlichen Grundlagen für das Entgelt diene. Dazu würden die jeweils zu erbringende Jahresarbeitszeit (§§ 2 und 7 Abs. 2) und die geleistete bzw. anzurechnende Arbeitszeit fortlaufend saldiert. Eine durch Überzeitarbeit veranlasste Überschreitung des Jahresarbeitszeitsolls werde am Ende des Jahresabrechnungszeitraums vom Arbeitszeitkonto in das Freizeitkonto des Arbeitnehmers übertragen. Freizeitausgleich sei jeweils mit dem tarifvertraglichen Arbeitszeitwert der Arbeit zu verrechnen, die der Arbeitnehmer während der Dauer der Freistellung jeweils planmäßig zu leisten gehabt hätte.
In dem vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger von der Beklagten eine Gutschrift von 40 Stunden Überzeitzulage aus dem Jahre 2000 in sein Freizeitkonto sowie die Feststellung begehrt, dass es sich bei entnommener Freizeit um dem Arbeitszeitkonto gutzuschreibende Arbeitszeit handele. Denn die tarifvertragliche Arbeitszeit von 1.984 Stunden bestehe nicht allein aus geleisteter Arbeit, sondern auch aus Zeiträumen von Nichtarbeit, die anzurechnen seien. Dies gelte z.B. für den anzurechnenden Urlaubsanspruch, den Arbeitsausfall wegen Arbeitsunfähigkeit oder Nichtarbeit an gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Werktag fallen würden. Auch der Freizeitausgleich aus Zeitkonten, der durch Überzeitarbeit aus dem Vorjahr entstehe, sei jeweils mit dem tarifvertraglichen Arbeitszeitwert der Arbeit zu verrechnen, die der Arbeitnehmer während der Dauer der Freistellung planmäßig zu leisten gehabt hätte. Dieser Freistellungsanspruch sei somit nicht anders zu behandeln wie die sonstigen tarifvertraglichen bzw. gesetzlichen Ansprüche auf Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verpflichten, dem Freizeitkonto des Klägers 40 Stunden Überzeitzulage aus dem Jahre 2000 gutzuschreiben,
- festzustellen, dass vom Kläger entnommene Freizeit aus dem Freizeitkonto-Guthaben tarifvertraglich anzurechende Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrages zur Regelung einer Jahresarbeitszeit für die Arbeitnehmer der DB AG (JazTV) vom 01. Januar 1998 ist und entsprechend auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers gutzuschreiben ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, Überzeitarbeit liege nach den tarifvertraglichen Vorschriften nur vor, wenn der Arbeitnehmer im jeweiligen Kalenderjahr mehr als 1.984 Stunden gearbeitet habe. Der Freizeitausgleich aus dem Freizeitguthaben sei keine Arbeitszeit im Sinne des JazTV. Auch wenn die Freizeitnahme ohne vergütungsmäßige Auswirkungen bl...