Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung BAT/BAT-O

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage, wann ein nach § 1 BAT-O im Tarifgebiet Ost begründetes Arbeitsverhältnis seinen „Bezug zum Beitrittsgebiet” verliert, wenn der Arbeitnehmer auf Dauer in das Tarifgebiet West versetzt wird.

2. Zur Frage der Weitergeltung des BAT für Arbeitsverhältnisse, die im Tarifgebiet West begründet worden sind, nach Versetzung des Arbeitnehmers in das Tarifgebiet Ost.

3. Zur Bedeutung einer vertraglichen Bezugnahme auf ein Tarifwerk.

 

Normenkette

BAT § 1; BAT-O § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 29.07.1997; Aktenzeichen 95 Ca 573/97)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. Juli 1997 – 95 Ca 573/97 – teilweise geändert:

I.

  1. Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 529,62 DM brutto (fünfhundertneunundzwanzig 62/100) nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit 4. Februar 1997 zu zahlen.
  2. Es wird festgestellt, daß auf das Arbeitsverhältnis der Parteien seit dem 1. Januar 1996 auch weiterhin die Bestimmungen des BAT (Tarifgebiet West) Anwendung finden und sich die Bezüge nach dem BAT (West) richten.
  3. Es wird weiter festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger ab 1 Februar 1992 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zu versichen, oder den Kläger im Versicherungsfall so zu stellen, als wäre er ab 1. Februar 1992 bei der VBL versichert worden.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits, die bis zum Eintritt in die mündliche Verhandlung in zweiter Instanz am 16. April 1998 angefallen sind (also vor Antragstellung), werden – bei einem Kostenstreitwert von 21.537,08 DM – 29 % dem Kläger, 71 % dem beklagten Land auferlegt.

Die danach angefallenen Kosten des Berufungsverfahrens werden – bei einem Kostenstreitwert von 15.292,51 DM – dem beklagten Land in vollem Umfang auferlegt.

III. Die Revision wird für das beklagte Land zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des beklagten Landes, den Kläger rückwirkend ab Februar 1992 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zu versichern, ferner über die Anwendbarkeit westlichen oder östlichen Tarifrechts (BAT/BAT-O) seit Januar 1996 und über einen aus diesem Streit herrührenden Gehaltsdifferenzanspruch für die Monate Mai bis September 1996.

Der (keiner Gewerkschaft angehörende) Kläger war seit 1972 beim „Sportstättenbetrieb Berlin” beschäftigt, einer dem Magistrat von Berlin (Ost) unterstehenden Einrichtung zur Verwaltung dortiger Sportstätten, die auf das vereinigte Land Berlin überführt und im Dezember 1990 der Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport eingegliedert wurde. Der Kläger war zuletzt als „Abteilungsleiter Information und Dokumentation” in einem in Ostberlin gelegenen Verwaltungsgebäude beschäftigt und wurde von dort mit Wirkung ab 01. Juli 1991 auf einen Arbeitsplatz in der Abteilung IX B versetzt, die räumlich in einem Gebäude in der Kleiststraße in Westberlin untergebracht war. Dabei wurde dem Kläger keine Rückkehr auf einen in Ostberlin gelegenen Arbeitsplatz in Aussicht gestellt. Eine schriftliche Versetzungsmitteilung ging ihm Ende Oktober 1991 zu (Kopie Bl. 10 d. A.). Zu diesem Zeitpunkt gab es in der zuständigen Senatsverwaltung Überlegungen über eine vorübergehende Unterbringung einiger Abteilungen in Bürogebäuden in Ostberlin. Tatsächlich wurde danach entschieden, auch die Abteilung des Klägers im Osten unterzubringen, was durch einen Umzug per 01. Januar 1992 vollzogen wurde; seither befindet sich der Arbeitsplatz des Klägers in Ostberlin.

Zuvor, am 20. Dezember 1991, hatten die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen, nach dem der Kläger als Angestellter weiterbeschäftigt, sein Arbeitsverhältnis dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen unterstellt und der Kläger vorläufig in Vergütungsgruppe IV a der Anlage 1 a eingruppiert wurde; auf den Wortlaut wird Bezug genommen (Kopie Bl. 11 f. d. A.). Nach Bekanntwerden der „Posturteile” des 6. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 30.07.1992 (u.a.: AP Nr. 1 zu § 1 TV Ang BP) erhob der Kläger gegen das Land unter dem 14. Dezember 1992 Klage (Kopie Bl. 21 bis 24 d. A.) vor dem Arbeitsgericht Berlin auf Zahlung der Differenz zu einem Gehalt nach BAT (West) für die Zeit April bis November 1992 sowie auf

Feststellung, daß auf das Arbeitsverhältnis … seit dem dem 01.02.1992 der… BAT (Tarifgebiet West) Anwendung findet.

Unter dem 05. Januar 1993 teilte die zuständige Senatsverwaltung dem Kläger mit (Kopie Bl. 13 ff. d. A.), in Auswertung der Posturteile des BAG gehe man davon aus, daß bei einer „dauerhaften bzw. auf nicht absehbare Zeit bestehenden Beschäftigung im Westteil Berlins” das Arbeitsverhältnis westlichem Tarifrecht unterfalle; da der Kläger vor dem Umzug in den Ostteil Berlins am 01.01.1992 seinen Stammarbeitsplatz im Westteil gehabt habe, stehe ihm ab 01.02.1992 die volle Vergütung (100 %) zu, seine Arbeitszeit betrage 38,5 Stunden, auch werde e...

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