Entscheidungsstichwort (Thema)
Passivlegitimation
Leitsatz (amtlich)
Auch noch in der Berufungsinstanz kann das Fehlen der Passivlegitimation in Abrede gestellt werden.
Normenkette
ZPO §§ 263-264, 267, 288
Tatbestand
Die 1949 geborene Klägerin war seit dem 19. August 1971 bei der … im … als Projekt-Planungsingenieurin tätig.
Am 31. August 1993 (Bl. 57 d.A.) beantragte die Klägerin, mit der … einen Aufhebungsvertrag abzuschließen. In ihrem Antrag heißt es:
„Zur Inanspruchnahme der übertariflichen Regelung zur Gewährung einer Abfindung für Eisenbahner, die freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis mit der … ausscheiden, stelle ich den Antrag zur Aufhebung meines Arbeitsverhältnisses zum 31.08.1993.
gez. …”
Am 31. August 1993 kam es zum Abschluß eines schriftlichen Aufhebungsvertrages, in dem es u.a. heißt:
„Die Auflösung des Arbeitsvertrages erfolgt im Sinne des „Tarif Vertrages zur sozialen Absicherung” vom 06.07.1992, wie er für den öffentlichen Dienst gilt, weil eine Verwendung wegen mangelnden Bedarfs nicht mehr möglich ist.
Durch diesen Aufhebungsvertrag ist eine ansonsten notwendige Kündigung seitens der … vermieden worden.”
Am 3. September 1993 unterzeichnete die Klägerin mit Wirkung vom 1. September 1993 mit der Stadt …, Stadtverwaltung, einen Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit als vollzeitbeschäftigte Angestellte. Dieses Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem BAT-O gemäß § 2 des Arbeitsvertrages vom 3. September 1993. Die Zustimmung des Personalrats der Stadt … zur Einstellung der Klägerin bei der Stadt … lag bereits am 31. August 1993 gegen 14.30 Uhr vor.
Mit Mahnbescheid vom 18. Januar 1994 hat die Klägerin die … auf Zahlung einer Abfindung gemäß der übertariflichen Regelung vom 20. Juli 1993 zur Gewährung einer Abfindung für Eisenbahner, die freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis mit der … ausscheiden, in Anspruch genommen und zuletzt die Zahlung von 19.212,30 DM verlangt. Gegen den der … am 26. Januar 1994 zugestellten Mahnbescheid hat die Beklagte mit Schreiben vom 2. Februar 1994 Widerspruch erhoben. Im Einverständnis mit den Parteien ist das Passivrubrum am 12. Oktober 1994 wie folgt gefaßt worden:
„…, vertr.d.d. Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden …, dieser vertreten durch …”
Die Klägerin hat die streitbefangene Abfindung aufgrund der übertariflichen Regelung verlangt und die Auffassung vertreten, daß die Ausnahmevoraussetzungen nicht vorlägen, da eine direkte Übernahme zwischen der … einerseits und der Stadt … andererseits nicht stattgefunden habe. Sie selbst habe sich um eine anderweitige Beschäftigung bemüht. Die Abfindung solle allein deshalb gezahlt werden, um einen Ausgleich für den Verlust des sozialen Besitzstandes zu schaffen, zumal nicht alle bisherigen Dienstzeiten von ihrem neuen Arbeitgeber anerkannt worden seien.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 19.212,30 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß die Ausnahmevoraussetzungen der übertariflichen Regelung vorlägen, so daß die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, §§ 313 Abs. 2, 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
Durch am 6. Februar 1995 verkündetes Urteil hat die Kammer 93 des Arbeitsgerichts Berlin der Klage stattgegeben und den Wert des Streitgegenstandes auf 19.212,30 DM festgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der genannten Entscheidung verwiesen.
Gegen das der Beklagten am 3. März 1995 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin am 31. März 1995 eingegangene Berufung der Beklagten, die sie mit weiterem beim Rechtsmittelgericht am 29. April 1995 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Sie nacht zunächst geltend, im vorliegenden Rechtsstreit nicht passiv legitimiert zu sein. Da die beiderseitigen arbeitsvertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin einerseits und der … andererseits am 31. August 1993 rechtswirksam beendet worden seien, sie, die Beklagte, aber erst am 1. Januar 1994 gegründet worden und am 5. Januar 1994 in das Handelsregister beim … eingetragen worden sei, fehle es an der Identität der Vertragsparteien. Eine Gesamtrechtsnachfolge der … auf sie, die Beklagte, habe nicht stattgefunden.
Ungeachtet dessen, so meint die Beklagte, wäre das Leistungsbegehren auch unbegründet. Nach Ziff. 5 Buchst. a der streitbefangenen übertariflichen Regelung sei ein Anspruch ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer im Einvernehmen mit der … ausscheide, weil er von einem anderen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber übernommen worden sei. Das Erstgericht habe den Begriff der „Übernahme” rechtlich unzutreffend ausgelegt. Maßgeblich komme es allein auf den Übertritt an. Die Tarifvertragsparteien hätten den Abfindungsanspruch dann nicht entstehen lassen wollen, wenn ein Arbeitnehmer unmittelbar an den Anschluß des Arbei...