Entscheidungsstichwort (Thema)
Reisekostenpauschale
Leitsatz (amtlich)
kein einseitiger Wechsel vom System der pauschalen Erstattung von Reisekosten zur Einzelreisekostenabrechnung
Normenkette
MTV für das private Versicherungsgewerbe § 20 Ziff. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 10.12.2004; Aktenzeichen 28 Ca 26258/04) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Dezember 2004 – 28 Ca 26258/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 08./15. Januar 1998 (Bl. 6 d. A.), in der Fassung des Nachtrags Nr. 29 (Bl. 13 d. A.) seit dem 01. Januar 1998 zuletzt als leitender Oberinspektor beschäftigten Kläger die Reisekosten weiterhin als Pauschale zu erstatten und ihm für die Monate Juli bis Oktober 2004 als Reisekostenpauschale 3.477,27 EUR brutto zu zahlen.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe Anwendung, dessen
§ 20 Fahrtauslagen und Spesen
wie folgt lautet:
- Notwendige tatsächliche Fahrtauslagen werden dem Arbeitnehmer gemäß vorheriger schriftlicher Vereinbarung ersetzt. Pauschale Abgeltung kann vereinbart werden.
- Spesen werden je nach Art der Tätigkeit und der Arbeitsgebiete auf Grund von Erfahrungsgrundsätzen berechnet und in freier Vereinbarung schriftlich festgelegt.
In dem Anstellungsvertrag vom 08. Januar 1998 (Bl. 6 d. A.) vereinbarten die Parteien unter Ziffer 5 Reisekosten: „Einzelreisekostenabrechnung nach den Richtlinien der Gesellschaft”.
Nachdem der Kläger im Jahr 2002 das Vertriebsgebiet gewechselt hatte, vereinbarten die Parteien im Nachtrag Nr. 23 zum Vertrag vom 08. Januar 1998 (Bl. 7 d. A.):
5. |
Reisekostenpauschale |
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monatlich |
EUR: |
1.005,00 |
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befristet bis |
: |
31.12.2002 |
Ergebnis einer Nachverhandlung der Parteien war die Festlegung der Reisekostenpauschale in Höhe von 1.125,00 EUR ab 01. Februar 2002 im Nachtrag Nr. 24 (Bl. 8 d. A.), im Nachtrag Nr. 26 (Bl. 12 d. A.) vereinbarten die Parteien eine Befristung der Reisekostenpauschale in unveränderter Höhe bis 31. Dezember 2003. Den Nachtrag Nr. 29 vom 27.Januar 2004 (Bl. 13 d. A.), in dem die Beklagte eine Befristung der Reisekostenpauschale in unveränderter Höhe bis zum 30. Juni 2004 anbot, unterzeichnete der Kläger mit dem Zusatz: „Befristung unter Punkt 5 erkenne ich nicht an”.
Ab 30. Juni 2004 stellte die Beklagte die Zahlung der Reisekostenpauschale ein und bot dem Kläger eine Erstattung der nachgewiesenen Aufwendungen auf der Grundlage ihrer „Reiserichtlinie für Außendienstangestellte” (Bl. 47 bis 52 d. A.) an.
Von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils abgesehen (§ 69 Abs. 3 ArbGG).
Auf die am 25. Oktober 2004 erhobene Klage hat das Arbeitsgericht durch das Urteil vom 10. Dezember 2004 antragsgemäß wie folgt erkannt:
I.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
- 2.403,41 EUR (zweitausendvierhundertdrei 41/100) brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03. November 2004 und
- 1.073,86 EUR (eintausenddreiundsiebzig 86/100) brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. November 2004 zu zahlen.
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Reisekosten als Pauschale zu erstatten, solange arbeitsvertraglich nichts anderes vereinbart ist.
III.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.917,27 EUR festgesetzt;
und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei bis auf Weiteres an die im Februar 2002 vereinbarte monatliche Reisekostenpauschale nach Grund und Höhe gebunden. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 110 bis 119 d. A.) verwiesen.
Gegen das der Beklagten am 27. Dezember 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 20. Januar 2002 bei dem Landesarbeitsgericht Berlin eingegangene Berufung, die die Beklagte nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28. März 2005 mit einem am 29. März 2005 (Dienstag nach Ostern) eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte und Berufungsklägerin hält die Klage für unzulässig, weil sie, so trägt die Beklagte vor, das Bestehen eines Anspruchs auf Aufwendungsersatz für Reisekosten nicht bestreite. Der Kläger könne sein Interesse mindestens zum Teil dadurch befriedigen, dass er den Betrag, der ihm nach der Reisekostenrichtlinie auf der Basis des Einzelreisekostenabrechnungssystems zustehe, geltend mache. Eine zulässige Zahlungsklage könne allenfalls auf einen etwaigen Differenzbetrag, der nach ihren Berechnungen nicht anfallen werde, gerichtet sein. Soweit der Kläger mit der Feststellungsklage den Eindruck zu erwecken versuche, bei der Erstattung im Wege der P...