Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 29.11.1995; Aktenzeichen 5 Ca 31566/95) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 29. November 1995 verkündete Schluß-Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 5 Ca 22686/95 und WK: 5 Ca 31566/95 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Klägerin ist seit etwa Mitte 1991 als Rechtsanwalts- und Notargehilfin bei dem Beklagten beschäftigt. In der Zeit vom 4. November 1994 bis 13. Januar 1995 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Für die Zeit vom 14. Januar 1995 bis zum 11. April 1995, dem Tag vor dem Beginn der 6. Woche vor dem voraussichtlichen Termin der Entbindung, war von der behandelnden Ärztin der Klägerin ein Beschäftigungsverbot im Sinne des § 3 Abs. 1 MuSchG ausgesprochen worden.
Die Parteien streiten noch um den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt für die Dauer des Beschäftigungsverbots gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG in rechnerisch unstreitiger Höhe von 7.740,– DM brutto. Auf diese Summe läßt sich die Klägerin den Betrag von 1.775,11 DM netto anrechnen, den der Beklagte als (Netto-)Gehalt für März 1995 unter dem Vorbehalt der Rückforderung an die Klägerin überwiesen hatte. Mit der Widerklage verlangt der Beklagte die Rückzahlung des (Brutto-)Gehalts für März 1995 in Höhe von 2.700,– DM brutto.
Wegen der Einzelheiten des Sachvortrages des Parteien in der ersten Instanz und der dort von ihnen gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Durch am 29. November 1995 verkündetes Schlußurteil hat das Arbeitsgericht Berlin den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 7.740,– DM brutto abzüglich 1.775,10 DM netto verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Schlußurteil ist dem Beklagten am 15. Januar 1996 zugestellt worden. Die Berufung des Beklagten ist am 12. Februar 1996, die Berufungsbegründung ist am 12. März 1996 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.
Wegen des Vorbringens zur Begründung der Berufung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 12. März 1996 nebst Anlagen (Bl. 65–73 d.A. = Bl. 74–82 d.A.) verwiesen.
Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Schlußurteils
die Klage abzuweisen
und die Klägerin zu verurteilen,
an ihn 2.700,– DM brutto zu zahlen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen ihres Vorbringens zur Beantwortung der Berufung wird auf den Schriftsatz vom 18. Mai 1996 (Bl. 89–92 d.A. = Bl. 93–96 d.A.) Bezug genommen.
Aufgrund des Beschlusses vom 6. Juni 1996 ist Beweis erhoben worden durch uneidliche Vernehmung der Ärztin B. M. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 27. Juni 1996 (Bl. 98 und 99 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG) und sie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG. 518 f. ZPO, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG).
In der Sache selbst hat das Rechtsmittel des Beklagten jedoch keinen Erfolg. Der erstinstanzlichen Entscheidung ist zuzustimmen.
Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG zu; denn sie hat in der Zeit vom 14. Januar bis 11. April 1995 allein wegen eines Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 1 MuSchG nicht gearbeitet.
Nach den grundsätzlichen und klärenden Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG Urteil vom 5.7.1995 – 5 AZR 135/94 – AP Nr. 7 zu § 3 MuSchG 1968 = NZA 96, 137) hat der Arzt. wenn er Beschwerden feststellt, die auf der Schwangerschaft beruhen, zu prüfen und aus ärztlicher Sicht zu entscheiden, ob die schwangere Frau wegen eingetretener Komplikationen arbeitsunfähig krank ist oder ob, ohne daß eine Krankheit vorliegt, zum Schütz des Lebens oder der Gesundheit von Mutter und Kind ein Beschäftigungsverbot geboten ist.
Das Beschäftigungsverbot für die Klägerin ist zu Recht ausgesprochen worden. Bei der Klägerin lag eine Risikoschwangerschaft vor, die keinen Krankheitswert im Sinne von Arbeitsunfähigkeit hatte. Das steht nach dem Ergebnis der vor der erkennenden Kammer durchgeführten Beweisaufnahme fest.
Die behandelnde Ärztin der Klägerin Frau M. hat als Zeugin unter anderem bekundet: In der frühen Schwangerschaft, etwa bis zur 18. oder 20. Woche, seien bei der Klägerin Blutungen aufgetreten. Danach sei die Klägerin vier Wochen hindurch blutungsfrei gewesen. Ein tiefer Sitz der Plazenta, wie er bei der Klägerin festgestellt worden sei, habe bei der Klägerin die Ursache der Blutungen sein können. Er führe in etwa 60 % der Fälle nicht zu Komplikationen, so daß allein aufgrund der Diagnose nicht von Krankheitswert gesprochen werden könne. Wegen der Möglichkeit des Eintretens von Komplikationen habe sie, die Zeugin, das Beschäftigungsverbot ausgesprochen, nachdem ihr die Klägerin einige Umstän...