Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsentgelt für Zeiten von Betriebsratstätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Einem Pharmaberater steht für die durch Betriebsratstätigkeit ausgefallenen Arbeitstage zur Vermeidung einer Verdienstminderung eine entsprechend erhöhte Jahresprämie zu. Bei deren Bemessung ist allerdings zu berücksichtigen, daß das Umsatzergebnis auch durch zahlreiche andere Marketingaktivitäten des Arbeitgebers begünstigt worden ist.

 

Normenkette

BetrVG § 37 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 26.01.1996; Aktenzeichen 26 Ca 17788/95)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. Januar 1996 – 26 Ca 17788/95 – im Kostenausspruch und insoweit geändert, wie die Klage über einen Betrag von 3.240,00 DM brutto hinaus abgewiesen worden ist, und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.710,00 DM brutto (eintausendsiebenhundertzehn) nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit dem 22.06.1995 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 65,45 % und die Beklagte zu 34,55 % zu tragen.

 

Tatbestand

Der Kläger, der für die Beklagte als Pharmaberater tätig ist, begehrt im Hinblick auf 34 Tage Betriebsratstätigkeit in 1994 Zahlung eines weiteren Bonus, den er sich aus entsprechend reduzierten Umsatzvorgaben für dieses Jahr anhand des Bonus-Systems der Beklagten mit 4.950,– DM errechnet.

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe mit seiner Behauptung, zu den erfolgreichsten Mitarbeitern der Beklagten im Außendienst zu gehören, seiner Darlegungslast für einen Anspruch gemäß § 611 BGB i.V.m. § 37 Abs. 4 BetrVG nicht genügt. Auch habe der Kläger keine konkrete Benachteiligung i.S.d. § 78 Satz 2 BetrVG dargelegt; da der erzielte Umsatz in dem vom Kläger betreuten Gebiet von verschiedenen Faktoren und nicht allein von seiner Tätigkeit abhängig sei, bestehe der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Betriebsratstätigkeit und höherem – offenbar gemeint: niedrigerem – Bonus nicht.

Gegen dieses ihm am 22. Februar 1996 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. März 1996 eingelegte und am 6. Mai 1996 nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist begründete Berufung des Klägers. Er vertieft sein Vorbringen zu seiner Vergleichbarkeit mit drei von ihm benannten Kollegen und hält allein die Betrachtung der Entwicklung für entscheidend, die er betriebsüblich ohne seine Tätigkeit als Betriebsrat genommen hätte. Es gehe ihm nicht darum, ein erhöhtes Arbeitsentgelt aufgrund einer entgangenen Beförderung geltend zu machen, sondern allein darum, die durch die Betriebsratstätigkeit ausgefallene Arbeitszeit und die damit verbundene Möglichkeit, eine erhöhte Bonusvergütung zu erzielen, auszugleichen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Änderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 4.950,– DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und betont, daß es bei der Tätigkeit eines Pharmareferenten an der Proportionalität zwischen Arbeitszeit und Produktabsatz fehle, daß diese Tätigkeit vielmehr lediglich eine von vielen Marketing-Aktivitäten sei. So sichere sie durch Directmailing, Beratungs- und Informationsveranstaltungen, konkrete Kundenberatung, Telefonmarketing, Literaturservicedienst und ähnliche Aktivitäten etwa 65 % bis 75 % sämtlicher ca. 340000 Einzelkontakte im Jahr. Auch mache der Umstand, daß die als Bonus gezahlten Prämien ganz überwiegend deutlich unter 10 % des Gesamteinkommens der Pharmareferenten und lediglich in Einzelfällen darüber lägen, erkennbar, daß diese Prämien anders als üblicherweise bei Außendienstmitarbeitern nur untergeordnete Bedeutung zukomme.

Selbst wenn man die vom Kläger benannten Mitarbeiter trotz der Unterschiede in ihren Tätigkeitsgebieten für vergleichbar hielte, so ergäbe sich doch aus einem Leistungsvergleich, daß diese nicht auf einem Niveau mit dem Kläger stünden, da seine Prämie in 1993 deutlich unter den Prämien dieser Mitarbeiter gelegen habe.

 

Entscheidungsgründe

1. Die gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG fristgemäß begründete und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist lediglich teilweise sachlich begründet.

1.1 Der Kläger hat einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Zahlung eines restlichen Bonus i.H.v. 1.710,– DM brutto für 34 durch Betriebsratstätigkeit ausgefallene Arbeitstage.

Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind die Mitglieder des Betriebsrates von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgeltes zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Da die Erforderlichkeit der vom Kläger entfalteten Betriebstätigkeit außer Streit stand, kam es allein darauf an, welche Minderung seines Arbeitsentgelts ohne die Pflicht der Beklagten zur Entgel...

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